Eine Legende über den hl. Alexius von Georg Ott (1863)
Der heilige Alexius - Gedenktag ist der 17. Juli
* ?
† am 17. Juli 417 ?
”Wunderbar ist Gott in seinen Heiligen, „ ruft der König David aus, das heißt, wunderbar in der gnadenvollen Führung derselben; dies kannst du sehen im Leben des heiligen Alexius.
Es lebten zu Rom zwei vornehme, ungemein reiche Eheleute, der Ratsherr Euphemianus und seine Gemahlin Aglais. Beide waren gottesfürchtige Christen und wendeten ihren Reichtum nach dem Willen Gottes nur zu Werken der Barmherzigkeit an.
Alle tage wurden drei Tische in ihrem Pallast mit guten Speisen besetzt und die Armen zum Mahle geladen, wobei sie dann Euphemianus selbst bediente.
Seine Gemahlin Aglais hatte das nämlich milde Herz und betete viel und gerne..
Ihnen fehlte zu ihrem Glücke nichts als ein Kind, das ihnen endlich auf ihr anhaltendes Bitten Gott schenkte und welches sie in der heiligen Taufe Alexius nannten.
Reichlich segnete Gott den guten Eltern an ihrem Sohne, was sie den Armen taten. #
Denn Alexius wuchs heran an Unschuld und heiliger Gottesfurcht wie ein Engel; sein Herz war dem Herrn ganz geweiht; die Reichthümer und der Glanz seines elterlichen Hauses waren ihm ganz gleichgültig; den Armen schenkte er Alles, was er besaß, ja er suchte auch Andere zum Mitleid gegen die Armen zu bewegen.
Als er zum Jüngling heran gereift war, wollte er um Jesu willen die Welt verlassen und selbst arm werden; allein seine Eltern ließen nicht nach mit Bitten in ihn zu dringen, bis er sich mit einer vornehmen Römerin, Sabina mit Namen, vermählen ließ.
Die Hochzeit wurde mit großer Pracht gefeiert; die Eltern und Jedermann freute sich über das Glück des jungen Ehepaares, nur Alexius war nicht ruhig und zufrieden.
In seinem Innern vernahm er eine Stimme, die ihn auf einem andern Weg haben wollte und er gehorchte willig dieser Stimme.
Er erinnerte sich an die Worte des Heilandes:
„Wer Vater und Mutter mehr liebet als mich, ist meiner nicht wert,” (Matth. 10,37.)
und faßte deshalb den Entschluß, seine Braut und seine Eltern zu verlassen, um Jesu das Kreuz nachzutragen.
In der Nacht nach der Hochzeit ging er in die Brautkammer, zog seinen Ring von seinem Finger und seinen reichen Gürtel von seinem Leibe, reichte beides der Braut und sprach:
„Nimm dies zum Andenken und Gott sei zwischen mit und dir, so lange es ihm gefällt.”
Hierauf verlies er das Zimmer, wechselte seine Kleider, nahm Reisegeld und entfloh heimlich aus dem Hause an das Meeresufer, wo er durch Gottes Fügung ein Schiff antraf, welches eben abfahren wollte.
Er bestieg es und begab sich nach Endessa in Mesopotamien.
Dort vertauschte er seine Kleider mit dem Gewande eines Bettlers und gesellte sich unter die Armen, denen er seine ganze Barschaft austeilte, und die sich gewöhnlich im Vorhofe der Kirche unserer Lieben Frau aufhielten.
Hier bettelte er die Vorübergehenden an, benützte von dem Almosen etwas Weniges zu seinem notdürftigsten Unterhalte, das Übrige verschenkte er unter die Notleidenden und Kranken.
Während dessen war große Trauer um ihn im Hause seiner Eltern.
Der Vater sandte überallhin seine Knechte und Diener aus, um dessen Aufenthalt zu erkunden.
Einige davon kamen bis nach Endessa, sahen dort, als sie in die Kirche gingen, unter den Armen auch den Alexius liegen, kannten ihn aber nicht, denn sein Gesicht war abgehärmt und seine Kleider hatten ihn entstellt.
