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Leben der Väter und Märtyrer
ursprünglich in englischer Sprache verfaßt von Alban Butler

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Der heilige Thiemo, Erzbischof von Salzburg
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Der heilige Thiemo, Erzbischof von Salzburg -

  • Festtag, Gedenktag ist der 28. September
  • * in ?
  • 1101

Der Nachfolger des heiligen Gebhard im Erzbistum Salzburg war Thiemo oder Theodomar. Er stammte aus dem gräflichen Geschlechte von Medlingen in Bayern. Seinen ersten Unterricht erhielt er in dem Kloster Niederaltaich. Hier zeichnete er sich durch innige Andacht und willigen Gehorsam vor allen seinen Genossen aus. Zugleich zeigte er ausgezeichnete Talente für die Wissenschaften und seine besondere Vorliebe für die Kunst. Er lernte Malerei und Bildhauerei und brachte es vorzüglich in der letztrn Kunst zur Meisterschaft. Das Kloster St. Peter in Salzburg bewahrt jetzt noch zwei Kunstwerke von seiner Hand. Das eine ist aus Elfenbein geschnitzt und stellt den heiligen Christophorus dar. das andere ist ein aus Holz geschnitztes Bild des heiligen Benedikt. Man sagt, er habe auch die Kunst verstanden, steinerne Statuen zu gießen, d. h. eine flüßige Materie in eine Form zu bringen und der Masse eine solche Festigkeit zu geben, daß sie hart wurde, wie der Stein ist. In der Kirche zu St. Peter ist ein Muttergottesbild, das Christuskind mit dem linken Arme haltend, das wie aus Stein gearbeitet scheint und nach dem Urteile der Künstler doch nur Steinguß ist. Dieselbe soll das Werk des heiligen Thiemo sein.

Mehr aber, als alle Wissenschaft und Kunst, galt ihm die Vervollkommnung seiner Seele durch die Gewinnung der christlichen Tugenden. Vor allen andern leuchtete in ihm die liebliche Bescheidenheit und die freundliche Herablassung zu den letzten Brüdern hervor. Er erniedrigte sich unter Alle und war immer bereit, jedem zu dienen, der seiner Hilfe bedurfte. Darum war er auch von allen geliebt und hochverehrt. In allen seinen Reden und Handlungen offenbarte er die Besonnenheit und den Ernst eines Mannes, obgleich er noch zu den jüngsten Brüdern gehörte. der Grund aller dieser Tugenden war seine aufrichtige Frömmigkeit und sein steter Wandel vor Gott.

Und dennoch war dieser freundliche und liebenswürdige Jüngling von Natur aus zorniger Gemütsart. Er hatte Kämpfe zu bestehen, in denen jeder Andere gefallen wäre, der nicht dieselben Waffen des Gebetes gekannt und angewendet hätte, wie sie Thiemo anwendete. Indessen wurden durch Gottes Zulassung die Versuchungen immer heftiger. Der treue Kämpfer glaubte wirklich, es sei nicht mehr auszuhalten, und entschloß sich, das Kloster zu verlassen und als Einsiedler zu leben. In stürmischer Hast verließ er das Kloster, ohne dem Abt ein Wort davon zu sagen. Doch kaum hatte er den naheliegenden Wald erreicht, kam ihm seine Flucht als Unrecht vor und er machte sich deshalb Vorwürfe, daß er mit seinem geistlichen Vater sich darüber nicht beraten hatte. Wie er in solchen Gedanken des Weges zieht, begegnet ihm ein wohlbekannter, ehrwürdiger Priester. Diesem ist die Erscheinung des jungen Mönches auf diesem Wege auffallend, und noch mehr befremdet in der Unmut und das stürmische Wesen, das er auf dem Antlitz des Wanderers gewahrt. Er grüßt den Thiemo freundlich und fragt ihn, wohin er wolle, und warum er so voll Unmutes sei. Die Begegnung des Priesters und diese freundliche Anrede machen einen wunderbaren Eindruck auf Thiemo. Er bekennt dem Priester sein Vorhaben und was der Grund desselben gewesen.

