Der selige Tagino, Erzbischof von Magdeburg -
- Festtag, Gedenktag ist der 9. Juni
- * in ?
- † am 9. Juni 1012
Der selige Tagino, auch Tagmo genannt, wurde von seiner frühesten Jugend an in Regensburg unter der Leitung des heiligen Wolfgang erzogen.
Seine Heimat ist nirgends angegeben.
Sicherlich war er in Bayern oder Schwaben geboren.
Schon vor der Flucht des heiligen Wolfgang nach Mondsee war er dessen Verwalter oder Generalvikar.
Bei dem Aufenthalt in Weltenburg, wo der Blitz einschlug und die Mauern des Gebäudes spaltete, fiel er wie tot zur Erde und wurde vom heiligen Bischof wieder aufgerichtet.
Wahrscheinlich war er der erste Probst des von Heinrich dem Heiligen im Jahre 1002 neu errichteten Kollegialstiftes zur alten Kapelle.
Dem heiligen Wolfgang diente er mit treuer Liebe bis zu seinem Tod.
Er begleitete ihn auf seiner letzten Reise nach Puppingen und stand ihm bei in der Sterbestunde.
Wolfgang hatte gewünscht, daß Tagino sein Nachfolger werde; allein in der letzten Stunde war ihm geoffenbart, daß dies nicht geschehen werde.
Er zog ihn an sich und sprach zu ihm:
„Mein Sohn! lege deinen Mund auf meinen Mund und empfange vom Herrn das Wehen meines Geistes, auf daß du, wo immer die heilige Liebe in dir durch das jugendliche Feuer getrübt und gelähmt werden möchte, vom allmächtigen Gott durch die Liebe zu mir die rechte Mäßigung erlangst. Du wirst zwar mein Amt nicht erhalten, aber zehn Jahre nach meinem Hinscheiden wird dir noch Größeres anvertraut werden.”
Mit dieser Verheißung entließ der heilige Bischof seinen treuen Diener.
Tagino hatte sich durch seine ausgezeichneten Tugenden bei den Meisten beliebt gemacht.
Seine Gottesfurcht, seine Freigebigkeit und Keuschheit wurden von allen gerühmt.
Jedermann wußte, daß der treue Diener des Herrn nicht sich selbst suchte, sondern das Wohl der Gläubigen.
Er war nämlich ganz abgestorben der Welt, trug ein einfaches Gewand und verschmähte allen Prunk.
Aber gerade diese Einfalt war anderen zuwider.
Es gab nämlich schon damals Geistliche, die ihre Eitelkeit in kostbaren Kleidern mit auffallendem Schnitt zur Schau trugen und denen eben darum der fromme Diener Gottes in seiner Einfachheit ein Dorn im Auge war.
Diese Leute wollten einen Bischof nach ihrer Art.
Sie verwarfen den vom Volk gewünschten, vom heiligen Wolfgang empfohlenen Tagino und wählten den Grafen Gebhart von Hohenwart zum Bischof.
Dieser hatte auch bei Hof große Geltung und wurde zum Bischof geweiht.
Mit ihm beginnt eine Reihe hoch geborener, aber dem heiligen Wolfgang selten nacheifernder Inselträger.
Dem neuen Bischof war Tagino von Heinrich dem Heiligen ganz besonders empfohlen worden.
Aber sie passten nicht zusammen.
Ihre Karaktere und Bestrebungen waren zu verschieden.
Gebhart wollte die trefflichen Anordnungen, die der heilige Wolfgang bezüglich der Klöster und ihrer selbstständigen Verwaltung getroffen hatte, wieder aufheben und so manches ändern, was der gottselige Tagino unverändert wünschte.
So kam es, daß Tagino immer mehr sich zurück zog.
Besser als der neue Bischof, wußte Heinrich der Heilige den trefflichen Tagino zu würdigen.
Er zog ihn an seinen Hof und bediente sich seines weisen Rates, wie er ehedem dessen heiligen Lehrer Wolfgang in allen wichtigen Angelegenheiten zu Rat gezogen hatte.
Tagino scheint indessen die Vorstandschaft über das Collegialstift beibehalten aber auch zugleich am kaiserlichen Hof einer ausgezeichneten Gunst sich erfreut zu haben.
Denn im Jahre 998 schenkte Kaiser Otto III. mit Zustimmung seines Vetters, Heinrich des Heiligen, dem Tagino einen königlichen Hof in der Stadt Regensburg und im darauf folgendem Jahr wurde er als Kaplan des Herzogs und als einer der ersten Staatsmänner wiederum mit kaiserlichen Geschenken bedacht.
