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Der heilige Corbinian, Bischof von Freising
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Der heilige Corbinian, Bischof von Freising -

  • Festtag, Gedenktag ist der 9. September
  • * in Frankreich
  • am 9. September 730

Die Missionstätigkeit des heiligen Rupert und seiner Gefährten erstreckte sich zunächst über den oberen Teil Bojoariens, der dem Gebirge näher liegt. Alle anderen Gebiete waren noch ohne Oberhirten. Jetzt war die Zeit gekommen, in welcher die kirchlichen Angelegenheiten des ganzen Landes geordnet werden sollten. Dies geschah im Verlaufe des achten Jahrhunderts. Der erste Glaubensprediger, der wie der heilige Rupert als Bischof ins Land kam und wie er ein ständiges Bistum gründete, ist der heilige Corbinian.

Dieser Diener Gottes ist gebürtig aus Frankreich. Seine Heimat ist Chartres an dem Fluss Orge, in dem Gebiete von Melun, an der Straße, die von Paris nach Orleans führt. Sein Vater hieß Waldekis, seine Mutter Corbiniana. Noch vor seiner Geburt starb sein Vater, und die Mutter gab dem Kinde den Namen des Vaters. Später aber nannte sie ihn aus besonderer Liebe, die sie zu ihm hatte, Corbinian. Er hatte noch einen Bruder, mit dem Namen Grimbert.

Corbinian zeigte schon als Knabe vortreffliche Anlagen des Geistes und eine ausgezeichnete Neigung zur Gottseligkeit. Durch das Licht der Gnade erleuchtet, erkannte er bald, daß ihm nur die ewige Weisheit Nahrung für seinen Geist, und daß nur die ewige Weisheit Nahrung für seinen Geist, und daß nur die Gottseligkeit seinem Herzen den wahren Frieden geben könne. Er widmete ich darum dem Dienste Gottes, forschte mit unermüdetem Fleiß in den heiligen Christen, hatte seine Freude am Psalmengesang, am Fasten und Wachen und an allen Werken der Selbstverleugnung. Erquickung der Armen und Übung der Gastfreundschaft war sein größter Trost. Mitleidig und teilnehmend von Natur aus, war er unermüdet in Übung der Werke der Barmherzigkeit.

Weil er in der Welt nur Hemmung und Gefahren für das Leben der Gottseligkeit fand, entschloß er sich schon in seiner frühester Jugend, die Eitelkeit der Welt gänzlich zu verlassen und in vollkommener Entsagung und in heiliger Keuschheit als Einsiedler zu leben. Darum erbaute er sich nächst der Kirche des heiligen Germanus in seinem Heimatort eine Zelle und zog sich in diese Zelle zurück. Die Diener seines elterlichen Hauses brachten ihm was unerläßlich notwendig war zum Leben, und empfingen von ihm Unterricht und Belehrung in dem Leben der Gottseligkeit. Sie schloßen sich ihm an, und er war ihr Seelenführer und ihr Vorbild.

Bald kamen viele Leute aus der Umgebung, um von ihm Belehrung und Rat zu empfangen und sich seinem Gebete zu empfehlen. Unter diesen waren es vorzüglich die Armen, denen er mit heiligem Eifer das Evangelium verkündete und in seiner Liebe und Mildherzigkeit reichliche Gaben austeilte. Dies war ihm dadurch möglich geworden, daß die Reichen ihm Geschenke insbesondere die Erstlingsgaben von ihrer Ernte zu trugen und als Opfer brachten. So konnte Corbinian zur Zeit der Weinlese von den geschenkten Trauben ein großes faß Wein keltern. Da ereignete sich einmal etwas Wunderbares, das uns über die strenge Zucht des Heiligen ein Licht verbreitet. Der gärende Wein trieb mit großem Getöse den Spunten aus und hätte nun natürlicher Weise auslaufen müssen. Corbinian war in seiner Zelle und oblag dem nächtlichen Psalmengebete. Er hörte das Getöse und wußte gar wohl, was es bedeutete. Aber dessen ungeachtet beobachtete er das gelobte Stillschweigen und fuhr fort zu beten. Erst nach dem in der Frühe die Lobpsalmen gesungen waren, erzählte er seinen Dienern, was geschehen war. Einer dieser Diener mit dem Namen Enserik begab sich sogleich in den Keller und fand zu seinem größten Erstaunen, daß der Spunten heraus gestoßen und dennoch kein Tropfen Wein heraus gelaufen war. Er zeigte dies dem heiligen Corbinian an; dieser aber befahl allen, das Wunder geheim zu halten.

Eines Tages stahl ihnen ein Dieb das Maultier, das sie zu verschiedenen Arbeiten nötig hatten, und das eben auf den Wiesen weidete. Die Diener waren darüber sehr betrübt. Der Heilige tröstete sie, begab sich ins Gebet und brachte die ganze Nacht im Gebet zu. Erst nachdem er gegen Morgen die Lobpsalmen schon gebetet hatte, gönnte er sich ein wenig Ruhe. Da wurde ihm im Schlafe angekündet, daß der Dieb kommen und das Maultier wieder zurück stellen werde. Sobald er vom Schlummer erwacht war, dankte er Gott und dem heiligen Germanus, rief seine Diener durch das gewohnte Zeichen zusammen und trug ihnen mit aller Strenge auf, den Dieb, wenn er mit dem gestohlenem Maultier ankommen werde freundlich aufzunehmen und sich ja nicht an ihm durch Mißhandlung zu versündigen. Kaum hatte Corbinian diese Mahnung vollendet, kam das Maultier zur offenen Türe der Zelle herein. Wie angeschmiedet saß der Dieb auf dem selben. Voll Angst und Schrecken erwartete er eine schwere Züchtigung. Der Heilige befahl ihm, abzusteigen. Er vermochte es nicht, denn er war ganz erstarrt und bebte vor Angst. Die Diener Corbinians halfen ihm beim absteigen. Auf dem Boden hin gestreckt bekannte er seinen Frevel, bat den Heiligen demütig um Verzeihung und versprach ihm, lieber wolle er des Hungers sterben, als je wieder solch ein Unrecht zu begehen. Der Heilige befahl ihm, aufzustehen und gab ihm noch heilsame Ermahnungen. Jetzt vermochte er, wieder aufstehen, und fühlte sich gesund und kräftig wie vorher. Nun erzählte er, wie er auf das Tier gebannt, die ganze Nacht durch Dick und Dünn, durch Täler und Wälder herumgeführt, in beständiger Todesangst gewesen ist und endlich gegen seinen Willen von dem selben hier her gebracht worden sei. Sein wundes Gesicht und die Beulen an seinen Gliedern bezeugten die Wahrheit seiner Aussage.

