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Leben der Väter und Märtyrer
ursprünglich in englischer Sprache verfaßt von Alban Butler

für Deutschland bearbeitet von Dr. Räß und Dr Weis




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Der heilige Thomas von Aquin, Kirchenlehrer
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Der heilige Thomas von Aquin, - Kirchenlehrer

  • Festtag, Gedenktag ist der 7. März
  • * in Roccasecca (Italien)
  • † am 7. März im Jahre 1247 im Kloster Fossanuova bei Terracina
  • Heiligsprechung: 1323

Eines der glänzendsten Lichter, die in der katholischen Kirche durch ihr Wort und Beispiel geleuchtet und noch immer leuchten, ist der heilige Thomas von Aquin. Auf der Lehrkanzel hat er Tausenden von Schülern die heil. Lehre der katholischen Kirche auf das Bündigste erklärt und sie zur immer tieferen Erforschung der Wahrheit begeistert; in seinen zahlreichen Schriften hat er einen großen Schatz von heiliger Wissenschaft hinterlassen, aus welchem die Gottesgelehrten unserer Zeit noch immer reichlich schöpfen, weßwegen ihn auch die katholische Kirche unter die Zahl der heiligen Kirchenlehrer aufgenommen hat. Aber mehr noch als durch seine Gelehrsamkeit leuchtet er durch sein heiliges Beispiel und hiervon soll nun das Erbaulichste erzählt werden.

