Die heilige Kaiserin Adelheid, - Witwe
Der Festtag, Gedenktag, Verehrungstag ist der 16. September
* unbekannt † 1000
Um das Jahr 950 klopfte eines Abends ein fremder Pilger an der Türe eines armen Fischers am Gardasee in Italien, und bat flehentlich um eine Nachtherberge.
Der Fischer war ein braver Mann, und lud den Pilger sogleich ein, an seinem kärglichen Mahle teilzunehmen.
Bald war die Speise genossen, und der Fischer fragte zutraulich den Pilger, woher er komme und wohin sein Weg ihn führe?
Der Pilger merkte, daß sein Gastherr guten und aufrichtigen Herzens sei, und erzählte ihm, wie ein wichtiges Geheimnis ihn hierher führe, und daß er seiner Hilfe zur Erfüllung einer guten Tat bedürfe.
Der Fischer rückte jetzt näher und horchte gespannt zu, als der Pilger also sprach:
Dort am Ufer des Sees liegt eine Burg, das Ziel meiner Reise.
Innerhalb der Mauern dieser Burg wird eine Frau von hoher Geburt, Adelheid mit Namen, widerrechtlich gefangen gehalten: sie zu befreien, bin ich hierher gekommen. —
Adelheid ist die Tochter des Königs Rudolph von Burgund.
Kaum hatte sie das sechste Jahr erreicht, als ihr Vater starb.
Ihre Mutter Bertha aber zog sie auf in Unschuld und Gottesfurcht.
Sie hielt sie fern von dem Umgang der weltlich gesinnten Höflinge, flöste ihr Liebe zum Gebete, zu häuslichem Fleiße und zu den Armen und Notleidenen ein, und übte sie in, in allen den schönsten Tugenden, die eine fürstliche Jungfrau zieren.
So kam es, daß Adelheid heran wuchs schön und rein an Leib und Seele.
Schon mit ihrem sechzehnten Jahre wurde sie mit Lothar, König von Italien, vermählt.
Sie zog mit ihm nach Padua, wo er seinen Hofstaat hielt.
Obgleich noch jung, war sie doch ein Muster christlicher Ehefrauen.
Im schlichten Gewande verkehrte sie leutselig und herablassend mit den Niedrigen und Armen, hatte für Jeden freundliche Worte und milde Gaben bereit. —
Jeder Betrübte durfte sich ihr nahen, und fand Trost.
In stiller Zurückgezogenheit lebte sie nur für Gott und ihren Gemahl; der Wille Gottes und der Wille ihres Gemahles war die Richtschnur ihres Handelns.
Mit unverbrüchlicher Treue hing sie an ihrem Gatten; mit ihm teilte sie Freud und Leid; und so hoch auch ihr Stand war, so demütig wandelte sie vor den Augen Gottes. —
Drei Jahre hatte sie mit Lothar in glücklicher Ehe gelebt, ihm auch ein holdes Töchterlein, Emma, geboren, als derselbe starb.
Von dieser Stunde an begann ein tiefes Leiden für die erst neunzehnjährige Witwe. —
Der Herzog Berengar von Ivrea warf sich nach dem Tode des Königs Lothar zum Herrn von Oberitalien auf.
Um das Reich, das er gewaltsam an sich gerissen hatte, fortwährend zu behalten, wollte er seinen Sohn Adalbert mit der frommen jungen Witwe Adelheid vermählen.
Allein diese wollte dem Sohne des Mannes, der ihrem Gemahl so viel Leid angetan, die Hand nicht reichen und schlug den Antrag des stolzen und grausamen Berengar mit edler Würde aus.
Da ergrimmte der Markgraf und ging in seinem Zorne so weit, daß er sie verlassene Witwe all ihrer Habschaft beraubte und mit ihrem kleinen Kinde in eine Burg am Gardasee einsperren lies.
Ich aber, so fuhr der fromme Pilger weiter, bin der Schloßkaplan der guten Königin und bin nun gekommen, meine unglückliche Herrin aus den Klauen des Bösewichts zu befreien und an eine sichere Zufluchtsstätte zu führen.