Im Jahre 969 hatte Kaiser Otto der Große das Bistum Merseburg gestiftet und den Priester Giseler zum Bischof dieser Kirche ernannt.
Dieser Giseler war ein hoch strebender, ehrgeiziger Mann.
Als neun Jahre darauf das Erzbistum Magdeburg erledigt wurde, wollte er Erzbischof werden.
Damals galten noch die kirchlichen Gesetze, welche einen Bischof verbieten, seine Kirche zu verlassen und ein anderes Bistum anzunehmen.
Um dieses Gesetz nicht zu übertreten und dennoch Erzbischof werden zu können, brachte er Giseler bei dem Kaiser dahin, daß er das Bistum Merseburg aufhob und dessen Gebiet größtenteils dem Erzbistum Magdeburg zu teilte.
Jetzt war Giseler ohne Bistum und konnte ohne Übertretung eines Gesetzes Erzbischof werden.
Diese ganze Geschichte war vom Papst mißbilligt und Gregor V. verlangte auf einer römischen Synode im Jahre 998 mit aller Entschiedenheit, daß Kaiser Otto III. das Bistum Merseburg wieder herstelle.
Aber der Erzbischof Giseler wußte dieses Werk der Gerechtigkeit immer zu hintertreiben.
Als Heinrich der Heilige deutscher König wurde, war die Wiederherstellung des ungerechter Weise aufgelösten Bistums eine seiner Angelegenheiten.
Er drang in den Erzbischof Giseler, die seinem Erzstifte einverleibten Teile Merseburgs wieder frei zu geben.
Auch der Erzbischof Willigis von Mainz machte ihm darüber ernste Vorstellungen.
Aber Giseler war unerbittlich; er verließ den Kaiser samt dem Erzbischof mit Trotz und begab sich auf sein Landgut Tribur.
Hier ereilte ihn nach zwei Tagen, den 25. Januar 1004 der Tod.
Jetzt hatte der fromme König freie Hand.
Sogleich eilte er nach Magdeburg, setzte die Wiederherstellung des Bistums Merseburg durch und übergab es seinem Kaplan Wigbert.
Auf das erledigte Erzbistum Magdeburg aber erhob er seinen Freund und Erzieher, den ehrwürdigen Probst Tagino, an der alten Kapelle zu Regensburg.
So ging die Prophezeiung des sterbenden Bischofs Wolfgang in Erfüllung.
Dem treuen Diener Gottes, der nicht seine Ehre, sondern das Wohl der Kirche suchte, den die Regensburger verworfen hatten, wurde Größeres anvertraut als die Kirche Regensburgs.
Der ehrwürdige Tagino war mit den Anordnungen Heinrichs des Heiligen in Betreff Merseburgs vollkommen zufrieden und auch die Bischöfe von Zeitz und Meissen traten die früher ihnen zugeteilten Bezirke Merseburgs willig ab.
Tagino verließ Regensburg und begab sich in seine Diözese.
In Begleitung des Königs kam er zuerst auf das erzbischöfliche Schloß Siebichenstein.
Hier staunten sie über die Vorräte an zeitlichen Schätzen, welche der verstorbene Giseler dort selbst aufgehäuft hatte.
Dann begaben sie sich nach Merseburg, wo Tagino die bischöfliche Weihe empfangen sollte.
Es war sonst Sitte, daß der Erzbischof von Magdeburg die Weihe vom Papst selbst empfing.
Aber eben jetzt war in Italien alles voll Unruhe und seine Reise dorthin mit großen Gefahren verbunden.
Nun stand es dem ältesten Bischof der Provinz zu, den neuen Bischof zu weihen.
Dieser war Hilderich von Havelberg.
Mit Genehmigung dieses Greisen nahm nun der Erzbischof Willigis von Mainz in Gegenwart des Kaisers und des päpstlichen Nuntius die Bischofsweihe vor.
Dies geschah am Fest Mariä Lichtmess 1004.
Als Heinrich der Heilige zwei Jahre später in Errichtung des Bistums Bamberg die größten Widersprüche und Hindernisse zu überwinden hatte, war ihm sein treuer Tagino stets zur Hand und unterstützte sein gottgefälliges Werk aus allen Kräften.
Er war auch bei den Konzillium zu Frankfurt 1006 gegenwärtig, wo es sich um die Gründung dieses Bistums handelte.