Thomas war der Sohn des Grafen Landulf von Aquino, im Königreiche Neapel, seine Mutter hieß Theodora. Schon in seinen Kinderjahren merkte man, daß ihn Gott zu etwas Großem bestimmt habe, denn er hatte nichts von den Fehlern der Kinder an sich. Er war still und dabei doch immer heiteren Angesichts; er war recht sanft und sittsam und wie ein Engel in Unschuld- Als Theodora sich eines Tages in das Bad begab, ließ sie den kleinen Thomas durch die Amme nachtragen. Da bemerkte sie in der Hand des Kindes ein Blättchen Papier, ohne daß sie begreifen konnte, wie es an diesem Orte in seine Hände gekommen wäre. Sie versuchte die Hand des Knaben zu öffnen; allein dieser weinte und ließ es nicht geschehen. Man mußte ihn im Besitze des Papieres lassen und ihn nach Hause tragen. Der Widerstand des Knaben hatte die Neugierde der Mutter gereizt, sie öffnet ihm jetzt die Hand ungeachtet seines Schreiens und Jammerns: entfaltet das Papier und findet darauf geschrieben — den schönen Gruß: „Ave Maria.” So zeigte der heilige Thomas von Aquin schon als ein unmündiges Kind, daß er ein Liebling der Mutter der ewigen Weisheit sein werde. Mit 5 Jahren übergab ihn sein Vater der Erziehung und Bildung von frommen Benediktiner auf dem Berge Kassino, die ihn in der Religion und den notwendigen Kenntnissen unterrichten mußten. Bald brachte er es darin soweit, daß er, erst 10 Jahre alt, auf die Hochschule gesendet werden sollte. Bevor er aber dahin abging, nahmen ihn seine Eltern auf ihr Schloß. Hier verwandte er all seine zeit auf Studium und Gebet und seine größte Freude war, den Armen zu helfen. Er selbst entzog sich seine Nahrung, um den Hunger der Armen zu stillen, und als sein Vater dies merkte, erlaubte er ihm, nach wohlgefallen Almosen zu geben, und das geschah dann so reichlich, daß der Hausmeister öfters in der Speisekammer nichts mehr fand, um es auf den herrschaftlichen Tisch zu bringen. Daher klagte denn Hausmeister bei dem Grafen Landulf über die vermeintliche Verschwendung seines Sohnes. Der Vater sah sich gezwungen, Thomas hierüber aufmerksam zu machen. Allein die Barmherzigkeit des frommen Knaben ließ nicht nach, die Speisekammer heimzusuchen, und was er dort fand, den hungrigen Armen mitzuteilen. Eines Tages, als sich Thomas durch die Gänge des Schlosses schlich, unter seinem Mantel Lebensmittel tragend, trat ihm sein Vater in den Weg und befahl ihm, zu zeigen, was er so sorgfältig verbarg. Bestürzt läßt Thomas den Mantel auseinanderfallen und siehe, — zum Erstaunen des Grafen fallen schöne Blumen zu seinen Füßen. Bei diesem Anblicke umarmte voll Freude der glückliche Vater seinen guten Sohn, und erlaubte ihm, fortan, nach den Regungen seiner Liebe, soviel Almosen zu geben, als er wolle. Nach einiger Zeit zog Thomas, nach dem Willen seines Vaters auf die hohe Schule zu Neapel, wo damals eine große Menge lernbegieriger, aber auch unsittlicher Jünglinge die Wissenschaften erlernten. Der noch ganz unschuldige Thomas sah bald die Gefahr, die seiner Unschuld drohte, und er vermied daher alle bösen Gesellschaften. Am liebsten weilte er in der Kirche vor dem heiligsten Sakramente, oder er schloß sich in sein Zimmer ein, um zu studieren. Auch die Armen vergaß er nicht; er versagte sich oft das Notwendigste, um die lieben Armen heimlich unterstützen zu können. — An dem heiligen Thomas zeigt sich da die Wahrheit, daß reine Herzen auch recht mitleidig und gütig sind gegen alle Notleidende, unkeusche aber hart und grausam. Frage dich, christliche Seele, wie es mit dir steht? — — Um diese Zeit, da der heilige Thomas auf der Schulbank daß und eifrig studierte, blühte am herrlichsten der Orden des heiligen Dominikus. Ein frommer, geistvoller Mann dieses Ordens wurde mit Thomas bekannt, gewann den Jüngling lieb und flößte ihm in öftern Unterredungen eine solche Liebe Gottes und Verachtung alles Irdischen ein, daß dieser den Entschluß faßte, in den Orden des heiligen Dominikus zu treten. Kaum hatte sein Vater davon gehört, als er Versprechungen und Drohungen anwandte, um seinen Sohn von seinem Vorhaben abzuhalten; allein dieser gedachte des Wortes Jesu: „Wer Vater und Mutter mehr liebt als mich, ist meiner nicht wert,” folgte dem Rufe Gottes und legte bei den Dominikanern in einem Alter von 17 Jahren das Ordenskleid an.

Thomas sah, voraus, daß seine Eltern Alles, selbst Gewalt anwenden werden, um ihn dem Kloster zu entreißen, und er bat daher den Obern, ihn in eine andere Stadt zu senden. Er wurde nach Rom geschickt und da er auch da nicht sicher war, ließ man ihn nach Paris reisen. Auf dem Wege dahin wurde er von seinen beiden Brüdern, die von seiner Reise hörten und ihm auflauerten, gefangen genommen und auf ein abgelegenen Bergschloß geführt, das seinen Eltern gehörte. Seine Mutter freute sich, ihn zu sehen, und suchte ihn durch eindringliche Worte und Bitten, wie sie nur ein Mutterherz eingeben konnte, ihn zu bewegen, das Ordenskleid abzulegen; allein Thomas blieb standhaft, der Wille Gottes galt ihm über Alles. Jetzt wurde seine Mutter zornig und ließ ihn in ein Zimmer sperren. Nur seine zwei Schwestern durften ihn besuchen. Auch diese wandten alle Mittel an, um ihn den Wünschen der Eltern willfährig zu machen, aber was geschah? Thomas schilderte ihnen so lebhaft die vergänglichkeit alles Irdischen, den Trug und Schein aller irdischen Größe und Lust, dagegen die Wonne eines gottseligen Lebens und die Freuden des Himmels, daß seine Schwestern ganz seine Gesinnung annahmen was ihn unendlich freute und tröstete.