Sogleich stieg der Priester vom Pferde und ergriff den jüngeren Bruder. "Du darfst nicht mehr weiter gehen, so sprach er; es ist weit genug, und jetzt ist eine Rückkehr noch leicht möglich. Die Flucht wäre Schmach für dich vor den Menschen und Versündigung gegen Gott. Besteige mein Pferd und ich werde dich zurückführen zum Kloster. Gerne gehe ich zu Fuß dir nach, wenn ich dich nur zurück bringen kann. Jetzt ist noch nichts geschehen. Wer eilig zurückkehrt, wird angesehen, als wäre er gar nicht davon. Durch mich wird die beabsichtigte Entweichung entweder ganz verheimlicht oder, wenn dies nicht möglich ist, leicht entschuldigt werden."

Diese Worte hatten den Sinn Thiemo's ganz geändert. "Nein sprach er, ich werde das Pferd nicht besteigen. Zu Fuß will ich zurückkehren; denn zu Fuß bin ich den bösen Weg gegangen. Die demütige Selbsterniedrigung soll nur den Rückweg weisen, nachdem mich die Hoffart auf den Irrweg getrieben hat."

So sprach er und kehrte mit dem Priester zum Kloster zurück. An der Pforte kamen ihm die Brüder voll Freuden entgegen und nahmen ihn mit brüderlicher Zärtlichkeit wieder auf. Schon hatte man ängstlich nach ihm gesucht und gefragt; mit aufrichtiger Freude wurde er wieder in seine Zelle geführt.

Allein Thiemo konnte seine Schuld nicht in sich verbergen. Er wollte sich derselben gänzlich losmachen durch das Bekenntnis. "Nicht also muß man einen entlaufenen Mönch empfangen, sprach er; nicht ein solches Vergessen meines Fehltrittes, nicht so edelmütige Verzeihung hab ich verdient. Wer durch Hochmut gekündigt hat, muß in Demut büßen." Sogleich entblößte er seinen Rücken, warf sich dem Abte zu Füßen und bat ihn, es möchte ihm die gebührende und wohlverdiente Strafe zuerkannt werden. Dann möchte man ihn wieder in Gnaden aufnehmen.

Das ist durch Gottes Erbarmung die Wirkung einer ernsten und inbrünstigen Buße, daß sie den Gefallenen, der seinen Fall ernstlich bereut, selbst auf einen höheren Grad der Tugend erhebt, als er zuvor gestanden. Einer solchen Selbsterniedrigung mußte die Erhöhung folgen. Als Thiemo in der folgenden Nacht, noch ehe das Zeichen zur Metten gegeben wurde, in den Betsaal, Kapitel genannt, gekommen war, trat ihm ein ganz unbekannter Mann von ehrwürdigem Aussehen und im priesterlichen Gewande entgegen und sprach: "Vernimm den Ratschluß der erhabenen Gottheit! Für deine gestrige Selbsterniedrigung wirst du einst hoch erhöhet werden. Eine Mitra wird dein Haupt zieren und dann wirst du die Märtyrerkrone erlangen." Nach diesen Worten verschwand die Gestalt. Thiemo aber bewahrte diese rede in seinem Herzen und sagte kein Wort davon, bis die Zeit der Erfüllung kam.

Nicht lange nach diesem Vorfalle legte der Abt Irimpert bei St. Peter in Salzburg sein Amt nieder. Der Ruf von Thiemo's Frömmigkeit und Gehorsamkeit hatte sich schon weit verbreitet. Auch der ehrwürdige Erzbischof Gebhard von Salzburg kannte den vortrefflichen Mönch Thiemo. Derselbe schien ihm der geeignetste Abt für das verwaiste Kloster zu sein. Gebhard berief den Thiemo zu sich nach Salzburg. Der Abt in Altaich wollte ihn nicht entlassen, allein er mußte sich in die Anordnung des Erzbischofs fügen. Dieser hatte dem neuen Abt einen festlichen Empfang bereitet und führte ihn nun in sein neues Amt ein, ihn den Brüdern als ihren besten Vater empfehlend. Thiemo war auch wirklich aus allen Kräften bemüht, den Erwartungen, die man von ihm sich machte, zu entsprechen. Er bewies sich gegen seine Untergebenen äußerst liebevoll und gewann sich die Herzen Aller. Dabei hielt er strenge auf die klösterliche Zucht und förderte das gottselige Leben der Brüder mit Ernst und Liebe.

