Der heilige Gotthard (Godehard), Bischof von Hildesheim
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Der heilige Gotthard (Godehard), Bischof von Hildesheim  — 

  • Festtag, Gedenktag ist 4. Mai
  • * in 940 in Niederaltaich
  • am 4. Mai 1039
  • Heiligsprechung: im Jahre 1131 erfolgte durch Papst Innozenz II. die Heiligsprechung.

    Anmerkung von www.heiligenlegenden.de: im Originaltext des Bavaria Sancta ist die Heiligsprechung auf 1129 datiert. Dies ist falsch, die Heiligsprechung erfolgte erst 1131. Im Jahr 1129 wurde lediglich die Einleitung der Heiligsprechung begonnen. Ich möchte Herrn Johannes Molitor für den Hinweis auf das korrekte Datum für die Heiligsprechung danken.

Unter den großen Männern, welche Kaiser Heinrich II. zu seinen vertrauten Ratgebern machte und auf bischöfliche Stühle erhob, ragt der Bayer Gotthard rühmlichst hervor. Der selbe war in Ritenbach an der Donau, nächst beim Kloster Niederaltaich im Jahre 940 geboren. Sein Vater hieß Rathmund. Derselbe war gewahrte an seinem Sohn schon gar frühzeitig und vorzügliche Talente für den Unterricht. Deshalb sendete er ihn in die Schule des Klosters Altaich.

Dieses Kloster war schon zweihundert Jahre vor der Geburt Gotthards auf Anregung des Glaubenspredigers Pirminius vom Herzog Odilo gestiftet worden, im Jahre 741. Odilo hatte auch viele Besitztümer dem Kloster vermacht und es zu einer Blüte gebracht, die Großes hoffen ließ. Aber die folgenden Kriege verwüsteten die ganze Umgegend und verheerten auch das Kloster. Erst unter Kaiser Karl dem Großen und seinen Nachfolgern erhob es sich wieder. Karl der Große schenkte dem Kloster Güter in Österreich und befreite es von den Abgaben und Lasten. Besonders nahm Ludwig der Deutsche das Kloster in seinen Schutz und bestätigte dessen Freiheiten. Unter seiner Regierung wurde der Abt Gotsbald von Niederaltaich auf den bischöflichen Stuhl von Würzburg erhoben und die Mönche erhielten die Freiheit, selbst einen Abt aus ihrer Mitte zu erwählen. Unter der Regierung des Herzogs Arnulf in Bayern (911-937) wurden die Besitzungen des Klosters, das von den Ungarn zerstört wurde, größtenteils an Weltliche vergeben. An die Stelle der Mönche waren Kanoniker getreten. Erst unter Kaiser Otto III. wurde das Kloster wieder den Benediktinern übergeben um das Jahr 990. Noch vor dieser Zeit erhielt Gotthard seine wissenschaftliche Bildung und religiöse Erziehung in Niederaltaich. Er zeichnete sich in jeder Beziehung aus und lenkte die Aufmerksamkeit des Bischofs Friedrich von Salzburg auf sich. Dieser hatte damals das Kloster als eine Lehen erhalten und nahm sich des selben mit väterlicher Sorgfalt an. Als er von den ausgezeichneten Fortschritten des jungen Gotthard hörte, nahm er ihn zu sich, um ihn als seinen Gehilfen in Leitung der kirchlichen Geschäfte zu gebrauchen. Drei Jahre lang blieb Gotthard in der Umgebung des Bischofs. Auf den Visitationsreisen, wo er den Oberhirten begleitete, befaßte er sich vorzüglich mit dem Unterricht der Kinder in der christlichen Lehre. Der Bischof erteilte ihm die niederen Weihen und das Subdiakonat. Aber Gotthard konnte sich in dies Leben der Zerstreuung nicht finden. Er wollte sich ganz dem Herrn zum Opfer bringen und von der Welt abgeschieden, ihm allein dienen.

Als der fromme Erchambert in Niederaltaich wieder das Klosterleben nach der Regel des heiligen Benedikt eingeführt hatte und die ihm übergebene Genossenschaft im Geiste des Stifters zu leiten begonnen hatte, eilte Gotthard wieder nach Altaich zurück, entsagte allen weltlichen Aussichten und wurde Mönch. Er war jetzt 31 Jahre alt und lebte fortan im Kloster in unverbrüchlichem Gehorsam, als ein Muster der Demut, der Keuschheit und jeder christlichen Tugend. Die Armut und die Entbehrung selbst des Notwendigsten war seine Freude. Streng gegen sich selbst und allen Übungen der Abtötung, war er voll Liebe und Milde gegen seine Mitbrüder. Jeden Augenblick benutzte er entweder zum Gebet und zur Betrachtung oder zu Werken der Liebe an seinen Brüdern.

Diese ausgezeichneten Tugenden des frommen Mönches bestimmten seinen Abt, ihn zum Prior des Klosters zu erwählen und zum Priester weihen zu lassen. Im zweiten Jahr nach seinem Eintritt in den Orden, 992, wurde er vom heiligen Bischof Wolfgang zum Priester geweiht. Drei Jahre später legte der fromme Erchambert die Last der Vorstandschaft ab. Er war der weltlichen Sorgen recht satt geworden und wollte in stiller Einsamkeit sein kränkelndes Leben ganz Gott weihen. Nun sollte Gotthard nach dem Willen des Herzogs Heinrich IV. des späteren Kaisers, sein Amt übernehmen. Aber Gotthard weigerte sich, so lange der bisherige Abt, dem er Gehorsam gelobt hatte, am Leben wäre, in seine Stelle einzutreten. Zwei Jahre war nun das Kloster ohne Abt. Gotthard stand dem selben als Prior vor, mußte aber endlich auf den Befehl der Bischöfe sich zum Abt weihen lassen. Dies geschah im Jahre 997.