Aber bald kam eine neuer, harter Sturm über ihn. Seine beiden Brüder, die Offiziere bei der Armee des Kaisers waren, kamen auf`s Schloß, sahen die Trauer ihrer Mutter und hörten, daß ihr Bruder Thomas fest auf seinem Entschluß beharre, der Welt zu entsagen. Nun versuchten auch sie, ihn auf andere Gesinnung zu bringen. Sie warfen ihn gefangen in einen Schloßturm, überhäuften ihn mit Schmähungen, schlugen ihn und zerrissen seine Ordenskleid. Mehrere Tage dauerten diese Mißhandlungen, aber Thomas blieb ruhig und standhaft. Da gab ihnen der Satan ein abscheuliches Mittel ein, um mit einem Schlage ihren Bruder zu verderben. Sie führeten nämlich ein schöne Buhldirne in seine Kammer und versprachen ihr einen großen Lohn, wenn sie ihn verführen würde. Das schamlose Weib bot Alles auf, den unschuldigen Jünglingin ihr Garn zu locken, allein Thomas sah sie gar nicht an, flehte zu Gott um Hilfe und vom heiligen Zorn ergriffen, eilte er zum Ofen hin, riß einen glühenden Brand heraus und jagte damit die schändliche Buhlerin aus seiner Kammer. Mit Gottes Hilfe hatte er die Versuchung überwunden; voll Dank für diese Hilfe fiel er auf seine Knie nieder und flehte mit Inbrunst des Herzens um die Gnade, niemals sich gegen die schöne Tugend der Reinigkeit zu versündigen. Sein Gebet wurde erhört. Ein sanfter Schlaf befiel ihn und während des Schlafes besuchten ihn heilige Engel, die ihm wegen seines Sieges Glück wünschten und seine Lenden mit dem Gürtel der Jungfräulichkeit umgaben, indem sie zu ihm sagten: „Wir kommen zu dir im Auftrage Gottes, dir die Gabe der beständigen Jungfräulichkeit, deren Gnade dir beständig gewährt ist, zu überbringen.” Von dieser Zeit fühlte Thomas keine fleischliche Regung mehr und engelrein blieb er sein ganzes Leben. *)