Hier erklärte er als der erste von den versammelten 35 Kirchenfürsten, daß die Errichtung dieses Bistums ein gerechtes und gottgefälliges Werk sei und daß die Versammlung unbestreitbar die Vollmacht habe, dieses Werk zu genehmigen und zu bestätigen, wenn auch der Bischof von Würzburg nicht einstimmen wolle.
Tagino war ein ausgezeichneter Bischof.
Die Zeitgenossen wissen keinen, der mit seinen geistlichen Brüdern so vertraut gewesen wäre, die selben so geliebt und geehrt hätte, wie er.
Er lebte wie ein Mönch, in unablässiger Abtötung und im fortwährendem Gebet.
Wo es sich um Abstellung von Unordnungen handelte, war er streng.
Alles Gute fand bei ihm Anerkennung und mit den Schwachen hatte er Geduld.
Im ersten Jahr nach seiner Ordination begann er den Bau der prachtvollen Domkirche von Magdeburg.
Den Geistlichen erhöhte er das Gehalt und das Vermögen der Kirche vermehrte er mit größter Freigebigkeit.
Wo ihn seine Kränklichkeit hinderte, las er alle tage die heilige Messe und wohnte dem ganzen Chore bei.
Strenge Fasten konnte er wegen seiner geschwächten Gesundheit nicht halten; er aß immer nur wenig und trank meistens nur Wasser.
Weil er für sich so wenige Bedürfnisse hatte, konnte er umso reichlichere Almosen geben.
Die Vornehmen und Adeligen hielt er hoch in Ehren, wenn sie auch edel gesittet waren.
Wer den Herrn liebte, wurde von ihm geliebt; wer den Herrn verachtete, wurde von ihm verfolgt.
Wo er zum Gottesdienste sich vorbereitete, war er immer besonders ernst und in sich gesammelt; nach dem selben erschien er heiter und sang voll Freuden das Lob des Herrn.
Mit größter Sorgfalt ließ er sich die Verherrlichung des Gottesdienstes und die Zierde der Kirche angelegen sein.
Durch die Bemühung des ehrwürdigen Tagino wurde Dietmar, der nachmalige Beschreiber der Lebensgeschichte unseres verehrten Erzbischofs, nach Wigberts Tod zum Bischof von Merseburg erwählt, am Osterfest 1009 dem Kaiser Heinrich II. in Augsburg vorgestellt und am Montag darauf in Neuburg an der Donau geweiht.
Schon hatte der ehrwürdige Erzbischof acht Jahre seine Kirche regiert; jetzt schwanden auf einmal seine Kräfte.
Am Pfingstfest 1012 sollte er zu Merseburg, wo eben Heinrich der Heilige sich aufhielt, das heilige Hochamt halten.
Aber er war zu schwach, und es mußte die Feierlichkeit durch den Bischof Dietmar gehalten werden.
Am folgenden Tag fühlte sich der Kranke etwas besser.
Er begab sich zum König Heinrich II., ermüdete aber so sehr, daß er von da an gar nichts mehr tun konnte.
Der Abt Sigfried und der Bischof Erich wurden herbei gerufen.
Vor ihnen legte er das Bekenntnis seiner Sünden ab.
Am fünften Tag ließ er sich auf einem Tragesel zu dem Bett des kranken Königs Heinrich bringen und sprach zu ihm:
„Gott der Allmächtige vergelte dir, mein teuerster Herr, all die innige Liebe, die du gegen mich, einen Fremdling in diesem Land, bisher bewiesen hast.
”
Dann brachte man ihn in die Kirche, wo er die heilige Messe anhörte und die Anwesenden segnete.
Am folgenden Tag wurde er auf einem Schiff nach Gibichenstein und am Sonntag darauf nach Rothenburg an der Saale gebracht.
Hier berief er seinen Propst Walthart und übertrug ihm die Sorge für sich, d. h. für die Beerdigung seiner Leiche und für seine Diözese.
Am Montag den 9. Juni 1012 entschlief er sanft mit lächelndem Antlitz.
Er war einer der preiswürdigsten Kämpfer gegen Roheit und Zügellosigkeit, einer der heiligsten Bischöfe seiner Zeit, der treueste Freund des großen Kaisers, Heinrichs des Heiligen und wird als Seliger verehrt.
(Damberger. Raderus)
Quelle:
- BAVARIA SANCTA - Leben der Heiligen und Seligen des Bayerlandes
zur Belehrung und Erbauung für das christliche Volk - Bearbeitet von Dr. Modestus Jocham, Professor der Theologie und erzbischöflicher geistlicher Rat - Mit Gutheißung des hochwürdigsten Erzbischöflichen Ordinariats München - Freising, (1861)
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