Der arme Mensch wurde noch mit Gaben beschenkt, damit er nicht wieder durch Not versucht würde, sich an dem Eigentum anderer zu vergreifen.

Der Ruf des Heiligen verbreitete sich immer mehr. Vornehme und Gemeine kamen zu ihm, um Worte des ewigen Lebens aus seinem Munde zu vernehmen. Selbst der Hausmaier des Königs, Pipin von Heristal, ließ sich durch einen seiner Getreuen dem Gebet des Heiligen empfehlen. Ergraute, ehrwürdige Häupter des Volkes erschienen vor seiner Zelle; andere sendeten ihm Gaben und Geschenke, daß er für sie zu Gott bete. Das alles war ihm eine große Last. Er wollte nur für seinen Gott leben und im Verkehr mit ihm bleiben; er liebte die heilige Armut und das Stillschweigen über alles. Nun mußte er fortwährend den Besuchern zur Rede stehen, sah sich im Besitz vieler Geschenke, und die Austeilung der Almosen raubte ihm einen guten Teil seiner dem Dienste Gottes geweihten Zeit. In solcher Unruhe lebte er volle vierzehn Jahre.

Jetzt faßte e den Entschluß, nach Rom zu wallfahrten und dort nächst den Gräbern der heiligen Apostelfürsten sich einen Winkel aus zu suchen, in dem er ganz allein den Übungen der Gottseligkeit sich widmen könnte. Er trat den Weg dahin mit mehreren Genossen an und eröffnete dem Papst Constantin seines Herzens Verlangen nach Einsamkeit und gänzlicher Losschälung von der Welt.

Der Papst erkannte diese Furcht vor den Gefahren der Welt als eine Frucht gründlicher Selbstkenntnis und aufrichtiger Demut. Das Verlangen des frommen Pilgers nach einem ungestörten Verkehr mit Gott in Gebet und Betrachtungen galt ihm als der sicherste Beweis ausgezeichneter Fortschritte auf dem Wege der Vollkommenheit. Aus der bisherigen Wirksamkeit des treuen Dieners Gottes nahm er ab, welch eine Macht ihm über die Herzen der Menschen gegeben sei. Darum gestatte er nicht, daß ein solches Licht unter den Schöffel gestellt werde, sondern erteilte ihm, der alle Eigenschaften eines gottgefälligen Seelenhirten in sich vereinte, die bischöfliche Weihe, schenkte ihm das Pallium, die Auszeichnung der Erzbischöfe, und sendete ihn wieder nach Frankreich zurück.

Nach seiner Rückkehr in die Heimat begann der Heilige mit neuem Eifer an der Ausbreitung des Reiches Gottes zu arbeiten. Allen verkündete er die Lehre des Heils und ganz besondere Sorgfalt wendete er den Mönchen und den gottgeweihten Jungfrauen zu, um sie auf dem Wege der Vollkommenheit zu fördern.

Während seiner apostolischen Arbeiten wurde er an den Hof des fränkischen Hausmaiers, Pipin von Heristal, eingeladen. Auf seiner Reise dahin, kam er durch eine Stadt, in der man gerade einen Straßenräuber zum Tode führte. Corbinian hatte innigstes Mitleid mit dem armen Sünder. Er bat die Richter, es möchte ihm dieser Verbrecher geschenkt, oder es sollte doch die Vollstreckung des Todesurteils verschoben werden, bis er dessen Begnadigung vom obersten Reichsverwalter erfleht hätte. Aber seine Bitten waren umsonst. Nun bat er, man möchte doch gestatten, daß er mit dem Missetäter allein reden könne. Dies wurde erlaubt. Jetzt näherte sich Corbinian dem Verurteilten und ermahnte ihn, alle Fäulnis und alle Wunden seiner Seele durch eine ganz laute Beicht zu entdecken und alles zu bekennen, was er an bösen Werken, Worten und Gedanken gesündigt hätte. dann ermahnte er ihn, daß er für alle seine Bosheiten aufrichtige Buße tun sollte. Der Verurteilte sprach seinen Entschluß aus, daß er sein Leben ganz ändern und bessern, die Welt verlassen, seine Verbrechen beweinen und vor dem Rückfall sich verwahren werde, wenn ihm noch länger zu leben gegönnt sei. Darauf bezeichnete der Heilige noch dessen Haupt und Brust mit dem Zeichen des Kreuzes, verließ unter Tränen den Unglücklichen und zog eiligst seines Weges weiter.

Erst am Abend des darauf folgenden Tages kam Corbinian am Hof Pipins an. Sogleich warf er sich dem Gewalthaber zu Füßen und bat ihn demütig, er möchte ihm den Leichnam des Verbrechers der gestern gehängt worden war, schenken. Der Hausmaier war durch diese Bitte zu Mitleid gerührt, sendete einige von seinen Dienern mit etlichen Begleitern Corbinians in die bekannte Stadt und gab ihnen schriftliche Vollmacht, den Leichnam des Verbrechers vom Galgen zu lösen und zu bringen. Diese kamen bei Sonnenuntergang des dritten Tages nach Vollstreckung des Urteils an der Richtstätte an und fanden den Unglücklichen noch lebendig am Pfahle hängen. Die Kraft des heiligen Kreuzes, womit ihn der Heilige gekräftigt hatte, war stärker, als die Last seines Körpers, die bei ihm natürlicher Weise hätte den Tod bringen müssen.

Der Name dieses Geretteten ist Adalbert. Der selbe blieb nun fortan in der Umgebung des Heiligen und wurde einer seiner treuesten Jünger. Er lebte noch viele Jahre und starb in hohem Alter eines seligen Todes.

