Der heilige Ambrosius, Erzbischof von Mailand - Gedenktag ist der 7. Dezember
* 340 ?
† am 4. April 397
Der heilige Ambrosius, eines der größten Lichter der Kirche, und wegen der Lieblichkeit seiner Schriften, „der honigfließende Lehrer” genannt, ist eine glänzende Zierde unserer heiligen katholischen Kirche.
Es läßt sich von ihm mit Wahrheit sagen, was der göttliche Heiland einst von Johannes dem Täufer gesagt:
„Er war ein brennendes, leuchtendes Licht!”
Sein Vater war ein edler Römer und kaiserlicher Statthalter von Gallien.
Zu Trier, wo er seinen Sitz hatte, wurde ihm Ambrosius, das jüngste unter drei Kindern, welche die Kirche unter die Heiligen zählt, geboren.
Als der kleine Knabe Ambrosius noch in der Wiege lag, ließ sich ein Bienenschwarm auf seinem Gesichte nieder.
Seine Wärterin, die in der Nähe war, sah, wie diese kleinen Tiere in den offenen Mund des Kindes ein- und ausflogen und dies Spiel öfters wiederholten.
Erschreckt eilte sie herbei, um die Bienen zu vertreiben; der Vater aber, welcher zufällig vorbeiging, wehrte es ihr, teils um die Bienen nicht zu reizen, teils auch um den Ausgang dieses sonderbaren Ereignisses zu sehen.
Nachdem die Bienen längere Zeit weg- und zugeflogen waren, erhoben sie sich plötzlich, ohne dem Kindes das mindeste leid zu tun, und flogen davon.
Der Vater aber beugte sich freudig über das süß schlafende Kind, küsste es und rief aus:
„Aus diesem Knaben wird, wofern er am Leben bleibt, einmal etwas Großes werden!”
Diese Worte gingen allerdings in Erfüllung; doch ward dem edlen Manne der Trost nicht, solches zu erleben.
Er starb bald darauf; die Mutter des Heiligen aber kehrte nach seinem Tode mit ihren Kindern nach Rom zurück, und übergab den kleinen Ambrosius trefflichen Lehrern, damit sie ihn in den Wissenschaften unterrichteten und einen tüchtigen Mann aus ihm bildeten.
Ambrosius studierte mit seinem Bruder Satyrus ungemein fleißif und widmete sich, zum Jüngling heran gereift, der Rechtsgelehrsamkeit.
Er führt auch mit solchem Glücke die Rechtshändel, daß er bald zu hohem Rufe gelangte und die ausgezeichnetsten Männer seine Freunde wurden.
Unter diesen gewann ihn Annius Probus, der Statthalter von Italien, besonders lieb und erhob ihn zum Statthalter oder Prätor von mehreren Provinzen, welche heutzutage die Erzbistümer von Mailand, Turin, Genua, Ravenna und Bologna umfassen.
Bevor Ambrosius an den Ort seiner neuen Bestimmung abreiste, gab ihm Probus Belehrungen über die Art und Weise, sein Amt zu führen, und sagte ihm beim Abschiede:
„Gehe hin und verwalte das Land nicht nur als Richter, sondern auch als Bischof!”
Diese Rede war später als eine Art Weissagung angesehen. —
Als Ambrosius nach Mailand, dem Sitze des Statthalters, kam, saß dort auf dem beschöflichen Stuhl Aurentius, ein Erzarianer.
Schon waren es 20 Jahre, daß dieser Todfeind des katholischen Glaubens den Weinberg des Herrn verheerte und die Irrlehre des Arius verbreitete, als ihn endlich Gott vor seinen Richterstuhl forderte. —
Gleich nach seinem Tode versammelten sich die Bischöfe der Provinz und das Volk, um einen neuen Oberhirten zu wählen.
Die Katholiken forderten einen katholischen, die Arianer einen Bischof von ihrer Partei.
Die Domkirche war voll Menschen; ein furchtbarer Tumult entstand und schon war das Volk daran, in förmlicher Aufruhr auszubrechen; da begab sich Ambrosius selbst in die Kirche, um als Statthalter die Ordnung herzustellen; hielt eine Rede voll Weisheit und Mäßigung an die Versammlung, und mahnte, im Geiste des Friedens und der Ordnung die Wahl vorzunehmen.
Er redete noch, als plötzlich die Stimme eines Kindes erscholl:
Ambrosius, Bischof! — Siehe, da verschwand plötzlich die Zwietracht; mit lauter Stimme wiederholten beide Parteien, Katholiken und Arianer, den Ruf: Ambrosius, Bischof!
Ambrosius war von diesem Ruf ganz b etäubt; Furcht und Schrecken ergriffen ihn und zitternd verließ er die Kirche, fest entschlossen, ein so heiliges Amt nicht anzunehmen.
Nichts ließ er unversucht, um seine Wahl zum Bischof zu vereiteln.
Ja er ergriff sogar zu Mitteln, die sich durch die Verwirrung, in der er sich befand, rechtfertigen lassen.
denn kaum hatte er die Kirche verlassen, als er 2 Verbrecher auf öffentlichem Platze, wider seiner Gewohnheit, foltern ließ, um sie zum Geständnis zu zwingen, in der Tat aber, um durch diesen Anblick sich vor dem Volk, welches die Folter haßte, als einen grausamen Mann darzustellen.
Allein das Volk und die Geistlichen durchschauten seine Absicht und ließen sich in ihrer Wahl nicht irre machen. —
Da ihm dieser Versuch mißlang, ließ er Buhlerinnen in seine Wohnung bei hellem Tage kommen, um dadurch zu zeigen, wie höcht unwürdig er des bischöflichen Amtes sei.
Aber das Volk ließ sich auch dadurch nicht täuschen und rief zu ihm zu:
„Deine Sünden nehmen wir auf uns!” Da er sah, daß alle Mittel, seine Wahl zu hintertreiben, vergeblich seien, beschloß er durch die Flucht sich zu entziehen.
In dunkler Nacht verließ er heimlich Mailand und eilte Pavia zu.
Allein er verirrte sich auf dem Wege und sah sich bei Anbruch des Tages wieder an den Toren Mailands.