Alexius aber kannte die Knechte seines Vaters gar gut, er näherte sich ihnen empfing ein Allmosen aus ihrer Hand und freute sich in der Stille, vor denen als Bettler zu erscheinen, die seines Vaters Haus Brot im Überflße hatten.
Nach langem vergeblichen Suchen kehrten die Boten alle nach Hause zurück und meldeten, daß keine Spur von Alexius zu finden sei.
Da weinten Vater und Mutter bitterlich und die Braut wollte sich gar nicht trösten lassen.
Sie zog Trauerkleider an und verlebte wie eine Witwe mit Vater und Mutter einsam ihre Tage.
Alexius aber führte seine arme, harte Lebensweise ungestört siebzehn Jahre lang fort.
Da geschah es eines Tages, daß der Sakristan der Kirche Unserere Lieben Frau vom Bildnis der jungfräulichen Mutter Gottes herab deuten die Stimme vernahm.
„Führe mir Alexius, den treuen Diener Gottes, dessen Gebet wie wohlriechendes Rauchwerk zu Gott empor steigt und auf dem der Geist Gottes ruhet, in die Kirche hinein; denn er ist würdig im Heiligthume selbst zu wohnen.”
Der Sakristan machte dies allenthalben bekannt und der arme Bettler Alexius wurde jetzt hoch geehrt; allein, wie alle Heiligen, so verachtete auch er jede Ehre und nach einigen tagen schon verlies er heimlich die Stadt Endessa und schiffte nach Tarsus in Sizilien, um dort bei der St. Pauluskirche seine arme, unbekannte Lebensweise fortzusetzen.
Aber Gott, der Herr, hatte es anders beschlossen.
Ein heftiger Sturm trieb das Schiff, auf dem Alexius sich befand, nach Italien und die Schiffer sahen sich gezwungen, unweit der Stadt Rom zu landen.
Da erkannte Alexius hierin den Finger Gottes und er fasste den Entschluß, im Hause seines Vaters als unbekannter, armer Fremdling zu leben.
In Gedanken, wie er wohl seinen Entschluß ausführen könne, war er bis auf den Marktplatz der Stadt gekommen.
Da sah er seinen Vater mit einem großen Gefolge gerade vorüber gehen.
Wie klopfte ihm da das Herz, als er den geliebten Vater sah; allein größer noch war seine Liebe zu Jesus, um dessen willen er Alles verlassen hatte.
Schnell bekämpfte er er seine natürliche Neigung, die ihn hinzog an die Brust des Vaters, trat ruhig zu ihm hin und sprach:
„Edler Herr, um Gotteswillen tut Barmherzigkeit an mir armen Fremdling, nehmet mich in euer Haus auf und lasset mich essen von den Brotsamen, die von eurem Tische fallen.
Gott, der Herr des Himmels und der Erde, wird Euch solches Liebeswerk vergelten, und die Eurigen, die etwa als Pilger in fremden Landen weilen, wohlbehalten in euer Haus zurück führen.”
Kaum hatte Euphemianus diese Worte gehört, als sein Herz wundersam gerührt wurde;
er gedachte seines Sohnes und befahl seinen Dienern, den fremden Pilger in seinen Pallast zu führen, ihm von seiner Tafel zu speisen und ihm eine Kammer zur Wohnung anzuweisen.
Allein Alexius wählte sich zur Wohnung einen gar engen und schlechten Verschlag unter der Stiege, welcher in die Zimmer seiner Eltern führte, und nahm verlieb mit weniger und schlechter Kost.
Bald hatten die Diener des Befehls ihre Herrn vergessen; sie begegneten den armen Bettler, den sie nicht kannten, überaus hart und behandelten ihn wie einen Narren.
Sie verspotteten ihn, begossen ihn mit Spülwasser, warfen ihm armselige Brocken vor wie einem Hunde und trieben mit ihm allerhand Mutwillen.