Es war dies kurze Zeit vor jener heillosen Verwirrung, die durch Heinrich IV. in der Kirche angerichtet wurde. Bald darauf mußte der ehrwürdige Oberhirt sich flüchten und Berthold, ein feiler Knecht Heinrichs IV. drängte sich als Erzbischof in die Kirche Salzburgs ein. Thiemo konnte es nicht mit seinem Gewissen vereinigen, unter einem mit dem Banne belegten Bischof die Leitung seines Klosters fortzuführen. Um sich nicht durch die Gemeinschaft mit Berthold zu beflecken, flüchtete er sich nach dem Beispiele des ehrwürdigen Erzbischofs Gebhard nach Schwaben; denn in seinem Vaterlande Bayern war nirgends eine Sicherheit. Er begab sich nach Schaffhausen und dann nach Hirschau, zu seinem ehrwürdigen Mitbruder, dem Abte Wilhelm, der alle um des Herrn willen Verfolgten mit Freuden aufnahm. Hier lebte er ganz wie ein einfacher Mönch im pünktlichen Gehorsam unter dem ehrwürdigen Wilhelm. So vergingen drei Jahre. Jetzt gedachte Thiemo, daß er doch auch ein Hirte sei, und daß seine eigenen Schäflein vielleicht vom Wolfe zerrissen würden. Er bat den Abt Wilhelm um die Erlaubnis, zu seinem Kloster zurückkehren zu dürfen, verließ dann seine Zelle und reiste nach Salzburg, um den Seinigen in ihren Nöten beispringen oder doch mit ihnen leiden zu können.

Berthold hörte von der Rückkehr des Abtes Thiemo. Er glaubte, wenn er diesen Mann für sich gewänne, so stünde sein Stuhl ganz fest, und er hätte nichts mehr von den kirchlich gesinnten zu befürchten. Deshalb befahl er, demselben einen festlichen Empfang zu bereiten und durch Freundlichkeit und Gefälligkeit ihn zu gewinnen. Allein der vorsichtige Abt vermied es, unter das Angesicht dieses Eindringlings zu treten, um nicht an seinen Freveln Teil zu nehmen. Er ging nur in sein Kloster, grüßte mit väterlicher Liebe seine Brüder, tröstete sie in ihren Widerwärtigkeiten mit himmlischen Troste, munterte sie zur Geduld und Ausdauer auf und begab sich unverweilt nach Steiermark in das Kloster Admont, das der ehrwürdige Gebhard gegründet, der gottlose Berthold aber entvölkert hatte. Hier blieb er ganz verborgen bis zum Tode Gebhards.

Der ehrwürdige Gebhard hatte die letzten Jahre seines Lebens noch unter seinen lieben Diözesanen zugebracht und war in dem Schloß Werffen 1090 gestorben. Nach seinem Tode wollte sich der verdrängte Berthold wieder eindrängen. Allein die kirchlich gesinnten in Salzburg hatten jetzt schon eine solche Übermacht erlangt, daß sie die Wahl eines rechtgläubigen Erzbischofs durchzusetzen vermochten. Sie wählten den Abt Thiemo von St. Peter, der eben im Kloster Admont in der Verbannung lebte. Die Bischöfe Altmann von Passau, Adalbero von Würzburg und Reginwart von Freising kamen zusammen, und Thiemo empfing die bischöfliche Weihe. An die Stelle des Thiemo wurde der Mönch Albert zum Abte von St. Peter erwählt.

Um diese Zeit soll das berühmte Kloster St. Paul zu Lavent in Kärnten von den dortigen Grafen gegründet und von Thiemo im zweiten Jahr seiner erzbischöflichen Amtsführung eingeweiht worden sein.

