Die heilige Thais, - Sünderin und Büßerin
Der Festtag, Gedenktag, Verehrungstag ist der 7. Oktober
* unbekannt † um ?
Wie huldvoll der all barmherzige Vater im Himmel die tief gefallenen, aber in Reue und Schmerz wieder auferstandenen Sünder aufnimmt und selbst seiner Herrlichkeit teilhaftig macht, magst du sehen aus der Leidensgeschichte der Sünderin und Büßerin Thais, einer anderen Heiligen Magdalena.
Ihre Eltern lebten in der Mitte des vierten Jahrhunderts in Ägypten.
Ihr Vater, ein gottesfürchtiger Mann, starb leider zu früh, und gerade zu der Zeit, wo Thais zu einer blühenen Jungfrau herangewachsen war.
Ihre Mutter war zudem sehr vergnügungssüchtig, und statt ihrer Tochter vor jeder Gefahr der Verführung zu bewahren, führte sie dieselbe selbst an öffentliche Vergnügungsorte, wo die schöne Thais bald die Blicke leichtfertiger Männer auf sich zog. —
Sie war noch unerfahren, fand Gefallen an den Schmeicheleien, die man ihr in`s Gesicht sagte, wurde hoffertig und "Hoffart kommt vor dem Fall," sagt das Sprichwort, — nicht lange dauerte es, so war ihre Schamhaftigkeit, die Hüterin der Unschuld, dahin.
Sie fiel in die Schlingen des Verführers, ergab sich schändlicher Lust, und nachdem ihre Mutter starb, wurde sie eine öffentliche Buhldirne.
Sie hatte bald alle Künste der Verführung sich angelernt, und wußte durch ihre Schönheit und ihr einschmeichelndes Wesen die angesehensten und reichsten Jünglinge in ihr Garn zu locken, die mit ihr große Summen Geldes vergeudeten und aus Eifersucht ihre Nebenbuhler ermordeten.
Entsetzlich war das Unheil, welches das verdorbene lasterhafte Weib unter der Jugend anrichtete, und das Grücht hiervon verbreitete sich sogar bis in die Wüste der Thebais, wo hunderte von frommen Einsiedlern Gott dem Herrn in strengster Buße dienten.
Auch zu den Ohren des heiligen Einsiedlers Paphnutius kam die traurige Nachricht von dem Verderben, welches die gottvergessene Buhlerin in der Stadt anrichtete.
Da ergriff dieser Schmerz den Heiligen ob des großen Ärgernisses.
Er flehte inbrünstig zu Gott um Hilfe, und da kam ihm der Gedanke, selbst in die Stadt zu gehen, um dem Treiben der Buhlerin Einhalt zu tun.
Seine gewöhnliche Kleidung legte er ab und zog dafür eine andere an, die ihn ganz unkenntlich machte.
So machte er sich in Gottes Namen auf den Weg zur Stadt.
Als er in der Behausung der Buhlerin Thais angekommen war, verlangte er mit ihr zu sprechen.
Er wurde in ihr Zimmer geführt.
Thais in der Meinung, sie hätte einen alten Wollüstling vor sich, bot ihm einen Sitz an; Paphnutius aber äußerte, daß er mit ihr in einem ganz abgelegenen Zimmer allein sein wolle, damit sie von Niemanden gesehen werden könnten.
Darauf aber erwiderte spottend die schamlose Buhlerin:
"Wohl habe ich noch ein geheimes Zimmer, wo uns kein Menschenauge zu sehen vermag, allein auch in diesem Zimmer sind wir vor den Blicken der Menschen gesichert, vor den Augen Gottes sind wir an keinem Orte sicher."
"Wie," sprach verwundert Paphnutius, "du weißt daß es einen Gott gibt?" "Ja wohl," antwortete Thais, "weiß ich es, und ich weiß auch, daß es einen Ort der Seligkeit für die Guten, und einen Ort der ewigen Pein für die Gottlosen gibt!" — "Wie nun," entgegnete Paphnutius, "kannst du an diese großen Wahrheiten glauben, und doch vor seinem Angesichte sündigen, vor ihm, der dich einst richten wird?"
Diese Worte, mit tiefem, heiligen Ernst gesprochen, trafen wie ein Blitzstrahl dass Herz der Sünderin; sie erkannte, daß der, so zu ihr sprach, ein Diener Gottes und gekommen sei, um sie vom Verderben zu retten.
Plötzlich gingen ihr die Augen auf, sie sah die Menge und Größe ihrer Schandtaten, und durchdrungen von Furcht, Reue und Abscheu wirft sie sich vor die Füße des Heiligen und ruft aus:
"Ich weiß auch, daß es eine Buße gibt, und will sie auf mich nehmen.
Durch deine Fürbitte hoffe ich vom Herrn Barmherzigkeit zu erlangen.