Nun bewachte ihn das Volk, daß er nicht mehr entfliehen könne, und ließ den Kaiser Valentinian bitten, seine Wahl zu bestätigen, was dieser auch mit Freuden tat.
Schon war man nahe daran, ihm mit Gewalt auf den bischöflichen Stuhl zu erheben, als er seinen Wächtern wieder entrann und in einem Lanndhause eines Freundes von ihm sich versteckte.
Da aber ein kaiserlicher Befehl die strengsten Strafen über die verhängte, welche Ambrosius eine Zufluchtsstätte gewähren, mußte er das Landhaus verlassen und nach Mailand zurückkehren.
Vergeblich wandte er jetzt ein, daß er, obschon vierunddreißig Jahre alt, noch nicht getauft sei; man nahm keine Rücksicht mehr auf seine Vorstellungen, sondern erteilte ihm die Taufe und gleich darauf die bischöfliche Weihe, am 7. Dezember 374.
Ungeheuer war jetzt der Jubel des Volkes, der auch im ganzen Morgen- und Abendlande wiederhallte, und in den sogar Heilige einstimmten.
So groß war die Achtung, in welcher damals schon Ambrosius wegen seiner Tugenden stand.
Der Heilige trat sein bischöfliches Amt mit den besten Gesinnungen an.
Gottes Ehre, der Ruhm der Kirche, das Heil der Seelen war der Grundgedanke seines ganzen Lebens.
Sein Gold und Silber verteilte er unter die Armen, seine Ländereinen schenkte er der Kirche, nur behielt er sich von den Erträgnissen derselben eine lebenslängliche Abgabe für seine Schwester Marcellina.
Seinem Bruder Satyrus übergab er die Verwaltung, er selbst verlegte sich ungeteilt auf die Ausübung seines heiligen Amtes.
Da es ihm nie in den Sinn gekommen, Bischof zu werden, und daher die nötigen Kenntnisse sich anzueignen, welche diese Würde forderte, verwendete er jeden Augenblick auf die Lesung und Betrachtung der heiligen Schriften und das Studium der kirchlichen Wissenschaft.
Es las und studierte aber der heilige Bischof nicht nur, um sich selbst zu belehren, sondern auch um andere lehren zu können.
Daher pflegte er zu sagen, er müsse zugleich lernen und lehren.
Seine Reden waren gründlich und gelehrt, und so anmutig predigte er, daß selbst der heilige Augustin, damals Lehrer der Beredsamkeit, seinen Predigten mit dem größten Vergnügen beiwohnte und von seinen Worten so ergriffen wurde, daß er bald darauf sich bekehrte.
Es gab aber auch die Heiligkeit seines Lebens seinen Worten wundersame Kraft.
Seine Tage verflossen in lieblicher Unschuld, strenger Abtötung und beinahe fortwährendem Fasten.
Er arbeitete ohne Unterlaß und hielt nur an Sonn- und Festtagen ein Mittagsmahl.
Den größten Teil der Nacht und des Tages weihte er dem Gebete, brachte alle Tage das heilige Opfer für sein Volk dar, und predigte alle Sonntage, oft zweimal des Tages.
Er war die Stütze der Armen, der Trost der Betrübten, und war ebenso allgemein bewundert als geliebt.
Er hatte sich zum Grundsatz gemacht, sich in keine zeitlichen Angelegenheiten zu mischen, und niemals bei Hofe eine Gnade sich zu erbitten.
Gab es aber Unglückliche zu schützen, Gefangene oder zum Tode Verurteilte zu retten, da zögerte er nicht, im Pallaste des Kaisers zu erscheinen und um Gnade zu flehen.
Er weinte mit den Weinenden und freute sich mit denen, die heiteren Gemüthes waren.
Seine Nächstenliebe war grenzenlos; die Armen nannte er nur seine Verwalter und Schatzmeister, in deren Hände er seine Einkünfte niederlegte.
Immer stand seine Türe den Unglücklichen offen;
Jedermann durfte eintreten, ohne sich melden zu lassen.
So oft er predigte, strömte Alles von nah und fern in die Kirche, seine salbungsvollen Reden zu hören.
Allein, wie groß auch die Gabe war, die ihm Gott verliehen, die Herzen der Zuhörer zu rühren, brachten seine Predigten zu Mailand weniger Früchte hervor als an andern Orten.
Seine heilige Schwester Marcellina hatte seinem Herzen von frühester Kindheit an die zarteste Liebe zur jungfräulichen Reinigkeit eingeflößt und sehr oft hielt er Predigten zum Lobe dieser Tugend, um solche junge Herzen zu empfehlen.
Zu Mailand richteten aber seine ergreifenden Ermahnungen wenig aus, nicht aber, weil die Jungfrauen dort selbst die Jungfräulichkeit etwa mnißachteten, nein, sondern weil die Mütter ihre Töchter den Predigten des heiligen Bischofs nicht beiwohnen ließen, aus Furcht, sie möchten ihre Jungfrauschaft durch ein Gelübde Gott weihen und sich nicht verehelichen.
Denn der Kraft seiner Worte widerstanden wenige, weßhalb denn auch in den umliegenden Städten, wo er predigte, eine Menge Jungfrauen den heiligen Schleier aus seinen Händen nahmen.
Um diese Zeit (378) wurde ganz Illyrien von den wilden Völkerschaften der Hunnen und Gothen verheert.
Tausende der bedrängten Bewohner flüchteten sich nach Italien.
Allenthalben wurden Gefangene zum Verkauf angeboten, und es waren derselben so viele, daß man mit ihnen ein ganze Provinz hätte bevölkern können.
Bei dieser Gelegenheit zeigte sich die Nächstenliebe des heil. Ambrosius im edelsten Lichte.
Er verwendete große Summen, Gefangene loszukaufen, und da das Geld nicht hinreichte, ließ er die heiligen Gefäße der Kirche zerbrechen und einschmelzen, mehrere davon aber für dringender Notfälle aufbewahren.
Die Arianer tadelten ihn deshalb; er aber erwiderte ihnen, es gereiche mehr zur Ehre Gottes, Seelen zu retten, als Gold aufzubewahren.