Alexius ertrug Alles mit übermenschlicher Geduld sagte kein Wort hiervon dem Euphemianus , der diese Behandlung gewiß nicht geduldet hätte, und freute sich sogar, um Christi willen Schmach zu leiden.
Den größten Kampf hatte er aber mit sich selbst zu kämpfen.
Täglich sah er seinen lieben Vater, seine gute Mutter und seine geliebte Braut; er merkte ihre Trauer und hörte ihre Klagen um ihn.
Oft wollte ihm das Herz zerspringen vor Leid; allein er blieb seinem Entschluß, um Jesuswillen selbst Vater, Mutter und Gattin hinzugeben, getreu.
Niemand kannte ihn, so abgehärmt war er und er wollte auch unbekannt bleiben bis zum Tode.
Gott lies ihn aber in dieser harten Lage nicht ungetröstet. Er hatte ein Kreuz bei sich und ein Muttergottesbild, und so oft er diese heiligen Bildnisse betrachtete, da empfand er im Innern den süßßesten Trost.
Täglich hörte er im St. Petersdom die heilige Messe, und alle acht Tage empfing er die heilige Kommunion.
Mit den Armen teilte er seine Bissen die er sich vom Munde sparte, und das Gebet und die Betrachtung zogen seinen Geist so innig zu Gott, daß er mit Freuden sogar den unbeschreiblichen Kampf bestand, den er mit seinem Herzen täglich zu bestehen hatte.
Siebzehn Jahre verharrte er verachtet, mißhandelt und in bitterster Not in seiner Wohnung unter der Stiege.
Er war wahrhaft der Welt und die Welt war ihm gekreuziget; er hatte an sich getreu das arme, verachtete Leben des Sohnes Gottes abgebildet und den größten Sieg über sich errungen.
Endlich gefiel es Gott, den demütigen Bettler, der sich selbst ganz aufgegeben hatte, um Christum zu gewinnen, auf den Leuchter zu stellen.
Eines Tages hielt Papst Innozenz in Gegenwart des Kaisers Honorius das Hochamt im St. Petersdom.
Auch der Ratsherr Euphemianus war zugegen. Während der heiligen Handlung rief eine Stimme laut vom Himmel:
„Ihr Alle, die ihr mühselig und beladen seid, kommet zu mir, ich will euch erquicken.”
Erschrocken warfen sich alle auf die Knie nieder und flehten: „Herr, erbarme dich unser!” Zum zweitenmal rief die Stimme:
„Suchet den Heiligen Gottes und ehret ihn,daß er bitten möge für die Wohlfahrt Rom`s! Er wird sterben am Freitag.”
An diesem Tage, den 17. Juli 417, versammelte sich das Volk zahlreich in der Kirche und wieder erscholl die Stimme:
„Suchet den Heiligen in Euphemians Hause”
Da wendete sich der Kaiser an Euphemian und sprach:
„Wie, du hattest solch Himmelsgeschenk in deinem Hause und sagtest uns kein Wort davon?”
Euphemian, selbst ganz verwundert, erwiderte, daß er nichts davon wisse.
Ein Diener aber, der zugegen war, sagte: „Ich glaube fest, der heilige sein kein anderer, als der arme Bettler unter der Stiege, denn Geduld hatte er wie ein Engel und sein Wandel war wie der eines Apostels.”
Sogleich eilte Euphemian nach Hause, nahte sich der Stiege und schaute in den Verschlag hinein, der dem Heiligen zur Wohnung diente.
Staunend sah er den Armen auf ärmlichen Stroh entseelt liegen, sein Angesicht leuchtete vom himmlischen Glanze und in seiner Hand hielt er einen Brief.
Es war nämlich um dieselbe Zeit, als zum Erstenmal in der Kirche die Stimme erscholl, seine Todesstunde offenbar geworden.
Voll Freude hierüber empfing er die heiligen Sakramente schrieb dann einen Brief an seine Eltern, in welchem er ihnen kund tat, daß er ihr vermisster Sohn sein und bereitete sich dann getrost auf sein Sterbestündlein.