Die Verehrung des Heiligen stieg immer höher. Gläubige und Ungläubige kamen, durch den Ruf von seinen Taten angelockt, zu ihm und erwiesen ihm Ehre. Dies war sein größtes Kreuz. Die gänzlich verlorene Ruhe und Einsamkeit und die ihm dargebotenen Schätze bejammerte er ebenso, wie Geizhalse über den Verlust der selben trauern. Er entschloß sich also, wiederum in seine frühere Einsamkeit bei St. German zurück zu kehren und dort unter dem Schutze des Heiligen Gott zu dienen. Nur einige Geistliche nahm er mit sich, die er durch Ermahnung und Belehrung zu Arbeitern im Weinberge des Herrn heran bildete. Hier blieb er sieben volle Jahre. Allen, die zu ihm kamen, verkündete er das Wort Gottes. So fand er sich bald wieder mitten im Gedränge der Menschen und belastet mit einer ihn fast aufzehrenden Tätigkeit nach Außen.

Ein innerer Drang nach Ruhe bestimmte ihn, zum zweiten Mal diesen Ort seiner segensreichen Wirksamkeit zu verlassen und nach Rom zu reisen um sich die Enthebung von seinem bischöflichen Amte vom Papste zu erbitten, und von ihm die Erlaubnis zu erhalten, als Einsiedler hierfür leben zu dürfen. Diesmal ging er nicht geraden Wegs durch Frankreich nach Italien, sondern wählte, um ohne Aufsehen aus dem Lande zu kommen, den weiteren Weg durch Deutschland. Auf dem ganzen Weg verkündete er überall die Lehre des Heils; denn diese Nation war noch sehr unwissend und erst kurz vorher zum Christentum bekehrt worden.

Damals herrschte ein mächtiger und ritterlicher Herzog mit dem Namen Theodo, über das Land. Er hatte vortreffliche Söhne und ausgezeichnete edle Männer um sich. Sein Ruhm erstreckte sich weit und breit in den Nachbarländern. Er hatte das Land in vier Provinzen eingeteilt, jedem seiner drei Söhne eine Provinz übergeben und eine für sich behalten. Sein ältester Sohn Theobald war damals schon gestorben. Von den anderen zwei Söhnen hatte der eine, mit dem Namen Theodebert das Gebirgsland, das Salzburgische und das Tiroler Gebiet, als seinen Anteil erhalten; der andere mit dem Namen Grimoald hatte seine Residenz in Freising und herrschte über das umliegende Flachland. Theodo selbst residierte bis an sein Ende im Jahre 718 in Regensburg.

Als Theodo von der Ankunft Corbinians in seinem Lande hörte, ließ er ihn freundlich zu sich einladen, bat und beschwor ihn mit demütigen Bitten, er möchte von ihm Ehrengeschenke annehmen und als Bischof in seinem Lande bleiben. Aber Corbinian wies allen Angebotene zurück und zog seines Weges weiter. Der Herzog beschenkte ihn noch mit den zur Winterreise nötigen Mitteln. Diese nahm der Heilige an, und so kam er dann in das Gebiet des Herzogs Grimoald. Auch dieser nahm ihn freundlich auf und erwies ihm große Ehren. Am Hofe und unter allem Volke war große Freude über die Ankunft eines Bischofs im Lande. Der Herzog drang sehr darauf, daß er bleibe, und versprach ihm, den gleichen Anteil mit seinen Söhnen ihm zu geben, wenn er in seinem Gebiet den Bischofssitz aufschlage. Der Heilige verkündete dem Herzog und seinem Volke die Lehre de Heils, ließ sich aber von seinem Vorhaben, nach Rom zu reisen, weder durch Bitten noch durch Versprechungen abhalten. Mit Geschenken vom Herzog bedacht und von dessen Gefolge bis an die Grenzen Italiens begleitet, gelangte der Heilige nach Trient, in das Gebiet des Königs der Longobarden.

Die Leute Grimoalds trugen indessen den Grenzbewohnern Bojoariens auf, sie sollten den heiligen Bischof, wenn er auf seiner Rückkehr von Rom wieder zu ihnen komme, nicht eher weiter ziehen zu lassen, bis sie vom Herzog eine Weisung erhalten hätten. Von diesem Befehl wußte Corbinians nichts. Er erteilte den Begleitern den Segen und entließ sie im Frieden.

Auf dem Wege durch Tirol geschah das Wunder mit dem Bären. Der Heilige hatte seinen Weg durch das Inntal gegen Finstermünz hin und von da nach Meran genommen. Dieses Inntal war das Gebiet der Breonen oder Brenner. Dort gab es noch Waldungen, die man nur durch mehrere Tagesreisen durchwandern konnte. Einst übernachtete der Heilige mit seinem Gefolge im weitem Walde. Alles war fest eingeschlafen. Da kam ein Bär zu ihrem Lager, packte das Saumroß des Heiligen, zerriss es und fraß es zum Teil auf. So fand man es beim Erwachen, und Anserik berichtete es dem heiligen Bischof. Dieser befahl dem Diener: Gehe hin, züchtige den Bären wegen dieser Beschädigung, dann befestige über ihn den Bündel, den das Pferd getragen hatte und führe ihn hier her. Er soll neben den anderen Pferden uns begleiten. Dies geschah. Der Bär versah die Dienste des Saumroßes bis nach Rom. Dort erhielt er seine Freiheit wieder.

In Trient wollte ihm der Statthalter Hufingus ein gar stattliches Pferd, das ihm sehr wohl gefiel, für Geld abkaufen. Der Heilige wollte es ihm nicht geben. Jetzt ließ Hufingus das Pferd durch einen Diener stehlen. dafür traf ihn, wie wir bei der Rückkehr des Heiligen sehen werden eine harte Strafe.

In Pavia wurde er vom Longobarden König Loitprand gar freundlich aufgenommen. Er blieb dort sieben Tage und verkündete den Leuten des Königs das Wort Gottes. Der König empfahl sich beim Abschied dem Gebet des Heiligen und gab ihm noch eine Begleitung mit, die Fürsorge treffen mußte, daß die Reisenden ungefährdet über den Po kamen und bis ins Römergebiet ihnen de Wege weisen sollten. Aber der Anführer dieser Begleitung war ein Schelm. Ihm stach besonders eines der Pferde, das Corbinian dem Papste zum Geschenke bringen wollte, in die Augen. Als der Heilige mit seinem ganzen Gefolge über den Po gesetzt wurde, mußte einer der Diener auf Befehl des Anführers mit diesem Pferd sich davon machen. Der Heilige wußte gar wohl, was geschah, aber er überließ die Sache getrost und voll Zuversicht dem Herrn.