In eben denselben Jahre, da der heilige Bischof so vielen Bedrängten ein tröstlicher Engel gewesen, und tausende unsterblicher Seelen aus den Händen der Barbaren gerettet hatte, wurde er in großes Leid versetzt durch den Tod seines heiligen Bruders Satyrus.
In der Leichenrede, die er ihm selbst hielt erzählter er folgendes Wunderbare aus den letzten tagen desselben.
Satyrus wollte einen gewissen Prosper, der von dem Vermögen des heiligen Bischofs kurz nach seiner Erhebung auf den bischöflichen Stuhl einen großen Teil geraubt und sich geflüchtet hatte, zwingen, den Raub herauszugeben.
Er bestieg deshalb ein Schiff, um dem Räuber nach Afrika nachzusetzen.
Das Schiff aber scheiterte an einer Sandbank und war nahe daran, zu sinken.
Satyrus war noch nicht getauft, und wollte ohne heilige Wegzehrung nicht sterben.
Er bat daher die Gläubigen die das allerheiligste Sakrament bei sich trugen, *) ihm dasselbe zu geben.
Weil er aber noch ungetauft war, und daher den Fronleichnam des Herrn nicht empfangen konnte, band er denselben in ein Tuch, hängte solches um den Hals und warf sich mit großem Vertrauen ins Meer, in der zuversichtlichen Hoffnung, daß er nicht untergehen werde.
Und wirklich erreichte er, der Erste, das Land.
Glücklich wieder nach Mailand zurück gekehrt, empfing er die heilige Taufe und starb in den Armen seiner heiligen Schwester eines seligen Todes.
Sein ganzes Vermögen hinterleiß er seinem Bruder Ambrosius, der es sogleich unter die Armen verteilte.
Bisher haben wir den heiligen Bischof gesehen, wie er überall geistliches und leibliches Elend zu mildern suchte; nun wollen wir ihn sehen, wie er für den heiligen Glauben kämpft und die Freiheit der Kirche Gottes unerschütterlich verteidigt.
Noch war das Heidentum im römischen reiche nicht ausgerottet, in Rom saßen noch viele Heiden von hohem Ansehen im Senate, und bekleideten hohe Staatsämter.
Unter diesen befand sich der berühmte Redner Symachus, früher ein Freund des heiligen Ambrosius.
Dieser überreichte dem Kaiser Valentinian im Namen des Senates ein Gesuch um die Wiederherstellung des Altars der Siegesgöttin und Rückerstattung der Einkünfte der Götzendiener und Bestalinen.
Kaum hatte Ambrosius davon gehört, als er zwei Briefe an den Kaiser richtete und denselben aufforderte, das Begehren der Heiden nicht zu bewilligen, was ihm auch vollständig gelang. —
Bald darauf hatte der Heilige einen gewaltigen Kampf mit den Arianern zu bestehen.
Die Mutter des Kaisers Valentinian II., der arianischen Ketzerei blind ergeben, wollte, die Minderjährigkeit ihres Sohnes benützend, die Arianer, welche durch den heiligen Bischof immer mehr an Einfluß verloren, zu Ansehen bringen.
Sie hatte nichts Geringeres im Sinne, als den bischöflichen Sitz von Mailand mit einem Arianer zu besetzen, und den heiligen Erzbischof zu vertreiben.
Ein lasterhafter Mensch, Auxentius mit Namen, war das Werkzeug ihrer geheimen Pläne; der selbe sollte den bischöflichen Stuhl von Mailand besteigen.
Sie suchte durch Geschenke und Bestechungen Leute zu gewinnen, welche den heiligen Bischof in der Kirche ergreifen und in die Verbannung abführen sollten.
Schon hatte ein gewisser Euthymius einen Wagen sich angeschafft, womit er den heiligen Bischof gefangen fort schleppen wollte, dem er ein ganzes Jahr auflauerte.
Am nämliche Tage aber, wo er sein Vorhaben auszuführen im Begriffe war, wurde er selbst ergriffen, und in dem selben wagen abgeführt.
Bei diesem plötzlichen Unfall erkannte er die Hand Gottes, und bekannte dies selbst dem heiligen Bischof, der ihn tröstete und mit Geld zu seiner traurigen reise versah.
Noch schlimmer erging es zwei Kämmerlingen, die den Heiligen zum Spotte einluden, mit ihnen öffentlich in einer Kirche über das Geheimnis der Menschwerdung des Sohnes Gottes zu disputieren.
der Heilige erschien wirklich in der Kirche, während die Kämmerlinge, seiner lachend, in einem Wagen spazieren fuhren.
Da sie nicht erschienen, bestieg Ambrosius die Kanzel und begann zu reden; in demselben Augenblicke aber kam die Nachricht, daß die beiden Spötter aus dem Wagen gestürzt und auf jämmerliche Weise umgekommen seien.
Die gottlose Kaiserin Justina ließ mittlerweile nicht nach, ihre Pläne zu verfolgen.
Als im Jahre 385 das Osterfest heran nahte, wurde auf ihrem Betrieb dem heil. Bischof ein Befehl zugesandt, im Pallaste des Kaisers, den Justina ganz auf ihre Seite gebracht hatte, zu erscheinen, und dort wurde er aufgefordert, die Kirche Portiana, welche außerhalb der Stadt war, den Arianern zur Feier ihres Gottesdienstes auszuliefern, widrigenfalls Marter und Tod sein Los sei.
Ambrosius weigerte sich aber standhaft, in das ungerechte Begehren zu willigen. Unterdessen erfuhr das katholische Volk, das damals mit unerschütterlicher Liebe an seinem heiligen Glauben und seinen heiligen Oberhirten hing, daß der Heilige Bischof im Pallaste des Kaisers habe erscheinen müssen.
Sogleich strömte es in Schaaren herbei, und umringte den Palast.
Man sandte einen Offizier mit Soldaten ab, um es zu zerstreuen.
Doch vergeblich; Alle riefen mit lauter Stimme, sie seien bereit für ihren Glauben zu sterben.
Da war denen im Palaste bange; sie baten Ambrosius, das Volk zu besänftigen. Der tat es, und sogleich ging das Volk ruhig nach Hause.