Zwei Jahre blieb der Heilige auf dem Schloße eingekerkert. Da erhielten der Papst Innozenz IV. und der Kaiser Friedrich II. Nachricht von seiner Mißhandlung und verwendeten sich für ihn bei seiner Mutter und seinen Brüdern. Der Heilige wurde nun milder behandelt, aber seine Brüder wollten ihn nicht freilassen; die Mutter dagegen war geneigt, ihn heimlich entfliehen zu lassen. Als dies die Dominikaner zu Neapel hörten, schickten sie zwei Ordensbrüder verkleidet in das Schloß, welche sich mit den beiden Schwestern über die Flucht ihres Bruders verabredeten. In einer Nacht ließen nun diese ihren Bruder in einem Korb vom Turm herab; die beiden Ordensbrüder standen unten schon bereit, nahmen ihn auf, und eilten mit ihm ihrem Kloster zu. Ein Jahr danach legte er feierlich die Ordensgelübde ab, aber noch fand er keine Ruhe. Seine Mutter und Brüder verklagten ihn beim Papst. Dieser rief sogleich den jungen Ordensmann vor sich, um ihn und seinen Beruf zu prüfen. Thomas bestand die Prüfung auf das Glänzendste und der Papst erlaubte ihm nun im Kloster zu bleiben. Von nun an hatte der Heilige von Seite seiner Familie Ruhe, und der Orden des heil. Dominikus konnte sich nun freuen, den größten Geistesmann seiner Zeit zu seinem Mitgliede zu zählen. Thomas sollte die großen Hoffnungen, welche der Orden auf ihn setzte, rechtfertigen. Schon leuchtete er durch seine vielen Kenntnisse, aber diese sollten über die ganze Kirche Glanz verbreiten. Man schickte ihn daher nach Köln am Rhein, wo damals der berühmte Albert der Grpße vor zahllosen Schülern lehrte, um unter der Leitung dieses großen Meisters den Wissenschaften zu obliegen. Der Ordensgeneral selbst, ein ehrwürdiger Greis, begleitete den zarten Jüngling dahin. Zu Fuß, nur ihr Gebetsbuch, ihre Tunika, ihr Skapulier und ihre weißen Wanderstäbe bei sich tragend, machten sie eine reise von 500 Stunden. Thomas wurde der Schüler des heiligen Albert und machte unter seiner Anleitung die größten Fortschritte, ließ aber hiervon aus Demut und Bescheidenheit nichts merken. Deswegen beobachtete er, während seine Studiengenossen mit ihren Kenntnissen prahlten, beharrliches Stillschweigen, so daß dies ihn spottweise nur den stummen Ochsen aus Sizilien nannten. Ja ein voreiliger Mitschüler wollte ihm sogar im Lernen nach helfen und Thomas ließ es sich demütig gefallen, obwohl er selbst Lehrer der Anderen hätte sein können. — Da ereignete es sich eines Tages, daß der heilige Lehrer Albert ihn um die Erklärung einer dunklen Stelle fragte, und nun öffnete Thomas seinen Mund und antwortete so richtig und klar, daß alle Zuhörer sich wunderten und selbst Albert voll Freude ausrief: „Wir nennen Thomas den stummen Ochsen, aber er wird eines Tages durch seine Lehre so laut brüllen, daß man ihn in der ganzen Welt hören wird.” Diese Vorhersagung des Heiligen ist wirklich in Erfüllung gegangen. Denn die ganze heilige katholische Kirche ehrt heute noch den heiligen Thomas als einen der größten Lehrer, und als er später zu Paris, Bologna, Köln und Rom nach dem Willen seiner Obern die Lehrkanzel besteigen mußte, da konnten oft die Lehrzimmer die Schüler nicht fassen, welche herbei strömten, um ihn zu hören. Er hatte aber seine große Gelehrsamkeit nicht so sehr seinem Fleiße und seinem Talente, als dem Gebete und der Eingebung Gottes zu verdanken. Als ihn eines Tages der heil. Bonaventura, der ihm sehr zugetan war, in seiner Zelle besuchte, und zu ihm sprach: „Mein Bruder, welches ist das Buch, aus dem du so schöne Dinge schöpfest, welche die Welt in deinen Werken bewundert?” zeigte er ihm das Bild des gekreuzigten Jesus und sprach: „Da ist mein Buch.” Der gekreuzigte Jesus, die Betrachtung seiner himmlischen Worte, seines Lebens und Leidens waren also die Quelle, aus welcher der Heilige seine wunderbaren Kenntnisse schöpfte, die so hell leuchteten, daß sich die gelehrtesten Männer Rat bei ihm erholten und seinem Ausspruche sich unterwarfen. Als einst ein wichtiger Streit entstand über die Brotsgestalten, unter denen Jesus im heiligsten Sakramente gegenwärtig ist, kamen alle Doktoren überein, ihre Streitschriften dem heiligen Thomas vorzulegen, und seine Entscheidung sich zu unterwerfen. — Thomas betet nach seiner Gewohnheit, dann schreibt er nieder, was der Geist Gottes ihm eingibt. Bevor er aber seine Meinung kund gibt, will er Jesum Christum selbst um Rat fragen. Er geht in die Kirche, legt das, was er geschrieben, auf den Altar vor den Tabernakel hin und betet also: 0

„O Herr Jesu Christi, der du in diesem wunderbaren Sakramente wahrhaft gegenwärtig bist, dessen Werke unbegreifliche Wunder sind, ich beschwöre dich demütig, mache mir kund, ob das, was ich über dich geschrieben habe, mit der Wahrheit übereinstimmt; verleihe mir die Gabe, es meinen Brüdern zu lehren und sie davon zu überzeugen; ist im Gegenteile in dieser Schrift Etwas dem katholischen Glauben entgegen, so nimm mir die Möglichkeit, es ihnen vorzutragen.”