Auf dieser Reise erklärte eines Tages, da man vor der Hitze und Ermüdung ausruhend am Ufer des Flusses eben Stand hielt, der Koch, er habe keinen Speisevorrat außer Fleisch. Es war eben Freitag. Der Heilige erhob seine Augen gen Himmel, erblickte hoch über sich einen Adler und sprach dann zu seinen Begleitern: „Seid getrost, meine Kinder der Herr wird uns wunderbarer Weise durch diesen Adler Fastenspeisen senden.” Indessen verschwand der Adler aus ihren Augen. Bald aber gewahrte der Koch in einiger Entfernung am Ufer des Flusses den König der Vögel, wie er, einen überaus großen Fisch in seinen Krallen haltend, ihn den Kopf zerhackte. Der Koch ging hin, der Adler ließ seine Beute liegen. Der Fisch wurde hergebracht und für sämtliche Wanderer zubereitet. Alle aßen sich satt und priesen Gott für diese wunderbare Fürsorge.

Endlich kam der Heilige mit seinem Gefolge nach Rom. (717.) Nachdem er bei den Gräbern der Apostelfürsten seine Andacht verrichtet hatte, begab er sich zum Papst Gregorius II. warf sich ihm zu Füßen und wollte sein Anliegen ihm vortragen. Der Papst ließ ihn aufstehen und neben sich setzen. Corbinian gehorchte, überreichte dem Statthalter Christi einige Opfergaben und klagte ihm nun, wie er unablässig in der größten Gefahr schwebe, zu Grunde zu gehen, indem er fortwährend Ehre von den Menschen empfange, in vollem Genuss zeitlicher Güter stehe, und wie ihm keine Klostermauer und keine Einsamkeit dagegen eine Verwahrung biete. Dann bat er den Papst, er möchte ihn doch, wie er schon früher darum gebeten hatte, ein Kloster anweisen, oder irgend einen abgelegenen Wald, in dem er als Einsiedler in einer Zelle verborgen leben könne. Denn sonst sei es um die Ruhe und den Frieden seines Herzens geschehen. Nur in gänzlicher Abgeschiedenheit könne er diese Güter wieder gewinnen und bewahren.

Diese Bitte brachte der Heilige so eindringlich und mit so vielen Gründen vor, daß der Papst es nicht wagte, für sich selbst eine Entscheidung zu geben. Er berief mehrere Bischöfe zusammen und gab ihnen diese Angelegenheit zu beraten, als Aufgabe. Die versammelten Väter erklärten gemeinsam, Corbinian müßte wieder zu seinem Amt zurück kehren; denn er besitze alle Eigenschaften, welche die heiligen Christen von einem Bischof fordern. Er wurde in die Versammlung einberufen und vernahm diese Tendenz von der ganzen Versammlung. Der Papst erteilte ihm noch den apostolischen Segen. Corbinian verließ Rom in großer Betrübnis über die aufs Neue ihm auferlegte Last.

Als Corbinian auf seiner Rückseite nach Pavia kam, begrub man eben die Leiche jenes Hof bediensteten, der den Heiligen begleitet und ihm das Pferd entwendet hatte. Der selbe hatte sein Verbrechen offen gestanden und seine Krankheit und den Tod als Strafe dafür bekommen. Während Corbinian in der Residenz des Königs, von dem er außerordentlich freundliche aufgenommen wurde, zu Tisch saß, kam das Weib des Verstorbenen, warf sich dem Heiligen zu Füßen, bat ihn um Verzeihung wegen des Unrechts, das ihr Mann begangen, und um dessen Willen er ihr Abbitte und Genugtuung zu leisten aufgetragen hatte. Zugleich ließ sie das gestohlene Pferd zurück geben und bat inständig, der Heilige möchte zweihundert Gulden als Reuegeld annehmen und für die Seele des Verstorbenen beten. Auch der König, der durch diesen Vorgang außerordentlich gerührt wurde, warf sich dem Bischof zu Füßen und bat ihn, dieses Geld dem ausdrücklichen Willen des Verstorbenen gemäß als ein Zeichen seiner aufrichtigen Buße anzunehmen. Corbinian gab nach, bat den König, aufzustehen, und legte bei ihm noch Fürbitte für die Hinterlassenen des Büßers ein, man möge ihnen ja doch nicht entgelten lassen, was in so vollkommener Weise gebüßt worden sei. Der König versprach ihm, seine Bitte zu gewähren. Die Witwe wurde im Frieden entlassen, und Corbinian trat, mit königlichen Geschenken überhäuft, den Rückweg an.

In der Nähe des Stadttores von Trient kam dem Heiligen jener Statthalter Hufingus entgegen, der ihm auf der Hinreise ein Pferd hatte stehlen lassen. Der selbe warf sich dem Bischof reumütig zu Füßen, bat um Verzeihung seines Verbrechens, bot ihm zwei von seinen Pferden und zweihundert Gulden als Entschädigung an und erzählte ihm, wie die rächende Hand Gottes wegen dieses Frevels ihn schwer getroffen habe. Zwei und Vierzig Stücke seiner Habe seien an einer verheerenden Seuche zu Grunde gegangen. So sei er für das sündhafte Verlangen, durch das gestohlene Pferd eine edlere Rasse zu bekommen, gestraft worden. Der Heilige verzieh ihm. Hufingus gab ihm noch das Geleite bis an die Grenzen von Bojoarien und kehrte dann ausgesöhnt und beruhigt zurück.

In Mais angelangt wurde der heilige Bischof in seiner Weiterreise aufgehalten. Es müßte ein nach Freising an den Herzog Grimoald abgesendet er Bote noch abgewartet werden. Corbinian kannte den Grund dieser Verzögerung nicht. Er sah sie als eine Fügung Gottes an, besuchte gar oft das Grab des heiligen Bischofs Valentin, wandelte häufig in den umliegenden Gegenden umher und hatte große Freude an diesen fruchtbaren Äckern und prachtvollen Wäldern. Besonders gefiel ihm ein ganz abgelegener Ort zwischen zwei Bächlein, der den Namen Camina hatte. Es ist dies das heutige Kains bei Riffinn, am Eingange in`s Passeiertal. Hier wünschte er für sich eine einsame Zelle zu bauen, im Falle er den Platz durch Kauf an sich bringen könnte. Er hatte für dies Plätzchen vorzüglich darum eine solche Vorliebe, weil es in der Nähe des Kirchleins lag, das dem heiligen Valentin geweiht war. Indessen kamen die Abgesandten vom Herzog Grimoald aus Freising in Mais an. Sie baten den heiligen Bischof ehrerbietigst, er möchte mit ihnen nach Freising zurück kehren, bemerkten aber zugleich auch, sie hätten vom Herzog den Auftrag erhalten, ihn im Falle der Weigerung mit Gewalt zu ihm zu bringen. Der Heilige ließ all seine Habe in Mais zurück und zog in großer Betrübnis mit den Abgesandten von da weiter.