Am Freitag entschlief er sanft in den Armen Jesu, den er so sehr geliebt hatte.
Euphemian wollte aus den Händen des Entseelten den Brief nehmen und lesen, allein die Hände des Heiligen ließen den Brief nicht los.
Da ließ er dem Papste und Kaiser Kunde geben, daß der Heilige gefunden sei. Alsbald kamen Beide und mit ihnen eine Menge Volkes.
Der Leichnam wurde aus dem Verschlage herausgenommen und in einem großen Saale auf ein Bett gelegt.
Nun befahl der Papst den Brief aus der Hand de heiligen zu nehmen und vorzulesen.
Und sie`, man konnte den Brief jetzt ohne Widerstand nehmen.
Als nun der Brief geöffnet und vorgelesen wurde, da ergriff alle die höchste Verwunderung, als sie hörten, daß dieser arme Pilger und Bettler Niemand anders als Alexius, der Sohn des Senators Euphemian sei.
Laut weinte und schluchzte Alles. Wer aber kann das Leid des Vaters und der Mutter, die Trauer der Braut Sabina schildern?
In stummen Schmerze umschlang der nieder gebeugte Vater die Leiche seines geliebten Sohnes.
O wie gerne hätt er ihn wieder ins Leben gerufen!
Unter einem Strome von Tränen warf sich die schmerzerfüllte Mutter auf den entseelten Leib ihres eigenen Kindes.
Sie bedeckte ihn mit ihren Küssen und rief mit herzzerschneidender Klage:
„Mein Kind, warum hast du das deiner Mutter getan? Du hast mein Seufzen gehört, meine Trauer gesehen, warum hast du dich deiner Mutter nicht erbarmt?
Ach was hast du ausgestanden in dem Hause, wo du ein glücklicher Herr sein konntest und als ein Bettler lebtest und starbest!”
Während Vater und Mutter so klagten und jammerten, da stürzte Sabina händeringend neben dem Leichname nieder. Untröstlich und wie von Sinnen war sie.
„Ach, rief sie, ich habe es geahnt, daß du mein geliebter Alexius seiest, aber ich wollte es nicht glauben. Jetzt bin ich Witwe, o wer wird mich trösten können, so lange ich lebe!”
Auch die Diener, welche den Heiligen so mißhandelten, zitterten nun und weinten bitterlich vor Reue und Schmerz.
Sie baten den Heiligen ohne Aufhören um Verzeihung und riefen zu Gott um Vergebung.
Indessen hatte sich die Nachricht von dem wunderbaren Ereignisse in der Stadt verbreitet und es eilten von allen Seiten zahlreiche Scharen Volkes herbei, um den Heiligen zu berühren und seine Fürbitte anzuflehen.
Große Zeichen geschahen, Lahme, Blinde und Kranke aller Art wurden geheilt, Teufel wurden aus den Besessenen ausgetrieben.
Ungeheuer wurde das Gedränge um den heiligen Leib.
Da lies der Kaiser, um das Volk abzuhalten, Geld auswerfen, allein Niemand hob es auf.
Alles wollte den Heiligen sehen, Alles wollte ihn berühren und seine Hilfe erflehen.
Nur mit größter Mühe gelang es endlich, den Leichnam in St. Petersdom zu tragen.
Dort blieb er sieben Tage ausgesetzt, am achten Tage wurde er auf dem Berge Aventin in ein schlönes Grab von Marmor in Gegenwart der ganzen Stadt gelegt.
Im Jahre 1216 wurde der heilige Leib daselbst gefunden und erhoben, und jetzt ruht er in der prachtvollen Kirche unter dem Titel des heiligen Bonifazius und des heiligen Alexius.
Der Heilige wird abgebildet in Pilgerkleidung, auf dem Sterbelager unter einer Stiege liegend.
Quelle: Legende von den lieben Heiligen Gottes, nach den besten Quellen neu bearbeitet und herausgegeben von Georg Ott, Stadtpfarrer in Abendsberg (1863)
Bild: Holzstich aus dem Buch Legende von den lieben Heiligen Gottes (1863)
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