Nach einiger Zeit, da der heilige Bischof eben in der Kirche Portiana sich befand, erschienen Gewaltige und Feldoberste vor ihm, die Übergabe der Kirche von ihm zu fordern.
Sie behaupteten (wahre Schmeichelknechte!), der Kaiser übe nur sein recht; denn Alles sei des Kaisers; —
Ambrosius antwortete ihnen:
„Verlangte der Kaiser, was mein ist, mein Landgut, mein Geld, ich würde es ihm nicht verweigern, wie wohl Alles, was ich habe, den Armen gehört.
Was aber Gott angehört, darauf hat der Kaiser kein Recht.
Will man mein Erbe? so mag er es hinnehmen; — meinen Leib? ich selbst will entgegen kommen.
Wollt ihr mich in Bande legen? mich zum Tode führen? Darüber wäre ich hoch erfreut.
Ich will die Alltäre nicht umfangen, um mein Leben zu retten; lieber will ich selbst für die Atäre mich opfern.!”
Also sprach der heilige Bischof, denn er wußte, daß man bewaffnete gesandt hatte, der Kirche sich zu bemächtigen.
Plötzlich traten Feldoberste mit Soldaten in die Kirche.
Bei ihrem Eintritte war Ambrosius von Entsetzen ergriffen, denn er fürchtete, es würde Blut vergossen werden, und ein Gemetzel entstehen, das den Untergang der Stadt nach sich ziehen könnte.
Da nun die Befehlshaber in ihn drangen, das Volk in Ruhe zu erhalten, gab er ihnen zur Antwort:
„Ich werde das Volk n icht aufregen; aber es zu stillen, dies steht bei Gott allein!”
Nun verleißen die Krieger die Kirche wieder, da alle ihre Versuche, sie zu besitzen, an der Festigkeit des heiligen Bischofs scheiterten.
Desto erboster aber wurde die Kaiserin Justina und ihr arianischer Anhang.
Einige Tage danach, als das gläubige Volk in der Kirche versammelt war, wurden plötzlich die Tore mit Soldaten besetzt und es erschienen Diener des kaiserlichen Palastes, um Alles zum feierlichen Gottesdienst für die Ketzer darin zu bereiten, den Auxentius ihr angeblicher Bischof, halten wollte. —
Ambrosius befand sich gerade in der Kirche Portiana, als er Nachricht hiervon erhielt.
Sogleich sandte er Priester dahin, welche den Soldaten unter Androhung des Kirchenbannes befehlen mußten nach Hause zu gehen.
Die Soldaten, meistenteils Katholiken, gehorchten, und kamen beinahe alle in die alte Kirche, wo Ambrosius sich befand.
Ihre plötzliche Erscheinung erregte Entsetzen unter dem versammelten Volke; doch die Soldaten beruhigten sie, und sagten, sie seien gekommen, nicht um zu streiten, sondern mit ihnen zu beten.
Da ward den Arianern bange, und sie getrauten sich für diesmal nicht, ihre Pläne auszuführen.
Ambrosius aber durchschaute ihre Arglist, blieb bis zum grünen Donnerstage in der Kirche, die von Soldaten umgeben war, und hielt dem Volke, das treu bei ihm aushielt, mehrere rührende Predigten, in denen er auf baldige Erlösung von den Drangsalen hin deutete.
Und wirklich wurden die Soldaten zurückgezogen und die Verfolgung nahm in den letzten Tagen der heiligen Woche ein Ende.
Mit dem Beginn der Fastenzeit des Jahres 386 aber brach die Verfolgung mit erneuter Wut aus.
Die Kaiserin Justina verlangte abermals die Auslieferung der Kirche Portiana.
Ambrosius aber antwortete:
„Nabot wollte das Erbe seiner Väter (der Jezabel) nicht übergeben; und ich sollte das Erbe Jesu Christi ausliefern? Da sei Gott vor!”
Nun wurde ihm der Befehl des Kaisers zugesendet, die Stadt zu verlassen.
Ambrosius aber, der sah, daß mit seiner Entfernung offenbar der Verlust der Kirche verbunden sei, blieb und begab sich in die Kirche Portiana, wo sich bereits eine große Menge braver Katholiken versammelt hatte.
Plötzlich erschienen Scharen von Soldaten, welche die Kirche umringten, und die zuvor Jedermann hineinließen, der in dieselbe gehen wollte, aber den strengen Befehl hatten, Niemanden herauszulassen.
Es brachte also das Volk mehrere tage und Nächte mit seinem heiligen Oberhirten in der Kirche zu. *2)
Ambrosius tröstete und erhob das betrübte Volk durch mehrere herrliche Predigten, in denen er unter anderem sagte:
„Wir geben dem Kaiser, was des Kaisers ist. Die Abgabe gebührt dem Kaiser; die Kirche gehört Gott an. Niemand kann sagen, es gebe sich hierin ein Mangel an Ehrfurcht kund, die dem Kaiser gebührt.
Kann man ihn mehr ehren, als wenn man ihn einen Sohn der Kirche nennt?
Der Kaiser ist in der Kirche, nicht über der Kirche!”
Um das Volk in diesen Tagen der Prüfung in der Kirche auf gottselige Weise zu beschäftigen, ließ er dasselbe Tag und Nacht Hymnen, die er selbst dichtete, und Psalmen abwechselnd singen; auch soll der schöne Lobgesang
„Te Deum Laudamus” „Herr, Gott, dich loben wir” von ihm Verfaßt, und bei dieser Gelegenheit zum Erstenmale gesungen worden sein.
Diese Loblieder des heiligen Ambrosius erhielten sich bis auf den heutigen Tag, und noch immer singt dieselben die Kirche in ihren Tagzeiten.
So verharrte der heilige Bischof mehrere tage mit dem Volke in der Kirche, bis endlich die Soldaten ermüdet abzogen.
Nun aber ging die Kaiserin in ihrer Wut gegen den Heiligen so weit, dasß sie ihm nach dem leben strebte.
Eines Tages trat ein Mensch mit gezücktem Schwerte in das Zimmer des Bischofs, um ihn zu ermorden.