Noch ehe die Reisenden nach Freising kamen, erfuhr der heilige Bischof, daß der Herzog mit der Witwe seines verstorbenen Bruders Theobald in einer kirchlich verbotenen Ehe lebe. Diese Witwe hieß Piltrudis und war gebürtig aus Frankreich. Corbinian ließ dem Herzog sagen, er werde nicht vor ihm erscheinen, bis er dieses Weib aus seinem Hause entfernt habe. Zugleich ließ er ihn erinnern an das Wort des Apostels: Weder Ehebrecher noch Hurer werden das Reich Gottes besitzen. Vierzig Tage blieb er vom Hof entfernt. Unablässig ließ er durch seine Priester dem Herzog das Gericht und die schwere Verantwortung vor dem ewigen Richter vor Augen stellen.

Endlich versprach der Herzog, das Weib seines Bruders zu entlassen. Jetzt nahte sich ihnen der Diener Gottes. Beider traten als Büßende vor ihn, warfen sich ihm zu Füßen und bekannten reumütig ihre große Schuld. Der Heilige legte ihnen reichliche Almosen, strenge Fasten und längere Gebetsübungen als Buße auf und warnte sie ernstlich vor dem Rückfall in die Sünde. Dann erst nahm der Bischof Teil an dem Mahle des Herzogs.

Der Herzog offenbarte seine Verehrung gegen den heiligen Bischof gleich Anfangs dadurch, daß er ihm die so lieb gewonnene Einsamkeit in Mais durch Kauf zu verschaffen suchte und persönlich mit ihm diesen Erwerb in Besitz nahm. Das Erworbene wurde als Eigentum der Kirche in Freising erklärt. Corbinian erbaute dort eine Basilika und weihte sie zu Ehren der heiligen Bischöfe Valentin und Zeno ein. Zugleich legte er um die Kirche herum Weinberge und Obstgärten an und setzte sich dadurch in den Stand, den Armen reichliche Hilfe zu spenden. Dieses Eigentum der Kirche zu Freising in Mais wurde dann noch vergrößert durch das Gut einer Witwe, Namens Fauste, das der Heilige mittels der von Pipin ihm zugekommenen Spenden bezahlte.

In Freising schlug der Heilige zuerst seine Wohnung auf dem Berge auf, wo schon eine Kirche stand. Dann erst errichtete er auf dem Gipfel jenes Hügels, wo er die Kirche zu Ehren des heiligen Stephanus gebaut hatte, sich eine zweite Wohnung. Von diesem Bau erhielt der Berg, der bisher Tetmons geheißen hatte, den Namen Weihenstephan. Neben dieser Kirche gründete er ein Kloster für seine Geistlichen, in dem sie nach der Regel des heiligen Benedikt zusammen lebten.

Auf dem Berge in Freising stand schon eine der Mutter Gottes geweihte Kirche. Einige wollen, die selbe stamme aus den Zeiten des heiligen Bischofs und Märtyrers Maximilian. Diese Kirche wurde jetzt die Kathedrale des Bischofs und blieb es bis auf den heutigen Tag.

Neben dieser Kathedrale erbaute Corbinian noch eine dem heiligen Benedikt geweihte Kirche und an die selbe eine Wohnung für sich und seine Geistlichen.

Die Bekehrung der Piltrudis war entweder nicht ernstlich gemeint, oder sie hatte bald wieder dem Bösen sich zu gewendet. Ein besonderer Anlaß gab ihr Gelegenheit, ihren Haß gegen den Mann Gottes zu offenbaren. Dieser hatte einst, vom Herzog zur Tafel geladen, vor dem Essen die Speisen gesegnet. Der Herzog nahm von diesen gesegneten Speisen und gab sie seinem Hunde. Darüber war der Heilige so entrüstet, daß er augenblicklich aufstand, den Tisch umwarf und erklärte, ein Haus, in dem man den Segen des Herrn so verachte, werde er nie mehr betreten. Piltrudis erklärte diese Handlungsweise Corbinians als eine Beleidigung des Herzogs, die den Tod verdiene. Aber der Herzog erkannte seinen Fehler, bat den Bischof um Verzeihung und ließ ihn nicht mehr aus seiner Residenz, aus Furcht, er möchte aufs Neue wieder das Land verlassen. Der Bischof war mit ihm ausgesöhnt und aß wieder an seinem Tisch. Aber Piltrudis sann immer auf das verderben des lästigen Bußpredigers, der so viel über den Herzog vermochte.

In jener Zeit, da Corbinian noch in der Residenz des Herzogs lebte und von da aus gewöhnlich auf den nahen Berg Weihenstephan ging, um mit seinen Priestern dort das Lob Gottes um Mitternacht zu singen, wurde er plötzlich von einer Kränklichkeit befallen, so daß er nicht dahin kommen konnte. Er weckte seine Geistlichen auf und ließ sie ihr Amt verrichten. Beim hinauf gehen auf den Berg vernahmen die Geistlichen festlichen Psalmengesang, der vom Kirchlein her ihnen entgegen tönte. Je näher sie hinauf kamen, desto leiblicher erschallte die Harmonie himmlischen Gesanges. Das Kirchlein war zudem noch mit einem solchen Lichterglanz erleuchtet, daß von dem Lichte, das durch die Fenster sich über den Berg ausbreitete, der ganze Berg so erhellt wurde, wie am hellsten Mittag. Die Geistlichen beeilten sich, das Wunder zu schauen, das im Kirchlein sich ereignete. Aber gerade als sie zur Türe eintraten , verschwand diese wunderbare Lichthelle. Aller erschraken und fielen zur Erde nieder. Mehrere trauten sich nicht mehr, dies Heiligtum zu betreten, und sangen die Psalmen vor der Türe; andere gingen hinein und gewahrten darin einen unaussprechlich lieblichen Wohlgeruch, wie sie ihn ihr Leben lang nie verkostet hatten. Dieser liebliche Geruch blieb mehrere Tage.