Mit der Übernahme seines Hirtenamtes trat er ehrwürdige Thiemo einen neuen Leidensweg an. Kaum hatte er den erzbischöflichen Stuhl bestiegen, so sammelte der verdrängte Berthold ein Heer, um das Erzbistum mit Gewalt an sich zu reißen. Thiemo erkannte es als seine Pflicht, Gewalt mit Gewalt abzuwehren. Sein Anverwandter, der Graf Conrad von Medlingen kam ihm mit einem Streitheere zu Hilfe. Berthold erhielt die Oberhand. Der Graf Conrad mit seinen Truppen wurde geschlagen, Thiemo ergriff die Flucht. Er wollte in Kärnten einen Zufluchtsort suchen und hatte schon die Engpässe des Taurengebirges überschritten. Hier wurde er von den Grafen Ulrich, der Berchtholds Truppen anführte, aufgefangen und in Fesseln geschlagen. Berchthold hatte indessen die erzbischöfliche Stadt samt dem Gebiete und reichlicher Beute räuberisch in Besitz genommen und wollte eben auch Kärnten sich unterwerfen. Zu diesem Zwecke war der Graf Ulrich nach Kärnten gesendet worden. In diesem Gebiete hatte der Erzbischof Gebhard die Festung Frisak angelegt, die durch ihre natürliche Lage und durch Kunst zu einem unüberwindlichen Schutzorte gemacht war. Ulrichs Heer belagerte die Festung lange Zeit umsonst. Endlich führte man den gefangenen Erzbischof Thiemo vor die Burg hin und befahl ihm, die Belagerten zur Übergabe der Festung zu bereden. man glaubte, der Jammer des Volkes und sein eigenes Elend und die Gefahr, in der er schwebte, werden ihn zu diesem Schritte bewegen. Allein darin hatte man sich getäuscht. Die Festung war mit den notwendigen Lebensmitteln versehen und verteidigte sich mit unbeugsamer Treue fünf Jahre lang. Thiemo aber stand noch fester, als die feste Burg. Alle Trübsale und Leiden, die man ihm in reichlichem Maaße zugedachte, waren nicht im Stande, ihn zur Übergabe zu bewegen. Nun erdachte Graf Ulrich eine neue Grausamkeit. Er ließ den gefesselten Erzbischof samt seinen Anverwandten auf einer Belagerungsmaschine aufstellen, damit die Geschosse derjenigen, welche die Festung verteidigten, ihn treffen und töten sollten. Allein die Belagerten erhielten von dieser Schufterei Kunde, ließen diese Seite unverteidigt und bekämpften die Belagerer von den andern Seiten.

Als Ulrich sah, daß dies Bubenstück ohne Erfolg blieb, ersann er eine neue Grausamkeit. Er befahl dem Erzbischof auf's Neue, zur Übergabe der Festung zu raten; wenn er's nicht tue, so werden alle seine Verwandten vor seinen Augen in grausamer Weise getötet werden. Der Erzbischof antwortete auf diese Drohung: "Die Festung und Alles, um was man streitet, ist nicht mein Eigentum. es gehört dem heiligen Rupert und der Kirche von Salzburg. Mit ist dies Alles übergeben, nicht daß ich's verschleudere, sondern daß ich's verwalte und bewahre. Mein Leben und das Leben der Meinigen hat in meinen Augen keinen so hohen Wert, daß ich um deßwillen den Eid brechen könnte, den ich Gott, dem heiligen Rupert und der Kirche geschworen habe."

Kaum hatte er dieses gesprochen, so wurden auf den Befehl des Grafen Ulrich alles seine Anverwandten vor seinen Augen niedergehauen. Sie fielen als ein Opfer der Treue des großen Erzbischofs. Dieser aber, über solche Grausamkeit im Innersten seiner Seele bewegt, sagte dem Tyrannen und dessen Brüdern, die Miturheber dieser Grausamkeit gewesen waren, die schreckliche Rache Gottes für diese Ruchlosigkeit voraus, ein elendes Leben in der Zeit und ein schauerliches Ende dieses Lebens. Die Ruchlosen verlachten den Propheten des Herrn und ließen denselben in ein Gefängnis auf einer nahegelegenen Burg bringen.

Endlich wurde der grausame Graf der so langen Bewachung des ehrwürdigen Erzbischofs überdrüssig. Er versuchte nochmal, durch Verheißungen und Drohungen den Diener Gottes von seiner Standhaftigkeit abzubringen und als er nichts ausrichtete, befahl er, denselben zu enthaupten. Unerschüttert vernahm Thiemo die Ankündigung dieses Urteils und sprach:
"Es geschehe der Wille des Herrn. Mein Haupt ist schon längst für ein solches Ende bereit." Darauf betete er eine Weile, sprach noch das apostolische Glaubensbekenntnis, empfahl seine Seele dem Herrn und reichte den entblößten Nacken dem Scharfrichter hin. Dieser schwang sein Schwert, um das Haupt abzuschlagen. Allein er konnte den Hals nur leicht verwunden. Wie ein roter Faden zeigte sich die Wirkung des mörderischen Streiches. Der Scharfrichter faßte einen stärkeren Streich, allein das Schwert prellte am Nacken des Heiligen wie an hartem Stahle ab und zertrümmerte in viele Stücke. Der Henkersknecht erkannte darin ein Wunder der göttlichen Macht, warf sich dem Erzbischof zu Füssen und bekannte, er habe schwer gesündigt, indem er den Tod eines so heiligen Mannes beabsichtigt hätte. Gott wolle ihm seine Sünden vergeben. Unverzüglich erklärte ihm der heilige Bischof, daß er ihm von ganzem Herzen verzeihe, was er gegen ihn gesündigt habe. Übrigens soll er vor Allem dafür Sorge tragen, daß er durch wahre Buße für seine vielen anderen Sünden von Gott Verzeihung erlangen möge.