In dem Augenblicke aber, als er den tödlichen Streich führen wollte, erstarrte ihm plötzlich der Arm. Da bekannte er reumüthig, daß ihn die Kaiserin zum Morde gedrungen, worauf der Heilige betete und die erstarrte Hand des Meuchelmörders heilte. &mdash
Bald nach dieser Tat fand endlich das einmütige Gebet des Hirten und der Herde um den Frieden der Kirche Erhörung, und Gott belohnte die Treue und Standhaftigkeit seines Dieners durch große Wunder.
Es fand der Heilige durch Gott erleuchtet, die Gebeine der heil. Märtyrer Gervasius und Protasius.
Ein Blinder erhielt durch Berührung derselben das Augenlicht, viele Kranke wurden geheilt, und ein Arianer, der die heiligen Märtyrer lästerte, wurde auf der Stelle von einem bösen Geiste besessen, und bekannte laut, daß alle, welche gegen diese heiligen Märtyrer sprächen, und die heilige Dreieinigkeit läugneten, wie Ambrosius sie lehre, also gepeinigt würden, wie er selbst.
Die Arianer ertränkten den Unglücklichen, wagten es aber jetzt nicht mehr, den heiligen Bischof zu verfolgen.
Dieser benützte die zeit der Ruhe, um eine Auslegung des heiligen Evangeliums Lukas zu verfassen, und erlebte die Freude, am 25. April des Jahres 386 den heiligen Augustin mit seinem Freunde Alypius zu taufen.
Mittlerweile hat auch Gott die Strafrute für die Kaiserin Justina und ihren Sohn Valentinian bereitet.
Kaiser Maximus, welcher zu Trier residierte, hatte, unter dem Vorwande, die verfolgten Katholiken zu beschützten, beschlossen, Italien mit Krieg zu überziehen.
Justinia und Valentinian zitterten; sie hatten kein Kriegsheer, um den gefürchteten Gegner zu bewältigen.
Da nahmen sie in ihrer Angst ihre Zuflucht zu Ambrosius, und dieser, dessen sanftes Herz keine Rachsucht kannte, vergaß alle Drangsale und Verfolgung, die man ihm zugefügt und ging ihm Namen des Kaisers als Gesandter zu Maximus, um ihn von seinem Kriegszuge abzuhalten.
Allein der Heilige fand bei diesem Empörer kein Gehör.
Er warnte daher Valentinian und seine Mutter, und diese mußten sich flüchten, und beim Kaiser Theodosius zu Konstantinopel Hilfe suchen.
Theodosius hielt beiden Flüchtlingen eine freimütige Strafpredigt und sagte ihnen gerade heraus, daß sie ihr Unglück durch die ungerechte Bedrückung der Katholiken und Begünstigung der Arianer verdient hätten, half ihnen aber mit einem mächtigen Kriegsheer, schlug den Maximus, ließ diesen Kaisermörder töten und setzte Valentinian wieder in sein Reich ein.
Dieser hatte sich die Worte des frommen Kaisers Theodosius tief zu Herzen genommen; er kehrte zur katholischen Kirche zurück, wählte den heil. Ambrosius zu seinem Lehrer, ehrte ihn wie seinen Vater, und folgte seinem Rat, wie ein liebender Sohn.
Auch Kaiser Theodosius schloß mit Ambrosius innige Freundschaft, und tat nichts wichtiges ohne dessen Rat.
Diese Hochachtung des großen Kaisers aber hielt den heil Bischof nicht ab, seine Gewalt, die ihm Gott verliehen, gegen ihn auszuüben, als der selbe sich mit Blut befleckte und das Reich in große Angst versetzte.
Die Bewohner der Stadt Thessalonich hatten einen Aufstand erregt, und mehrere Beamte und sogar den Feldobersten des Kaisers ermordet.
Der Kaiser, von Natur aus heftig und leicht zum Zorne zu reizen, schwor der Stadt blutige Rache.
Kaum aber hörte Ambrosius hiervon, als er herbei eilte, den Kaiser um Gnade für die unglückliche Stadt flehte, und sie auch erhielt.
Allein aufgeheizt durch den Hofkanzler Rufinus, brach der Kaiser sein Wort und ließ den geheimen Befehl ergehen, die Bewohner der Stadt mit äußerster Strenge zu bestrafen.
der Befehl wurde auch vollzogen; binnen drei Stunden wurden 7000 Menschen ohne verhör, Schuldige wie Unschuldige, von den Soldaten nieder gemetzelt.
Mittlerweile überkam den Kaiser tiefe Reue ob des gegebenen Befehl, er sendete Eilboten ab, um denselben zu widerrufen; aber die Boten kamen zu spät.
Die blutige tat war vollbracht.
Entsetzen ergriff alle Gemüther bei der Nachricht davon, die tiefste Trauer aber das sanfte Herz des heiligen Ambrosius.
Von seinem Landgute aus, wohin ihn Krankheit und Schmerz über die tat des Kaisers getrieben hatte, schrieb er an Theodosius einen Brief, in welchem er unter anderen sagt:
„Es ist in Thessalonich etwas geschehen, das kein Beispiel hat; eine Sache, vor welcher ich dich als vor einer entsetzlichen tat mit so vielen Bitten gewarnt hatte; ja geschehen ist dort, was du selbst — da du deinen Befehl leider zu spät widerriefest — als eine grausame Tat erkanntest. — Ich beschwöre dich nun, sei ernstlich bedacht, dein Verbrechen durch öffentliche Buße zu sühnen.”
Nun führt er dem Kaiser das Beispiel der Könige vor Augen, welche durch Buße Gott versöhnten, zumal Davids; und stellt ihm vor, er dürfe sich nicht schämen, zu tun, was dieser königliche Prophet, der Stammvater Christi dem Fleische nach, getan habe.
Dann fährt er fort:
„Meine Absicht, wenn ich dir schreibe, ist keine andere, als durch das Beispiel dieses heiligen Königs dich anzueifern, diese Sünde von deinem Reiche hinwegzunehmen; und hinwegnehmen wirst du sie dadurch, daß du dich demürigst vor Gott.
Die Sünde wird durch Tränen getilgt. Kein Engel, kein Erzengel kann solch dir sonst erlassen.