Thomas hatte kaum seine Gebet vollendet, als Jesus erschien, und, auf die von Thomas Hand geschriebenen Blätter hindeutend, liebevoll zu ihm sagte:

„Du mein Sohn hast würdig über das Sakrament meines Leibes gesprochen!”

Und da das Gebet des Heiligen noch länger währte, sah man, wie er allmälig eine Elle hoch in der Luft erhoben wurde. — Da um diese zeit auch das heilige Fronleichnamsfest eingeführt wurde, so befahl Papst Urban IV. dem heiligen, das Officium Missae et Breviarii de Sanctissimo Sacramento (das Meß- und Breviergebet vom heiligen Altarssakramente) zu verfassen. Auch dem heiligen Bonaventura soll der Papst den nämlichen Auftrag gegeben haben. Der heil. Thomas machte sich mit Freuden an die Arbeit; welche er unter beständigem Gebete vollendete und die als ein unvergängliches Denkmal unseres heil. Glaubens da steht. Während der Arbeit besuchte Bruder Bonaventura den Heiligen. Auch er hatte seine Arbeit vollendet. Als er aber das Werk des heiligen Thomas las, da war er von der Schönheit des selben so entzückt, daß er in seine Zelle eilte, und seine Schrift in das Feuer warf. — Auch die schönen Lieder, Pangue Lingua und Lauda Sion, welche noch immer in der katholischen Kirche ertönen, hat der heilige Thomas damals verfaßt. Kein Wunder also, daß sein Lob überallhin sich verbreitete; aber der heilige wollte nichts davon wissen. Er blieb immer bescheiden, demütig und besonders gehorsam. Als er eines Tages im Refektorium oder Speisesaal des Klosters vorlas, rief ihm der Aufseher des selben verächtlich zu, er solle seine Silbe anders aussprechen, als er sie gelesen hatte. Obgleich Thomas die Silbe richtig ausgesprochen hatte, wiederholte er sie ohne Widerrede sogleich; und als ihm die Brüder nach dem essen sagten, er hätte dies nicht tun sollen, weil er es richtig gelesen hatte, gab er zur Antwort:

„Es nützt uns allerdings wenig, ein Wort auf diese oder jene Weise auszusprechen; aber dem Ordensmanne nützt es, immer gehorsam und demütig zu sein.”

Mit diesem demütigen Gehorsam verband der Heilige auch eine wunderbare Abtötung seiner Sinne. Seine Augen hielt er beständig im Zaume; seine Zunge ließ er nur reden, wenn es sein mußte, und seinen Geschmack hatte er so abgetötet, daß er oft vom essen aufstand, ohne zu wissen, was er gegessen und wie es geschmeckt habe. —