Lege mir auf, was du willst, nur gestatte mir drei Stunden, um meine Geschäfte in Ordnung zu bringen, dann werde ich gehen, wohin, und tun, was du willst.
Paphnutius gewährte ihr die Frist, bedeutete ihr, wo sie ihn finden werde, und ging dann wieder in seine Zelle zurück.
Nun raffte Thais alle ihre Hausgeräte, ihre kostbaren Steine und Alles, was die als Sünden-Lohn gewonnen hatte, zusammen, und ließ es auf einen öffentlichen Platz zusammen tragen.
Dann lud sie alle ihre Sündengenossen ein, ihr in der Buße nachzufolgen und zündete vor ihren Augen den Haufen an.
Sie wollte damit ihr gegebenes Ärgernis gut machen, und zeigen, wie sie alles Ernstes sich von der Sünde und ihrem elenden Lohne losmache.
Nachdem Alles zu Asche verbrannt war, ging sie hinaus in die Wüste zu Paphnutius Zelle, welcher sie in ein Jungfrauenkloster führte und dort in eine enge Zelle einschloß, mit dem Auftrage, die Türe, welche er mit einem bleiernen Siegel verschloß, ohne seinen Willen nicht mehr zu öffnen.
Brot und Wasser sollte ihr täglich einmal durch ein kleines Fensterlein gereicht werden. —
Die Büßerin ergab sich willig in diese Anordnungen des Heiligen, der ihr besonders an`s Herz legte, wie sie beständig ihre Sünden beweinen, und Gottes Barmherzigkeit anrufen möge.
Bevor er Abschied nahm, fragte sie ihn, wie und was sie zu Gott beten sollte.
Darauf gab ihr der Heilige zur Antwort:
Du bist nicht würdig, den heiligen Namen Gottes auszusprechen, weil deine Lippen Missetaten befleckten; auch bist du nicht würdig, dein Hände zum Himmel auszustrecken, weil sie voll Unlauterkeit sind.
Begnüge dich also damit, daß du auf die Erde hingeworfen und gegen Aufgang der Sonne gewendet diese Worte immer zu sprechen hast:
"Du, der du mich erschaffen hast, erbarme dich meiner."
Dieses Gebet nun verrichtete Thais beständig unter Schluchzen und Tränen.
Immer mehr lernte sie die Schändlichkeitz ihres bisherigen gottvergessenen Lebens kennen, und immer größer wurde ihre Demut, immer tiefer ihre Reue. —
Doch so sehr sie auch von Furcht und Abscheu über ihre Sünden ergriffen war, verließ sie doch nicht das Vertrauen auf Gottes unendliche Erbarmung, der auch den größten Sünder wieder auf nimmt, wenn er in Reue sich zu ihm wendet.
Nach drei Jahren reiste Paphnutius, der sorgfältig sich Kunde von dem Verhalten der Büßerin verschafft, und von ihrer Treue und Standhaftigkeit gehört hatte, zum heiligen Antonius dem Großen, der damals in der Wüste lebte, um bei ihm anzufragen, ob Thais noch nicht genug Buße getan, um wieder versöhnt und zum Genusse des heiligen Abendmahles gelassen werden könne. —
Der heilige Erzvater rief alle Brüder zusammen und forderte sie auf, die folgende Nacht im Gebete zuzubringen, ob es nicht etwa Gott gefalle, einem unter ihnen seinen Willen kund zu geben.
Solches geschah auch und er äteste der Schüler des heiligen Antonius, Paulus mit Namen, den man nur wegen seines kíndlichen Gemütes den Einfältigen nannte, hatte darauf ein Gesicht, in welchem ihm ein herrlicher Thron im Himmel, für die Büßerin Thais bestimmt, gezeigt wurde.
Der heilige Paphnutius eilte nun voll Freude in das Frauenkloster, wo Thais sich befand, erbrach das angelegte noch unversehrte Siegel, und zeigte ihr an, daß die zeit Buße vorüber sei.
Nachdem sie mit heißester Inbrunst die Vergebung ihrer Sünden erlangt und den Leib des Herrn im heiligsten Sakramente empfangen hatte, begehrte sie als Gnade, daß man sie in ihrer engen Zelle lasse, weil sie nicht würdig sei, in der Gesellschaft keuscher Jungfrauen zu leben.
Doch der heilige Einsiedler gab es nicht zu, und führte sie in die Gesellschaft der Jungfrauen; sie aber lebte nur mehr 14 Tage.
Im Abendlande verehrt man ihr Andenken an verschiedenen Tagen.
Sie wird abgebildet in Matronen Tracht knieend in einer Zelle.
Quelle: Legende von den lieben Heiligen Gottes, nach den besten Quellen neu bearbeitet und herausgegeben von Georg Ott, Stadtpfarrer in Abendsberg (1863)
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