Der Herr verzeiht nur denen, welche Buße tun. Dazu rate ich dir; darum bitte ich dich; dazu ermahne und belehre ich dich.
Wie siegreich du auch in den Schlachten warst, wie großes Lob du auch in allem Übrigen verdienst, war doch Güte immer die Krone deiner Tugenden.
Der böse Geist hat dich um diese edelste deiner Tugenden beneidet; überwinde ihn, solange du noch Zeit und Mittel dazu hast.
Siehe, nicht darbringen darf ich Gott das Opfer, wenn du demselben beiwohnen willst.
Denn was unerlaubt ist, wenn das Blut auch nur eines Unschuldigen vergossen ward, wie sollte dies erlaubt sein, nachdem das Blut so vieler Unschuldiger floß?..
Ich liebe dich, ja innig liebe ich dich und flehe zu Gott für dich.
Glaubst du dies, so ergib dich denn, und erkenne die Wahrheit meiner Worte; glaubst du es aber nicht, so deute es mir nicht übel, wenn ich Gott den Vorzug gebe”
Der Kaiser, dessen Hände mit unschuldigem Blute befleckt waren, durfte also nach der damaligen Kirchenzucht nicht eher beim heiligsten Opfer erscheinen und seine Opfergabe darbringen, als bis er öffentliche Buße getan hatte.
Dies tat ihm der heilige Bischof in seinem Briefe mit der schonendsten Milde kund; allein so ergeben auch sonst der Kaiser Theodosius der Kirche war, so hielt er sich doch viel zu erhaben, als daß er öffentlich Buße tun wollte.
Er erschien also mit seinem Gefolge in der Kirche, als eben Ambrosius sich anschickte, das heiligste Opfer zu feiern.
Kaum hatte der heilige Bischof davon gehört, als er, vom heiligen Eifer erfüllt, dem Kaiser in der Vorhalle entgegen trat, und mit apostolischem Freimut sprach er zu ihm:
„Wie? willst du den heiligen Boden mit deinen Füßen betreten? wie? es wagen, Hände zu erheben, die noch vom Blute triefen, das du ungerecht vergossen, und in solche Hände den Leib des Herrn nehmen?
Wie? auch willst du deinen Mund mit dem kostbarsten Blute benetzen, der du so viel unschuldiges Blut vergossen hast? —
Entferne dich also von hier und wage es nicht, Frevel auf Frevel zu häufen! Nimm an das Band, das kraft des Ausspruches des Herrn im Himmel dich bindet; ein Band, das die Macht hat, deine Seele zu heilen, und abermals dich gesund zu machen.”
Der Kaiser, durch diese Anrede des heiligen Bischofs erschüttert, konnte lange kein Wort hervor bringen.
Endlich führte er zu seiner Entschuldigung das Beispiel des Königs David an, der sich ebenfalls schwer versündigt habe.
Aber der heilige Bischof gab ihm sogleich zur Antwort:
Hast du David nachgeahmt in der Sünde, so ahme ihm auch nach in der Buße!
Diese feurigen Worte drangen tief in das Herz des Kaisers.
Mit Tränen in den Augen kehrte er zurück, unterwarf sich demütig dem öffentlichen Kirchenbann, tat ernstliche Buße acht Monate lang unter Seufzern und Tränen, und betrat in dieser Zeit die Kirche nicht mehr, so sehr er sich auch sehnte, dem heiligsten Opfer wieder beizuwohnen. —
Es kam das Weihnachtsfest.
Mit tiefer Wehmut gedachte der Kaiser dieses hohen schönen Festes; bittere Tränen traten ihm in die Augen.
So traf ihn der Kanzler Rufinus, und befragte ihn der Ursache seiner Traurigkeit.
Theodosius antwortete unter tiefen Seufzern:
„Ach, an diesem gnadenreichen Feste, wo sogar Bettlern und Sklaven der Tempel des Herrn offen steht, sind die Pforten des selben mir verschlossen.”
Rufinus suchte ihn zu beruhigen; aber Theodosius vergoß noch reichlichere Tränen und sprach:
O Rufinus! wie wenig kennst du mein inneres Leiden! Ich seufze und weine über meine Ausschließung von der Kirche; denn mit ihren Pforten sind auch die Pforten des Himmels mir verschlossen, da der Herr spricht:
„Was immer ihr blinden werdet auf Erden, das wird auch gebunden im Himmel!”
Rufinus erwiderte: „Wenn es dir gut dünkt, will ich zum Erzbischofe gehen und ihn bereden, daß er dich vom Kirchenbanne löse!”
Ach! antwortete Theodosius, vergeblich wirst du ihn bitten. Ich erkenne allerdings die Gerechtigkeit seines Ausspruchs. Nimmer wirst du einen Ambrosius verleiten können, das Gesetz Gottes zu verletzen!
Der Kaiser hatte recht; denn als Rufinus wirklich zu Ambrosius sich begab, um ihn zu bereden, den Kaiser vom Banne zu lösen, und als dieser hörte, daß der Kaiser bereits auf dem Wege zur Kirche sei, sprach der heilige Bischof mit hohem Ernste:
„Ich erkläre dir, daß ich den Eintritt in die Vorhalle ihm verweigern werde.
Will der Kaiser als ein Tyrann handeln, so bin ich zu jedem Tode bereit!”
Und als der Kaiser dennoch es wagte, der Kirche zu nahen und in ein Nebengebäude zu treten, wo der Erzbischof solche, die irgend ein Anliegen hatten, anzuhören pflegte, trat ihm Ambrosius entgegen und sprach:
„Wie, du kommst hierher, dem heiligen Gesetze Gottes Trotz zu bieten? ”
„Ich ehre, erwiderte Theodosius, die heiligen Satzungen der Kirche und verlange keineswegs mit starrsinnigem Herzen in die heilige Stätte zu dringen! Ich bitte dich nur, von meinen Banden mich zu lösen und die Türe nicht zu verschließem, die der Herr Allen geöffnet hat, die da Buße tun!”
Da fragte ihn der Heilige:
„Was für Buße hast du denn getan? welche Mittel gegen deine so schwer zu heilenden Wunden angewendet? ”
Theodosius erwiderte: „Dir steht es zu, die Heilmittel vorzuschreiben und sie zu bereiten; mir aber, die selben anzuwenden!”