Da unserem Heiligen auch der Auftrag erteilt wurde, das Wort Gottes zu predigen, so tat er dies mit einer solchen Salbung und eindringlichen Kraft, daß man glaubte, einen Engel zu hören. Einst predigte er am Karfreitag zu Rom und sprach so rührend von der Liebe Jesu zu den Menschen und der Undankbarkeit der selben gegen den Heiland, daß alle Zuhörer in Tränen zerflossen und der Heilige mehrmals im Predigen inne halten mußte. Auch die Juden hörten sehr gerne seine Predigten und viele, von seinen überzeugenden Worten ergriffen, bekehrten sich. Ein wahres Wunder ist aber die Bekehrung zweier jüdischer Rabbiner oder Lehrer. Der Heilige traf sie zufällig in dem Hause eines Kardinals und ließ sich mit ihnen in eine Unterredung ein. Er bewies ihnen, daß sie vergeblich mehr auf einen Messias oder Heiland warteten, daß dieser Heiland in Jesus schon gekommen, der Gottes Sohn und Mensch zugleich sei und daß man, um selig zu werden, sein heiliges Evangelium annehmen müsse. Die Unterredung dauerte bis in die Nacht und man kam daher überein, am anderen Tag hierin weiter zu fahren. Der heil. Thomas brachte nun die ganze Nacht im Gebete zu und flehte innig zu Jesus um die Bekehrung dieser Juden. Sein Gebet wurde erhört. Am frühen Morgen kamen die beiden Juden zu Thomas, aber nicht um die Unterredung fortzusetzen, sondern um die christliche Religion anzunehmen. Ihrem Beispiele folgten viele Juden. So suchte also der Heilige durch Wort und Schrift das heil der Seelen zu befördern. Ein besonderes glühendes verlangen hatte er nach dem heile seiner Eltern und Geschwister. Unaufhörlich betete er für sie und es gelang ihm, sie alle für Gott zu gewinnen. Eine seiner Schwestern ging in ein Kloster und starb als Äbtissin; die andere heiratete, lebte aber sehr fromm und starb selig; seine Mutter suchte ihre früheren Fehler durch gute Werke zu sühnen und endigte heilig ihr Leben. Auch seine beiden Brüder gingen in sich, büßten ihre Fehltritte und starben als wahre Christen. Als einst seine beiden Schwestern, in deren Herzen er ein großes Verlangen nach der Vollkommenheit erregt hatte, ihn fragten, wie sie in den Himmel kommen könnten, antwortete er: „Wenn du willst.” Er wollte sagen: „Wenn du willst, wirst du im Guten zunehmen, wenn du willst, wirst du vollkommen sein und selig werden. Darauf kommt alles an, daß du wollest, daß du ein ernstliches Verlangen hast und daß es dir vom Herzen gehe. Gottes Beistand ist dir gewiß.” Wohlan, christlicher Leser, du kannst selig werden, wenn du nur willst; wenn du aber nicht willst, das heißt, nicht ernstlich willst, so schreibe deinen Untergang nur die selbst zu!

Wegen des Glanzes seiner Tugenden und seiner großen Gelehrsamkeit wollten ihn die Päpste zu hohen kirchlichen Würden erheben, er aber schlug alle diese Würden aus und verlangte nur als ein Klosterbruder zu leben. Diese Gnade wurde ihm auch in seinem 37sten Jahre zu Teil. Seine Obern erlaubten ihm das Lehramt niederzulegen und im Kloster den Übungen der Frömmigkeit und dem Studium sich hinzugeben. In der Stadt Bologna verfaßte er sein berühmtes Buch: Summa Theologiae oder "Inbegriff der Gottesgelehrtheit." Welch ein Ansehen dieses erhabene Werk in der katholischen Kirche hat, ist daraus ersichtlich, daß auf dem weltberühmten Konzilium von Trient das selbe neben der heiligen Schrift und den Dekreten der Päpste in dem Saale, wo die versammelten Väter saßen, auf eine Tafel gelegt wurde. Von Bolognia aus begab er sich nach Neapel in das dortige Dominikanerkloster und hier war es, wo er einst vor einem Kruzifix im Gebete liegend in einer heiligen Entzückung von der Erde erhoben wurde in Gegenwart eines Mitbruders, der zugleich auch zu seiner großen Verwunderung hörte, wie vom Kruzifix herab eine Stimme deutlich rief:

„Du hast gut von mir geschrieben, Thomas, welche Belohnung begehrst du von mir?” Worauf der Heilige antwortete: „Keine andere, als dich, o Herr!”