Jetzt beschloß der Heilige, seine Wohnung auf diesem Berg zu nehmen, und ließ sich neben dem Kirchlein, in dem Gott sich in so freundlicher Weise geoffenbart hatte, eine Wohnung bauen. Die Lage war eine ausnahmslos freundliche. Zudem konnte er mit seinen Brüdern hier ungestört dem nächtlichen Gebet obliegen. Nur eines fehlte. Auf dem Berge fand sich kein Quellwasser. Eines Morgens verließ der Heilige seine Wohnung und wandelte an der Mittagsseite des Berges. auf einmal blieb er stehen, warf sich auf die Erde hin und betete. Nach Vollendung seines Gebetes stieß er seinen Stab in die Erde. Plötzlich entquoll an der selben Stelle eine reichlich strömende Qualle kühlen und süßen Wassers, die in einem sprudelnden Bächlein den Berg hinab floss. Der Stab, mittels dessen der Heilige dieses Wunder gewirkt hatte, wurde in der von ihm errichteten Kathedrale neben dem Altar, auf welchem das Allerheiligste aufbewahrt wird, zur Verehrung der Gläubigen aufgehängt, und blieb dort bis zum Jahre 1581. Am Feste Mariä Verkündigung dieses Jahres hat ihn eine Diebeshand entwendet, und seitdem weiß man nichts mehr von ihm. Die wunderbar eröffnete Quelle fließt noch bis auf den heutigen Tag und bietet gesundes, reines Wasser, wie man es sonst in der Gegend nicht findet.

Von Weihenstephan begab sich der Heilige täglich in die bischöfliche Kirche auf dem Berge zu Freising, um dort das Lob Gottes zu singen. Einst begegnete ihm auf dem Wege dahin ein Weib, von mehreren Männern begleitet. Alle waren mit Geschenken beladen. Er fragte sie, woher sie kämen, und erfuhr, daß das Weib eine Zauberin sei und an den Hof berufen wurde, um ein krankes Kind zu beschwören. Zum Lohne dafür habe sie diese Geschenke empfangen. Voll Entrüstung sprang der Heilige vom Pferde, prügelte das zauberische Weib, nahm ihr und ihren Begleitern die Geschenke ab und verteilte sie an den Toren der Stadt unter die Armen. das Weib begab sich in die Residenz des Herzogs und trat mit zerzausten Haaren, mit blutendem Antlitze und mit Rache erfülltem Herzen vor den selben, sich über den Heiligen Bischof zu beklagen.

Diese tat des Bischofs reizte die Wut der Piltrudis noch mehr. Sie trug ihrem Schreiber Ninus auf, den selben gelegenheitlich menschlicher Weise zu morden. Einige von den Wohlgesinnten am Hofe erhielten davon Kunde und meldeten es dem Bruder des Heiligen, dem Erimbert, der Corbinians Nachfolger im Bistum wurde. dieser benachrichtigte den Heiligen von der Gefahr, in der er schwebte, und riet ihm zur Flucht. Corbinian war eben auf dem Lande und wollte in einem den Mördern bekannten Hause übernachten. Augenblicklich verließ er das Haus und begab sich an einen anderen Ort. Bei der Abenddämmerung kam Ninus mit seinen Mordgehilfen wirklich bei dem Hause an. Sie fanden es leer, zerstörten es vom Grunde aus und kehrten wieder zurück. Corbinian aber flüchtete sich mit seinen Geistlichen nach Mais. Dem Herzog ließ er durch einen seiner Diener ankündigen , das mordsüchtige Weib werde bald selbst in die Grube fallen, die sie ihm gegraben, und auch des Herzogs leben werde bald zu Ende sein. Der Herzog war darüber sehr bestürzt und ließ den Bischof recht dringend bitten, er möchte doch wieder zurück kehren, damit das gedrohte Unheil abgewendet würde.

Aber Corbinian ließ sich nicht bewegen. Das gedrohte Unheil ging bald in Erfüllung. Der Sohn des Herzogs, den jene Zauberin durch ihre Zaubersprüche hatte heilen wollen, starb eines elenden Todes; Grimoald wurde von seinen Feinden ermordet im Jahre 724, Ninus wurde rücklings mit einer Lanze durchstochen und endete schmählich; Piltrudis zog im folgenden Jahre mit Carl Martel nach Frankreich, wurde aber von ihm Verstossen, all ihrer Habe beraubt und armselig auf einem Esel in die Verbannung nach Italien verwiesen. Dort nahm sie ein klägliches Ende. Ihre Kinder lebten, verstoßen in großem Elend und gingen armselig zu Grunde.

Auf Grimoald folgte in der Regierung sein Sohn Hugibert. Dieser war voll Verehrung gegen den heiligen Bischof und wünschte nichts mehr, als daß der Bischof wieder nach Freising komme. Corbinian ließ sich hierzu bewegen im Jahre 728. Der Herzog bestätigte alle Erwerbungen der Kirche Freisings und hielt den Bischof hoch in Ehren. Seinem Sohne ließ er vom heiligen Bischof die Taufe erteilen.

Der Heilige leitete noch zwei Jahre die kirchlichen Angelegenheiten. Jetzt hat er eine Ahnung, daß das Ende seines Lebens heran nahe. Weil der südliche Teil von Tirol damals dem Longobardenreiche einverleibt war, sendete er noch seinen Bruder Grimbert an den Longobarden König Luitprand, mit der Bitte, der König möchte die in Mais erworbenen Besitzungen der Kirche zu Freising bestätigen und gestatten, daß sein Leib in der Kirche des heiligen Valentin in Mais begraben werde.