Nun ließ der heilige Bischof den Kaiser unter den öffentlichen Büßern Platz nehmen.
Hingestreckt auf den Boden, bereute und bekannte er öffentlich seine Sünde.
Oft schlug er an die Brust, und flehte zu Gott unter vielen Tränen um Verzeihung seiner Schuld.
Dieser Anblick rührte das Volk so innig, daß Alle mit ihm weinten und beteten.
Da nun der heilige Ambrosius sah, wie aufrichtig die Zerknirschung des bußfertigen Kaisers war, konnte er vor Rührung nicht mehr länger die Lossprechung ihm vorenthalten.
Bevor er jedoch dieselbe ihm erteilte, legte er ihm ein Gesetz zur Unterschrift vor, kraft dessen alle vom Kaiser gesprochenen Todesurteile erst nach dreißig Tagen vollzogen werden durften.
Durch diese heilsame Anordnung wollte Ambrosius für alle Zukunft verderblichen Übereilungen vorbeugen.
Theodosius unterschrieb das Gesetz, und der heilige Bischof sprach ihn vom Banne los und nahm ihn wieder in die Gemeinschaft der Kirche auf.
Theodosius setzte seine Buße stille fort bis zu seinem Tode und blieb ein Freund des heiligen Bischofs Ambrosius bis zum letzten Schlage seines Herzens.
„Spät erst”, sprach er einst zum Patriarchen Nektarius, „Habe ich den Unterschied zwischen einem Bischof und einem Kaiser kennen gelernt.
Ich war immer von Schmeichlern umgeben und habe vor Kurzem einen Mann gefunden, der mir die Wahrheit gesagt hat. Ich kenne nur Einen, der würdig ist, Bischof zu sein, — den Ambrosius!”
Wie schön ist der Ausspruch dieses großen Kaisers; aber schöner noch und über alles Lob erhaben ist sein Benehmen gegen den heiligen Bischof, der im Gefühle steter hohen Würde, die ihm Gott verliehen, mit edlem Freimuthe jenen Gehorsam von ihm forderte, den nicht bloß ein armer Bettler, sondern auch der König und Kaiser der Kirche zu leisten schuldig ist.
Der Kaiser Theodosius hat diesen Gehorsam geleistet, und hat sich dadurch mehr geehrt als durch den Ruhm seiner übrigen Taten.
Seine Fehltritte erkennen, sie bereuen und büßen, entehrt keinen Menschen, auch wenn er einen Kaisermantel trägt.
Theodosius erkannte, daß auch dem Kaiser, der gesündigt, die Himmelstüre verschlossen bleibt, so lange, bis er der göttlichen Gerechtigkeit genug getan; und Ambrosius wußte, daß ihm Gott die Gewalt zu binden und zu lösen nicht blos für den gemeinen Mann, sondern auch für den Kaiser gegeben habe, und danach handelte er auch mit einer Standhaftigkeit und einem Mute, der seinen Namen unvergeßlich macht.
Gott lohnte auch des großen Kaisers demütige Unterwerfung unter die Gewalt der Kirche, die er immer wie seine Mutter ehrte und liebte.
Er unterwarf seinem Scepter das Morgen- und Abendland und verlieh ihm den Ruhm, der Herrschaft des Götzendienstes in seinem Reiche ein Ende zu machen. —
Die Heiden bildeten nämlich noch eine mächtige Partei im Römerreiche.
Sie hatten sich bisher vergeblich bemüht, den Götzendienst wieder zur Herrschaft zu bringen.
Da gelang es ihnen, an die Stelle des Valentinian, den Arbogast, ein Heide und der Oberste der Garden, ermordet hatte, den schwachen Eugenius auf den kaiserlichen Thron des Abendlandes zu erheben.
Dieser, obwohl ein Christ, begünstigte die Heiden, und gestattete ihnen die Standbilder ihrer Götter wieder aufzustellen.
Schon war die Gefahr vorhanden, daß das Christentum in Ober-Italien dem scheuslichen Götzendienste unterliegen sollte.
Doch Ambrosius wankte nicht, er erhob im Vertrauen auf die göttliche Hilfe seine Stimme, richtete die niedergebeugten Christen auf, und verkündete ihnen mit Gewißheit den Sieg des Kreuzes.
Und er täuschte sich nicht.
Sein Freund, Kaiser Theodosius, nahm sich um die bedrängte heilige Kirche an.
Er sammelte ein Kriegsheer, und schlug das dreimal stärkere Heer der Heiden bis zur Vernichtung.
Unter dem Jauchzen der Christen zog der Kaiser, wie es Ambrosius vorhergesagt, in Mailand ein.
Als der heilige Bischof, der bereits ein feierliches Dankamt für den erfochtenen Sieg gehalten hatte, mit dem Kaiser zusammen kam, fiel er ihm zu Füßen, und flehte des Himmels reichsten Segen über den frommen Kaiser herab.
Der Kaiser, beschämt von der Demut des Heiligen, fiel nun gleichfalls zu den Füßen des selben auf die Knie, schrieb seinen Sieg seinem Gebete zu, und beschwor ihn, das Heil seiner Seele ebenso von Gott zu erflehen, wie er ihm den Sieg über die Feinde erfleht habe.
Doch nicht lange erfreuten sich die beiden gottbegeisterten Männer des freundschaftlichen Umganges und der frommen Unterredungen, welche nur auf das Wohl der heiligen Religion abzielten.
nach einiger Zeit erkrankte der Kaiser Theodosius und hatte das Glück, in den Armen seines heiligen Freundes Ambrosius zu sterben.
Mit dem Tode seines kaiserlichen Freundes sah auch der heilige Bischof sein Ende heran nahen; aber bis zur letzten Stunde blieb er der eifrige Arbeiter und treue Wächter im Weinberge des Herrn.
Bei jeder Gelegenheit verteidigte er die heiligen Rechte der Kirche.
Im Jahre 396 gab der Kaiser Honorius, des Theodosius Sohn und Nachfolger, dem Volke das Schauspiel von Kampfspielen mit wilden Tieren.