Viele waren in der größten Betrübnis wegen der Drangsale, die der ehrwürdige Bischof zu leiden hatte und dennoch konnte Niemand ihm helfen. Unversöhnlichen Haß hatten die Feinde gegen ihn gefaßt; weder Bitten noch Anerbitten vermochten denselben zu überwinden. Endlich kam doch die Stunde der Befreiung. Sie kam durch einen Mönch, Namens Conrad. Dieser wußte wohl, daß man mit Geld auf der Welt Alles ausrichten könne. Er sammelte bei den Freunden des Erzbischofs eine bedeutende Summe, begab sich zu dem Gefängniswärter, der den Erzbischof zu bewachen hatte, versprach demselben 39 Reichsgulden, wenn er den Gefangenen entkommen ließe und und erkaufte für die Summe die Befreiung des ehrwürdigen Oberhirten. An der Hand des Mönchs Conrad ging Thiemo nach fünfjähriger Haft aus dem Gefängnisse. Zuerst begab er sich zum Bischof von Constanz, zum heiligen Gebhard. Dann besuchte er mehrere Klöster, die der Kirche treu geblieben waren und lebte darin ganz wie ein einfacher Mönch.

Während dieser Verbannung lag ihm die Sorge für seine erzbischöfliche Kirche und für die gesamte Christenheit sehr am Herzen. Als Papst Urban II. zu Piazenza in Italien eine Synode hielt, war der ehrwürdige Thiemo mit den Bischöfen Ulrich von Passau und Gebhard von Constanz auf derselben gegenwärtig. Der Papst bezeugte seine Verehrung gegen diese drei deutschen Bischöfe dadurch, daß er durch sie den Arnulf zum Bischof von Mailand weihen ließ. Bei dieser Versammlung waren gegen 4000 Geistliche und über 30.000 Laien gegenwärtig. Keine Kirche konnte diese Menge fassen. Man mußte die Beratung über die Angelegenheiten der Kirche auf offenem Felde halten. Es handelte sich dabei vorzüglich um eine Hilfe gegen die Sarazenen, die man vom oströmischen Kaiser Alerius zu erlangen bemüht war. Zugleich wurden die früheren Beschlüsse gegen die beweibten Geistlichen und gegen die Käufer und Verkäufer der geistlichen Pfründen erneuert. auch wurde die Exkommunikation des Gegenpapstes Guibert wiederum ausgesprochen.

Dem ehrwürdigen Oberhirten sollte der Verheißung gemäß die Märtyrerkrone zu Teil werden. Aber nicht im Heimatlande, sondern im Morgenlande war dieselbe für ihn bereitet. Im Jahr 1096 hatte derselbe Papst Urban II. eine Kirchenversammlung zu Clermont in Frankreich gehalten. Auf derselben war der erste Kreuzzug gegen die Sarazenen zur Eroberung des gelobten Landes beschlossen worden. Unzählige Menschen waren zu diesem Werke ausgezogen, und mit Gottes Hilfe hatte der Herzog Gottfried von Bouillon Jerusalem erobert und daselbst ein christliches Königreich gegründet. Jetzt hatte man Verteidiger des gewonnenen Reiches gegen die Ungläubigen notwendig. Im Jahre 1099 bildete sich ein neuer Kreuzzug unter dem Herzog Wilhelm von Aquitanien und dem Herzog Welf I. von Bayern. Zu diesem Zuge gesellte sich auch Erzbischof Thiemo von Salzburg. Ungefähr 160.000 Menschen verließen die Heimat. Wenige kamen nach Jerusalem. Noch weniger kehrten wieder in die Heimat zurück.