Dies geschah acht Tage vor seinem Tode. Nun sagte er mit Bestimmtheit sie Stunde seines Todes voraus und sendete noch einen seiner Jünger an den Herzog Hugibert, mit der Bitte, daß er seinen Leichnam nach Mais überbringen lasse. Am Tage seines Todes nahm er ein Bad, ließ sich Bart und Haare schneiden, kleidete sich in seinen bischöflichen Ornat und begab sich i die Kirche, das heilige Opfer dar zu bringen. Er nahm mit eigener Hand die heilige Wegzehrung, ging nach Vollendung der heiligen Messe in seine Wohnung, ließ sich Wein bringen und verkostete ein wenig davon. Ohne Schmerzen u verspüren, erwartete er seinen Tod. Dann bezeichnete er sich noch mit dem Zeichen des heiligen Kreuzes und gab seinen Geist auf.

Seine Jünger begruben ihn in der Kirche der Mutter Gottes auf dem Berge zu Freising. Aber schon bald erhob sich ein solches Unwetter und verheerte dreißig Tage lang Alles so gräulich, daß allen Leuten bange wurde. Daraus leitete man ab, daß der Heilige seine Ruhestätte für seinen Leib nicht in Freising, sondern wie er es vorher schon befohlen hatte, in Mais haben wolle. Nun kamen die Abgesandten des Herzogs Hugibert, die den Befehl erhalten hatten, den Leichnam des Heiligen nach Mais zu befördern um ihn in der Kirche des heiligen Valentin zu begraben. Als man den Heiligen Leib am dreißigsten Tage nach seiner Beerdigung aus der Gruft erhob,, war er so unversehrt, daß man meinte, er lebe noch und schlummere. Eine große Menge Volk kam zusammen. Die Trauer und die Entführung des heiligen Leichnams war allgemein und außerordentlich groß.

Bei diesem Anlaß erfuhr ein leichtfertiges Mädchen mit dem Namen Magata, wie Mißfällig eine Schmähung gegen den Heiligen in den Augen Gottes sei. Sie hatte ihrer Begleiterin auf die Frage, was man mit dem heiligen Bischof anfange, mit einem Lästerwort übe den Bischof geantwortet. Plötzlich wurde sie an ihrer rechten Hüte so gelähmt, daß sie fortan nur ganz eingebogen und auf zwei Krücken gestützt gehen konnte. Sie lebte noch viele Jahre, beweinte und büßte ihre Lästerung ihr Leben lang und starb dann eines seligen Todes.

Als man den Leichnam fort führte, strömte auf einmal aus der Nase des Verstorbenen frisches, heißes Blut heraus, wie wenn er gesund und am leben wäre. Man faßte es in einem Gefäße auf und vergrub es in der Nähe einer Stadt in der Erde. Im oberen Inntal, im Gebiet der Brennonen, litt ein römischer Bürger mit dem Namen Dominikus an einem sehr hartnäckigem Fieber. Er faßte Vertrauen zu der Fürbitte des Heiligen, nahte sich dem Leichnam des Heiligen und wurde, als er den Heiligen berührte, vollkommen gesund. Der Geheilte pries Gott und verkündete ständig, welch ein Heil ihm durch die Fürbitte des Heiligen zu Teil geworden ist.

Als die Jünger des heiligen Bischofs mit dessen Leiche in Mais ankamen, wurden sie von der longobardischen Besatzung abgewiesen. Diese meinten, man sinne auf Nachstellungen, und die Leiche des Heiligen sei nur ein Vorwand, hinter dem eine Spionage versteckt liege. Indessen kam der schriftliche Befehl vom Longobarden König in Mais an, es sollte die Leiche des heiligen Bischofs mit aller Ehrerbietung aufgenommen werden. Die Besatzung ließ nun den Sarg öffnen. Man nahm das Pallium und das Grabtuch, das über den Leichnam gelegt war weg, und in dem selben Augenblick strömte wieder aus der Nase des Heiligen frisches heißes Blut heraus. Der Antlitz war noch genau so schön, wie es immer während seines Lebens gewesen ist. Alle Anwesenden lobten und priesen Gott in seinen Heiligen. Der Leichnam des heiligen Bekenners wurde, wie es sein Wille gewesen ist, in der Kirche des heiligen Valentin zur Erde bestattet.

Drei Tage nach der Beerdigung war diese Kirche auf einmal um Mitternacht mit einem wunderbarem Lichterglanz erhellt der den leuchtenden Blitz und den im Sonnenglanz schimmernden Schnee unendlich weit übertraf. Gleichzeitig verbreitete sich ein außerordentlich lieblicher Wohlgeruch in dem Gebäude, der bis zum Morgengottesdienst verblieb.

Eines Tages ging ein Knabe auf den nahe liegenden Felsen am Ufer der Passeier unvorsichtig umher, stürzte und fiel über die Felsen hinab. Jedermann glaubte, er werde an den Felsen zerschmettert oder in die von Regengüssen hochaufgeschwollene Passeier gefallen sein. Zum größten Erstaunen fand man aber, als man die Leiche des Verunglückten suchte, den Knaben lebendig an einem Felsenriffe hängend. Man ließ Jemanden an Seilen zu ihm herab und rettete den durch die Fürbitte des Heiligen am Leben erhaltenen hilflosen Knaben. Dieser gerettete Knabe wurde später der Nachfolger des Heiligen auf dem bischöflichen Stuhl zu Freising und war höchstwahrscheinlich der selbe, der dessen Leben beschrieb, und zwar der Bischof Aribo.

Nach einiger Zeit wurde der Leichnam des heiligen Valentin durch die Longobarden von Mais nach Trient gebracht, und bald darauf ließ ihn Herzog Thassilo nach Passau, an den Ort seiner apostolischen Tätigkeit, bringen. Jetzt lag der heilige Leib des Begründers der Kirche Freisings ganz verlassen und unbeachtet in Mais. Dies ging dem vierten Bischof der Freisinger Kirche, dem Aribo, sehr zu Herzen. Er beriet sich mit seinen benachbarten Bischöfen, ob nicht die Überreste des heiligen Bischofs nach Freising gebracht werden dürften; da ja doch hier sein Andenken feierlich begangen und bei seinem Grab ein Licht brennen würde.

In der ganzen Diözese wurde ein dreitägiges Fasten anbefohlen. Die Geistlichen mußten dies fasten mit Psalmengesang verbinden und täglich bei der heiligen Messe Gott bitten, er möchte seinen heiligen Willen offenbaren. In der Nacht nach Beendigung dieses Fastens und Betens, da noch die Bischöfe versammelt waren, erhielten sieben wahrhaftige und glaubwürdige Männer im Schlafe von Gott die Mahnung, der heilige Leib des Bekenners Christi soll nach Freising gebracht werden. Die Bischöfe lobpriesen insgesamt die göttliche Erbarmung und verabschiedeten sich.