Ein Verbrecher, mit Namen Ereskonis, sollte mit den wilden Tieren kämpfen.
Dieser aber hatte sich in eine Kirche geflüchtet und den Altar umfangen.
Soldaten eilten in die Kirche, rissen den Einbrecher , ungeachtet des Gesetzes, welches solches strenge verbot, vom Altare weg und schleppten ihn fort.
Kaum hatte Ambrosius davon gehört, so eilte er herbei und stellte sich zwischen die Soldaten und den Unglücklichen, teils um das Vorrecht der Kirche zu wahren, teils dem Verbrecher das Leben zu retten.
Die Soldaten aber brauchten Gewalt und rissen den Verbrecher vor den Augen des heiligen Bischofs in das Amphitheater, wo Leoparden auf ihn losgelassen wurden.
Die wilden Tiere jedoch schonten seiner, fielen aber dagegen über die Soldaten her und zerfleischten sie.
So strafte Gott selbst ihren Ungehorsam gegen den heiligen Bischof.
Um eben diese Zeit entdeckte Ambrosius in einem Garten vor Mailand die heiligen Reliquien der Märtyrer Nazarius und Celsus, und übersetzte sie feierlich in die Apostelkirche.
Bei der Übertragung befreite der Heilige einen Besessenen, den der Teufel in Gegenwart der heiligen Gebeine quälte.
Ambrosius befahl ihm im Namen Jesu Christi, auszufahren, und er entwich sogleich auf diesen Befehl.
Einige Zeit vor seinem Tode übergab er dem bösen Geiste einen Mann, der falsche Briefschaften ausstellte.
Sogleich bemächtigte sich des selben der böse Geist, und zerriss ihn in Stücke.
Entsetzen ergriff alle durch dies unerhörte Wunder.
So verherrlichte Gott noch vor seinem Ende seinen heiligen Diener, der nur für seine Ehre arbeitete und kämpfte.
Es kam nun der Frühling des Jahres 397, von welcher Zeit an der heilige Bischof zum Leidwesen der ganzen Stadt schwer erkrankte.
Er erkannte wohl die Nähe seines Todes, sagte aber dennoch vorher, er werde noch bis Ostern leben.
In einem geräumigen Zimmer lag er auf seinem Krankenbette, entweder betend oder seinem Geheimschreiber die Erklärung des 43. Psalmes diktirend.
Dieser sah einmal, wie auf dem Haupte des Heiligen eine Flamme in Gestalt eines kleinen Schildes loderte, von deren Glanze das Antlitz des Heiligen weiß wie Schnee wurde.
Von diesem Augenblicke an hörte der Heilige mit der Erklärung des Psalmes auf; das Gebet war jetzt seine einzige Beschäftigung.
Unter demselben erschien ihm eines Tages der göttliche Erlöser, der sich ihm mit lächelndem Angesichte nahte.
Immer näher kam die Stunde seiner Auflösung.
Die ganze Stadt, ja ganz Italien versank in Trauer darüber.
Stilicho, der erste Minister des Kaisers Honorius, ordnete eigens Männer ab, sie ihn bitten sollten, er möge doch von Gott die Verlängerung seines Lebens erflehen.
Der Heilige aber antwortete:
„Ich habe so unter euch gelebt, daß ich mich nicht schämen dürfte, noch einige Zeit zu leben; doch fürchte ich auch den Tod nicht; denn wir haben einen guten Herrn!”
Der liebe Gott wollte aber seinen treuen Diener bei sich haben, und erhörte des Volkes Flehen um längeres Leben des theueren Oberhirten nicht.
—
Es nahte der Karfreitag des Jahres 397.
Der heilige Honoratus, Bischof von Vercelli, den Ambrosius geweiht hatte, wachte schon mehrere Nächte bei dem Kranken.
Ermüdet und schläfrig stieg er in eine kleine Kammer ober dem Gemache des heiligen Bischofs hinauf, um dort ein wenig zu ruhen.
Eben war er eingeschlafen, als er plötzlich eine Stimme vernahm, welche rief:
„Steh` auf und eile; nun geht er von hinnen!”
Honoratus eilte sogleich, und brachte den Fronleichnam des Herrn, nach dessen Empfang der Heilige sanft und selig seinen Geist aufgab.
Er hatte von fünf Uhr Nachmittag bis in die Nacht mit kreuzweise übereinander gelegten Händen gebetet.
Sein Tod ereignete sich am 4. April des Jahres 397 im siebenundfünfzigsten Lebensjahre.
Bei seiner Bestattung eilten selbst Juden und Heiden herbei, ihm die letzte Ehre zu erweisen, denn allen hatte er Gutes getan.
Das Morgen- und Abenland trauerte über den Verlust dieses heiligen Bischofs, der ein Hirt gewesen, wie wenige, ein Apostel des Herrn in Wort und Tat.
Die Kirche ehrt ihn als einen heiligen Lehrer, und ein Konzilium von Rom i Jahre 494 unter Papst Gelasius zählte seine zahlreichen Schriften unter diejenigen, welche die Kirche zur Regel ihres Glaubens erwählte.
Der heilige Ambrosius wird abgebildet im bischöflichen Ornate mit einer Geisel in der Hand, wegen der strengen Kirchenzucht, welche er übte, oder auch einen Bienenkorb neben sich.
*1)
In den ersten Zeiten des Christentums war es der Brauch, daß die Gläubigen das hochheilige Sakrament, wenn sie gefährliche Reisen machten, in reine Leinwand gehüllt, bei sich trugen, um sich in Todesgefahr damit zu versehen.
*2)
Die Kirchen zu jener Zeit waren mit einer Ringmauer umgeben, innerhalb welcher mehrere Gebäude für Priester und Diener der Kirche, für Aufbewahrung der kirchlichen Gerätschaften, für Vorräte an die Armen und anderen ähnlichen Dingen standen. Deshalb befanden sich auch die Kirchen meist ausßerhalb der Stadt.
Quelle: Legende von den lieben Heiligen Gottes, nach den besten Quellen neu bearbeitet und herausgegeben von Georg Ott, Stadtpfarrer in Abendsberg (1863)
Bild: Holzstich aus dem Buch Legende von den lieben Heiligen Gottes (1863)
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