Dazu aber, lieber guter Fischer, möget ihr mir hilfreiche Hand bieten, damit ich das Werk vollbringe.
Also lautete des frommen Schloßkapl. aus Martin Erzählung.
Der Fischer war zu Tränen gerührt, und versprach zum Werke der Befreiung einer so frommen, unglücklichen Frau treulich mitzuhelfen.
Noch in der Nacht machten beide Männer ihren Plan, und des Morgens schon begab sich der Fischer an die Ausführung desselben.
Mit Hacken und Schaufeln nahte er sich auf einem Kahne behutsam dem Turme, wo Adelheid gefangen lag, und in stiller Nacht, wenn alles schlief, grub er wacker durch die Mauern; früh Morgens aber deckte er die Öffnung sorgsam mit Dornengesträuchen zu.
Noch ehe eine Woche verstrichen war, konnte in dunkler Nacht der treue Priester Martin hinaufsteigen in die Zelle der gefangenen Witwe und ihr mit Freudentränen die Befreiung ankünden.
Adelheid besann sich nicht lange; in aller Stille hüllte sie ihr Kind in ihren Mantel und stieg mit Martin hinab zum See, wo der Fischer mit dem Kahne schon wartete. —
Still und sanft glitt das Schifflein über die Wellen; Niemand hatte die Fliehenden bemerkt.
Der Fischer landete glücklich und Martin führte die Königin mit ihrem Kinde auf geheimen Pfaden in das feste Schloß Canossa, wo Graf Albert Azzo mit herzlicher Freude die Flüchtlinge aufnahm und zu schützen versprach.
Allein die geängstigte Fürstin hielt sich auch hier vor dem grausamen Berengar nicht sicher, der vor Wut schäumte, als er ihre Flucht vernahm.
Damals saß auf dem deutschen Königsthrone einer der besten, weisesten und tapfersten Fürsten, Otto der Große genannt.
An diesen edlen König wandte sich die unglückliche Witwe mit der Bitte, sie aus der Hand ihres Verfolgers zu befreien.
Otto, schon vom Papste um Hilfe gegen Berengar angefleht, zögerte nicht lange.
Ein Freund und Schirmherr aller Bedrängten, brach er mit einem mächtigem Heere nach Italien auf, züchtigte den wilden Markgrafen und zog siegreich in dessen Hauptstadt Pavia ein.
Von da sandte er ein sicheres Geleit nach Canosso und lies Adelheid abholen.
Als sie vor König Otto erschien und ihm mit Freudentränen im Auge dankte, da machte ihr Schicksal und zugleich die hohe Anmut und sittliche Würde, die aus ihrem Gesichte strahlte, einen solchen Eindruck auf den König, daß er ihr die Hand zur Ehe reichte und sich mit ihr trauen lies.
Die Vermählung geschah unter dem allgemeinen Jubel des Adels und des Volkes, denn diese Ehe war auch im Himmel geschlossen.
Adelheid befand sich jetzt auf der höchsten Stufe menschlichen Glückes, aber sie lies sich davon nicht blenden.
Mild, rein, demütig, gottesfürchtig und menschenfreundlich, wie sie es bisher gewesen, blieb sie auch am Hofe des deutschen Königs.
Ihr Herz kannte keine Rache. Sie verzieh vom Herzen, was ihr Berengar Leids getan und als dieser seine Krone verloren hatte, nahm sie seine zwei Töchter zu sich und erzog sie mit ihrer Tochter Emma.
Zehn Jahre hatte bereits Adelheid in Frieden und Eintracht mit ihrem Gemahle gelebt, da wurde dieser im Jahre 962 vom Papste Johann XII. zum Kaiser gekrönt und mit ihm auch seine Gemahlin Adelheid.
Aber auch unter der Kaiserkrone blieb sie immer die fromme, gute Frau und treue Jüngerin Jesu Christi.
Ihre große Macht benutzte sie nur, um allen Bedrängten Gutes zu tun. —
Im Glanze des kaiserlichen Hofes war ihre Bescheidenheit, ihre keusche Zucht, ihre ungeheuchelte Demut Allen ein heller Spiegel. —
Unter häuslicher Arbeit, deren sich damals auch Fürstinnen nicht schämten, unter Gebet und Ausübungbarmherziger Werke verflossen ruhig ihre Tage bis zum Tode ihres Gemahls, dem sie mit heiliger Liebe zugetan war.