Sogleich sendete man nach dem Rate der Bischöfe und mit Zustimmung des Herzogs Thassilo mehrere Geistliche mit einigen Dienern nach Mais, den Leib des Heiligen abzuholen. Als diese nach Mais gekommen waren, begaben sie sich zuerst in die Kirche, wo der Heilige begraben war, und verrichteten dort ihre Andacht. Dann blieben einige in der Kirche, die anderen gingen in ein Haus, um Nahrung zu sich zu nehmen. Es war der Abend eines ganz heiteren Herbsttages. Am ganzen Himmel erblickte man kein Wölklein. Auf einmal vernahm man furchtbares Krachen, mächtiger als der gewaltigste Donner, und nicht bloß die Kirche, sondern selbst die ganze Stadt wurde furchtbar erschüttert. Die in der Kirche geblieben waren, wurden so vom Schrecken überwältigt, daß sie insgesamt zu Boden stürzten und längere Zeit ganz betäubt liegen blieben. Nachdem sie wieder zu sich gekommen waren, verließen sie die Kirche. Indessen kamen ihnen die anderen schon entgegen. Alle kehrten nun in heiliger Furcht und mit bangendem Herzen zur Kirche zurück und verharrten wachend und betend darin bis am anderen Morgen. Am frühesten Morgen nahten sie sich mit demütigen Bitten und Flehen der Begräbnisstätte des Heiligen. Sie öffneten das Grab. Der Leichnam lag ganz unversehrt darin. Über das Angesicht war eine freundliche Röte ausgebreitet, und Jedermann hätte geglaubt, es wäre der Leib eines Schlafenden.

Der heilige Leichnam wurde nun mit aller Ehrerbietung erhoben und auf eine Tragebahre gelegt. Die Träger eilten mit dieser heiligen Last so sehr, daß ihnen die Reitenden kaum folgen konnten. Als sie an den Innfluss kamen, empfing eine unzählbare Menge Geistlicher und Layen den Zug und begleitete voll Andacht und Ehrfurcht den heiligen Leichnam.

Als man auf dem Wege an einem Orte ausruhte, näherte sich dem Zuge ein Mann, dessen linke Hand von Jugend auf gelähmt und eingedorrt war. Der selbe hatte den festen Glauben, der barmherzige Gott werde ihm durch die Verdienste des heiligen Bischofs Heilung gewähren. In diesem Vertrauen näherte er sich der Bahre, berührte sie und wurde augenblicklich vollständig geheilt.

In der darauf folgenden Nacht brachte man einen vom bösen Geiste geplagten Menschen zu der Leiche des Heiligen. Der selbe tobte und rasete der Art, daß die stärksten Männer ihn kaum zu halten vermochten. Er schrie und stöhnte ganz unheimlich und gebärdete sich in entsetzlicher Weise. Kaum war er in die Nähe des Leichnams gebracht, so verließ ihn der böse Geist. Nun hatte er für hin sein Leben lang von ihm keine Anfechtung mehr zu leiden.

Bei Übertragung der Leiche nach Mais war, wie wir oben gehört, an einer Stelle häufiges Blut aus der Nase des Heiligen geströmt, das man in ein Gefäß aufgefaßt und in die Erde vergraben hatte. An dieser Stelle hatte man ein Kreuz aufgepflanzt. So konnte man sie bei der feierlichen Rückkehr des heiligen Leibes leicht finden. Man grub die Erde auf und fand das Blut noch so frisch und rot, als wäre es eben von einem lebendige Menschen vergossen worden. Alle Gegenwärtigen lobten und priesen Gott für diese wunderbare Erhaltung der Überreste des Heiligen, und zugleich wurde auch der Plan gefaßt, daß an dieser Stelle eine Kirche erbaut und in der selben dieses Blut des Heiligen den Gläubigen zur Verehrung und zum Troste aufbewahrt werden sollte. An dieser Stelle geschahen in der Folgezeit gar viele ausgezeichnete Wunder.

Da man der künftigen Ruhestätte des Heiligen, dem Orte seiner ehemaligen apostolischen Wirksamkeit sich nahte, kam eine Prozession von mehreren Bischöfen und einer zahllosen Menge Priester und Layen mit dem Herzoge Thassilo selbst entgegen. Gebete und Dankgesänge stiegen auf zum Himmel. Freude und Frohlocken war allgemein. In diesem feierlichen Zuge wurde der heilige Leichnam in die Kirche der Mutter Gottes auf dem Berge zu Freising getragen und dort zur Verherrlichung unseres Herrn und Heilandes Jesu Christi und zum Wohle des gläubigen Volkes feierlich beigesetzt.

(Arribonis Vita S. Corbiniani ap. Bolland.)

Quelle:

  • BAVARIA SANCTA - Leben der Heiligen und Seligen des Bayerlandes
    zur Belehrung und Erbauung für das christliche Volk - Bearbeitet von Dr. Corbinian Jocham, Professor der Theologie und erzbischöflicher geistlicher Rat - Mit Gutheißung des hochwürdigsten Erzbischöflichen Ordinariats München - Freising, (1861)

BAVARIA SANCTA
Leben der Heiligen und Seligen des Bayerlandes
Band I - Zweiter Abschnitt
Bayern unter der Herrschaft der Agilolfinger

  1. Ingenuin
  2. Agnellus
  3. Eustasius und Agilus
  4. Theodelinde
  5. Emmeram
  6. Rupert
  7. Ansologus
  8. Kuniald und Gisilar
  9. Ehrentrudis
  10. Vitalis
  11. Marinus und Anianus
  12. Magnus
  13. Wikterp
  14. Erhard
  15. Corbinian, (Korbinian)
  16. Joseph
  17. Bonifazius, Apostel Deutschlands
  18. Sturmio
  19. Lantfried, Waldram, Eliland usw.
  20. Adalbertus und Oktarius
  21. Willibald
  22. Wunibald
  23. Walburga
  24. Alto
  25. Virgilius
  26. Modestus
  27. Marinus und Theklanus
  28. Gamelbert
  29. Sola
  30. Archus, Herenäus und Quartanus



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