Endlich, obwohl noch jung, war er reif für den Himmel. Auf einer reise zu einem Konzilium von Lyon in Frankreich erkrankte er in einem Kloster der Eisterzienser, Fossa Nowa genannt. Die guten Mönche ließen ihm alle Pflege angedeihen, allein der Tod war nicht mehr ferne. Thomas selbst fühlte sein Ende heran nahen und bereitete sich mit aller Andacht darauf vor. Er legte dem Pater Renard, seinem Ordensbruder und Reisegefährten, eine Generalbeicht ab und begehrte dann die heilige Wegzehrung. Während man das heilige Sakrament holte, ließ er auf den Boden Asche streuen und sich darauf legen, damit er, wie er sagte, Jesum mit größerer Ehrfurcht empfangen könnte. — Da er die heilige Hostie in den Händen des Priesters erblickte, sprach er folgende Worte, die alle Umstehenden zu Tränen rührten:

„Ich glaube fest, daß du mein Jesus als wahrer Gott und wahrer Mensch in diesem hochheiligen Sakramente zugegen bist. Ich bete dich an, o mein Gott und mein Erlöser; ich empfange dich; ja dich; den Preis meiner Erlösung und die Wegzehrung meiner Pilgerreise! Dich, dem ich zu Liebe studiert, gearbeitet, gepredigt und gelehrt habe. Ich glaube nichts gesagt zu haben, das deinem göttlichen Worte zuwider wäre, oder wenn mir dieses aus Unwissenheit widerfahren ist, widerrufe ich es öffentlich und unterwerfe alle meine Schriften dem Urteile der heiligen römischen Kirche.”

Nach diesen Worten empfing er mit glühendem Verlangen die heilige Kommunion und gestattete nicht, daß man ihn in das Bett brachte, eh`er seine Danksagung gemacht hatte. Als seine Kräfte mehr und mehr abnahmen, verlangte er die letzte Ölung und antwortete dabei selbst auf alle Gebete der Kirche, die der Priester verrichtete. Noch kurz vor seinem Tode dankte er dem Abte des Klosters und den Mönchen für die Liebe, womit sie ihn gepflegt und als ihn einer derselben fragte, was man tun müßte, um die Gnade Gottes immer treu zu bewahren, antwortete er:

„Unaufhörlich in der Gegenwart Gottes wandeln.”

Dies waren seine letzten Worte. Er betete noch einige Augenblicke und entschlief dann sanft im Herrn am 7. März 1274 im 48. Jahre seines Alters.

Er wird abgebildet in Dominikanerkleidung mit einem Hostienkelch in der Hand, weil er über das hochheiligste Sakrament so erbauliche Bücher geschrieben und mit dem Bilde des heiligen Geistes als Taube an seinem Ohre, oder auch wie er vor dem Bilde des gekreuzigten schreibt und studiert.

*)
Diesem wunderbaren Vorfalle verdankt die Gürtel-Bruderschaft des hl. Thomas von Aquin ihre Entstehung. Die Mitglieder dieser Bruderschaft müsen den Gürtel, nämlich ein weißkleinenes Band, das 15 verschiedene Knoten hat, und das von einem Dominikaner-Mönch geweiht ist, um die Lenden tragen, eine große Ehrfurcht gegen die aller reinste Jungfrau Maria und den heiligen Thomas tragen, und eines keuschen Lebenswandels sich befleißen. Die Bruderschaft — die heilige Miliz — genannt, verbreitete sich mit wunderbarer Schnelligkeit über alle Gegenden Europas, besonders unter den studierenden Jünglingen auf den Hochschulen, und stiftete ungemein viel Gutes. Sie hat sich bis auf den heutigen Tag (1863) erhalten.

    Quellen:
  • Legende von den lieben Heiligen Gottes, nach den besten Quellen neu bearbeitet und herausgegeben von Georg Ott, Stadtpfarrer in Abendsberg (1863)
  • Vogels Heiligen Legenden, Lebensbeschreibungen der Heiligen Gottes auf alle tage des Jahres
  • Encyklopädie der katholischen Theologie und ihrer Hilfswissenschaften von 1851
  • Internet Recherchen
  • und andere
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