Ihr leiblicher Sohn Otto II. den sie dem frommen und gelehrten Erzbischof von Köln, Bruno zur Erziehung anvertraut hatte, bestieg den Kaiserthron.
Er war noch jung und unerfahren, und bedurfte einer weisen, treuen Hand, die ihn leitete. Diese fand er auch an seiner guten Mutter Adelheid.
Mit wachsamer liebe behütete sie ihn vor Ausschweifungen und stand ihm immer mit weisem Rat zur Seite.
Er regierte auch glücklich, so lange er seiner frommen Mutter folgte.
Allein nicht lange währte dies Glück.
Otto hatte sich mit der griechischen Kaiserstochter Thephania vermählt.
Diese war ein gar böses, eigensinniges, herrschsüchtiges Weib und konnte die fromme Schwiegermutter nicht leiden.
Sie ruhte nicht eher, als bis der junge Kaiser der besorgten Mutter Herz und Ohr verschloß und sie endlich sogar von seinem Hofe verbannte.
O wie wehe tat dies Benehmen ihres Sohnes dem Mutterherzen Adelheids!
In Burgund am Hofe ihres Bruders fand sie eine Zufluchtsstätte; dort betete sie unaufhörlich für ihren verblendeten Sohn, der von seinem Weibe und den schmeichelhaften Hofschranzen verleitet, die törrichtesten Handlungen beging und allgemeine Unzufriedenheit erregte.
Endlich gingen ihm die Augen auf; er erkannte sein Unrecht und rief die Mutter wieder zurück.
Sie kam, und bald ging Alles wieder gut.
Otto befolgte den Rat seiner weisen Mutter, bekämpfte seine Leidenschaften und ward bald wieder ein frommer Christ und tüchtiger Kaiser, der Schrecken seiner Feinde und Schirmherr der heiligen Kirche.
Niemand hatte größere Freude, als die gute Adelheid, die mit der emsigsten Sorgfalt über das teuere Leben des Sohnes und das Wohl der Untertanen wachte.
Aber ein schweres Leid sollte ihr in Leiden gestähltes Herz noch vor ihrem Ende treffen.
Gott liebt es ja, seine Auserwählten durch Leiden für den Himmel reif zu machen. —
Ihr Sohn starb im Jahre 983, ihre Tochter Emma starb bald darauf.
Auch fing die Schwiegertochter aufs Neue an, sie lieblos zu behandeln.
Adelheid mußte im Namen ihre kleinen Enkels Otto III. die Regentschaft übernehmen.
Schon bei Jahren, wo man so gerne ruhen und dem Heile der Seele abwarten möchte, mußte die betagte Witwe sich mit weltlichen Händeln befassen.
Gerne hätte sie die Welt verlassen und in stiller Zurückgezogenheit nur für Gott und ihre Seele gelebt;
allein des Volkes Wohl und das Heil des jungen Kaisers hinderte sie.
O wie oft seufzte sie nach der Auflösung, um bei Jesus, ihrem Heilande, sein zu können.
Endlich erhörte der Herr ihr Flehen.
Schwach und abgezehrt machte sie noch eine reise nach Burgund, um dort zwischen Volk und Fürsten Frieden zu stiften, und nachdem sie dies Werk christlicher Liebe vollbracht, zog sie sich nach Selz zurück, einem stillen, klösterlichen Orte, sechs Meilen unterhalb Straßburg.
Dort hat sie frommen Jungfrauen ein Klösterlein gebaut, und dort beschloß sie auch am 16. Dezember des Jahres 1000 ihr gottseliges Leben durch einen heiligen Tod.
Sie wird abgebildet im Kaiserlichen Ornate.
Quelle: Legende von den lieben Heiligen Gottes, nach den besten Quellen neu bearbeitet und herausgegeben von Georg Ott, Stadtpfarrer in Abendsberg (1863)
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