Der ehrwürdige Erzbischof geriet mit vielen anderen Gläubigen in die Gefangenschaft der Sarazenen. Man weiß nicht gewiß, ob dies noch auf dem Zuge oder im gelobten Lande selbst geschehen sei. In dieser Gefangenschaft wurde er zum Lasttragen verurteilt. Die mit ihm gefangen und zu derselben Strafe verurteilt waren, bezeugtem dem Erzbischof eine ausgezeichnete Verehrung. man erkundigte sich, wer er sei, und erfuhr, daß er, von vornehmen Geschlechte entsprossen, das Amt eines Erzbischofs verwaltet habe. der Fürst der Sarazenen ließ den gefangenen Erzbischof vor sich führen und fragte ihn; welche Kunst oder welches Gewerbe er verstehe. Thiemo antwortete, er sei ein Baumeister an dem Tempel des Herrn und seine Kunst bestehe darin, auf dem Fundamente des Glaubens das Gebäude der christlichen Tugenden in den herzen zu errichten. Auch verstehe er die Kunst, altes zu erneuern durch die Gnade des Herrn. Übrigens habe er in seiner Jugend Malerei und Bildhauerei gelernt und versteh diese Künste noch *). Der Fürst ließ ihn in's tiefste Gefängnis werfen und forderte ihn auf, Christum zu verleugnen und sich zu Muhameds Religion zu bekennen. Als Thiemo seinen Heiland heldenmütig bekannte und den Aberglauben der Sarazenen als Torheit darstellte, wurde er zuerst grausam gegeißelt, dann wurden ihm Hände und Füße stückweise abgehackt und endlich noch der Bauch aufgeschlitzt. Die gefangenen Christen mußten diese schauerliche Marter mitansehen. Endlich vernahmen sie noch die letzten Worte des heiligen Märtyrers:
"In dein Hände, o Herr, empfehle ich meinen Geist," Bei seinem Hinscheiden hörten Gläubige und Ungläubige einen himmlischen Gesang, ohne Jemand zu sehen, der gesungen hätte. Die Christen

*) was die Legende von der Zertrümmerung einer Statue des Muhamed, welche der heilige Bischof reparieren sollte, uns berichtet, ist Erfindung eines Abendländers, der nicht wußte, daß die Muhamedaner keine Bilder und Statuen verehren.


(Ex Mezger et Rader)

Quelle:

  • BAVARIA SANCTA - Leben der Heiligen und Seligen des Bayerlandes
    zur Belehrung und Erbauung für das christliche Volk - Bearbeitet von Dr. Modestus Jocham, Professor der Theologie und erzbischöflicher geistlicher Rat - Mit Gutheißung des hochwürdigsten Erzbischöflichen Ordinariats München - Freising, (1861)

BAVARIA SANCTA
Leben der Heiligen und Seligen des Bayerlandes
Bayern unter Amtsherzogen des deutschen Reiches (911-1180)
Band I - Vierter Abschnitt
  1. Thiento, Abt
  2. Mathildis
  3. Ulrich von Augsburg
  4. Ruzo (Rugo)
  5. Hatto, Bruno und Bernold
  6. Piligrin
  7. Guntharius
  8. Wolfgang
  9. Adelheid
  10. Gunthildis
  11. Ramuold
  12. Albuin
  13. Tagino
  14. Kunigunda (Kunissa)
  15. Hartwig
  16. Heinrich
  17. Kunigund
  18. Aurelia
  19. Ulrich von Ebersberg
  20. Richardis
  21. Hademunda
  22. Gotthard (Godehard)
  23. Reginbald, Bischof
  24. Günther
  25. Bruno
  26. Aquilin
  27. Gisela
  28. Gundekar II. (Gunzo)
  29. Batho
  30. Gebhard
  31. Murcherad (Muricherodachus)
  32. Marianus
  33. Adalbero
  34. Wiltrudis
  35. Wilhelm
  36. Altmann
  37. Der heilige Ulrich, Probst von Ulrichszell
  38. Der selige Engelmar, Einsiedler
  39. Der heilige Walderich, Mönch von Clugny
  40. Die selige Richildis von Hohenwart
  41. Der selige Wolfhold, Priester zu Hohenwart
  42. Die selige Salome und Judith in Niederaltaich
  43. Der heilige Thiemo, Erzbischof von Salzburg



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