Der selige Ruzo (Rugo), Einsiedler in Kempten -
- Festtag, Gedenktag ist 1. Juli
- * in ?
- † im 10. Jahrhundert
An das tatenreiche Leben des heiligen Ulrich reiht sich die Lebensgeschichte zweier Männer an, die in der strengsten Zurückgezogenheit ein beschauliches Leben führten, des seligen Rugo von Kempten und des seligen Hatto von Ottobeuren.
Gerade zur Zeit des heiligen Ulrich treffen wir mehrere fromme Männer und Frauen, die zunächst an einer Kirche gleichsam eingemauert lebten.
Von der ganz beengten Zelle, in der sie unabläßig dem Gebete und der Contemplation ergeben waren, ging ein ganz kleines Fenster gegen die Kirche hin, damit sie dem Gottesdienste und dem Chorgebete beiwohnen konnten.
Durch dieses Fenster wurde ihnen auch die heilige Kommunion gereicht.
Durch ein anderes, eben so kleines Fenster bot man ihnen die notwendige Nahrung.
Zu diesem geistlichen Kerker hatte nur der Abt, unter dessen Leitung sie standen, einen Zutritt.
Nur sehr weit geförderten Seelen wurde eine solche Einschließung gestattet und nur der Bischof konnte die Erlaubnis dazu erteilen.
Man nannte solche Einsiedler „Reklusen” d. h. Eingeschlossene.
Ein solcher Rekluse war der selige Rugo.
Ganz arm und elend, lebte er auf dem Gottesacker des Klosters Kempten, in der eben bezeichneten Weise eingeschlossen, nur mit dem Unterschiede, daß er auf einem Lager hingestreckt darnieder lag.
Rugo konnte nämlich außer den Armen kein Glied seines Leibes bewegen.
Mitleidige Menschen brachten ihm die ganz geringe Nahrung, die er genoß, und pflegten ihn, so ferne es die äußere Not erforderte.
Dieser arme Einsiedler stand bei dem heiligen Ulrich in hohem Ansehen.
So oft er nach Kempten kam, besuchte er ihn un unterhielt sich mit ihm durch geistliche Gespräche.
Immer war der heilige Bischof durch die reden dieses Armen gar sehr erbaut.
Denn der Selige war unabläßig im Verkehr mit Gott, sang ungeachtet seiner vielen Schmerzen beständig das Lob Gottes und betete für das Wohl der ganzen Kirche.
Vor seinem Tode übersendete der heilige Bischof ihm noch einige Kleidungsstücke und empfahl sich seinem Gebete.
Dies ist Alles, was wir von diesem treuen Diener Gottes wissen.
Selbst der gelehrte und unermüdete Erforscher der Geschichte Kemptens findet nichts von dem seligen Ende des selben aufgezeichnet.
Auch scheint man es nie zu einer öffentlichen Verehrung dieses armen Heiligen gebracht zu haben, obgleich das Ansehen des heiligen Ulrich und dessen Ehrfurcht vor diesem Diener Gottes genügenden Anstoß dazu gegeben hätte.
(Braun. Haggenmüller.)
Quelle:
- BAVARIA SANCTA - Leben der Heiligen und Seligen des Bayerlandes
zur Belehrung und Erbauung für das christliche Volk - Bearbeitet von Dr. Modestus Jocham, Professor der Theologie und erzbischöflicher geistlicher Rat - Mit Gutheißung des hochwürdigsten Erzbischöflichen Ordinariats München - Freising, (1861)
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