Diese Erhöhung war ihm ein Anlaß, sich noch mehr zu demütigen unter seinem höchsten Herrn und Heiland. Er übte noch größere Strenge gegen sich und führte die strenge Zucht auch im ganzen Kloster ein. Vereint mit seinen Brüdern lichtete er mit eigener Hand die umliegenden Wälder, schuf herrliche Saatfelder, wo bisher Dornengesträuch und Disteln wucherten und erbaute auf einem nahe liegenden Berg, Helingersberg genannt, ein Castell und eine der Mutter Gottes geweihte Kirche. In dem nahen böhmischen Wald kultivierte er so viel Land, daß über dreißig Höfe errichtet werden konnten, welche von den Leuten des Klosters bebaut wurden. Das war seine äußere Tätigkeit. Noch weit mehr lag ihm an der geistigen Kultur seiner Mitbrüder, die er ebenfalls in außerordentliche Weise förderte. Acht Jahre brachte er in dieser Tätigkeit ungestört dahin zum Segen seiner Gemeinde und der ganzen Umgegend. Im Jahre 1004 wurde er in das Kloster Hersfeld in Hessen berufen. In diesem altehrwürdigen Kloster war die Zucht ganz zerfallen und ein weltliches Leben war Sitte geworden. Der letzte Abt von Hersfeld hatte sich Jahre lang auf ein Landgut in einer milderen Gegend begeben und dort die Einkünfte des Klosters verzehrt. Unter den zurück gebliebenen Mönchen war Unzufriedenheit eingetreten. Sie hatten sich an den König Heinrich II. gewendet, daß er die Mißstände abstellen und ihnen wieder einen Abt geben möchte. Der Kaiser kannte die Mißstände gar wohl. Er wartete bis zum Tode des ferne vom Kloster wohnenden Abtes. Jetzt war die Zeit gekommen, in der man gründlich aufräumen mußte. Der fromme und kräftige Abt von Altaich war dem Kaiser gar wohl bekannt. Ihm übertrug er das Werk der Wiederherstellung des verkommenen Klosters. Der Erzbischof Willigis von Mainz führte den Reformator in die Klostergemeinde ein. Vor allem wurden den Brüdern die strengen Satzungen des Ordens verkündet und zugleich erklärt, , wer sie nicht halten wolle, der möge gehen, wohin er wolle. Die meisten nahmen Abschied. Nur einige von den älteren Mönchen und ganz junge blieben. Die Zurückgebliebenen fügte sich gar bald in die Ordnung und das Haus gewann wieder ein klösterliches Ansehen. Auf die Ermunterung und Mahnung dieser Besseren kamen bald auch die meisten von den Entlaufenen wieder zurück und beugten sich unter das Joch des Herrn. Sieben Jahre verweilte der Heilige in diesem Kloster, bis sich die Zucht und Ordnung wieder befestigt hatte. Nach dieser Zeit mußte der Heilige im Auftrage des Königs nach Tegernsee wandern um auch dort das selbe Verbesserungswerk zu unternehmen. Auch hier gelang es ihm, die vergessene Regel des heiligen Benedikt wieder zur Geltung zu bringen und die Mönche auf einen besseren Weg zu führen. Zugleich übernahm er auch die Verbesserung im Kloster Kremsmünster. Alle diese Klöster leitete er zehn Jahre als Abt, (1011-1021) indem er vom einen zum andere reiste und überall die von ihm eingeführte Ordnung fest begründete. Endlich wurden ihm die Mühseligkeiten und Beschwerden dieser so vielfältigen Tätigkeit, mit der er unablässige Bußübungen verband, eine unerträgliche Last. Er wünschte wieder zurückzukehren in sein einsames Altaich und dort einzig das Heil seiner Seele zu besorgen. Mit Genehmigung des Königs setzte er den vortrefflichen Arnold als Abt des Klosters Hersfeld ein und übergab die Leitung des Klosters Tegernsee dem ehrwürdigen Mönch Berthold.

In Altaich war alles in bester Ordnung. Die Mönche wetteiferten in dem Streben nach Heilung und pflegten zugleich die Studien. Mehrere der selben zeichneten sich durch Gelehrsamkeit aus und wurden vom König und von den Bischöfen als Lehrer für andere Klöster verlangt, denn der gute Ruf dieser Genossenschaft hatte sich im ganzen Reiche verbreitet. Der fromme Abt ließ sich besonders auch die Zierde der Klosterkirche angelegen sein. Er besorgte kostbare Meßbücher, prachtvolle Meßgewande und kunstvollen Ornat. Diese Ruhe genoß der Heilige zehn Jahre ohne alle Störungen, einzig um die Heilung seiner Seele und um die Förderung seiner Mitbrüder bekümmert. Schon erwartete er die nahe Heimkehr zu seinem Herrn und Heiland, als ihm durch ein Traumgesicht ein neues Tagewerk angedeutet wurde. Es waren eben dreißig Jahre seit seinem Eintritt in den Orden verflossen. Da kehrte er einst, nachdem er nach vollendeter Metten noch längere Zeit im Chor gebetet hatte, beim Anbruch der Morgenröte in seine Zelle zurück und ruhte ein wenig auf seiner Lagerstätte aus. Auf einmal erblickt er im Klosterhofe einen Ölbaum von außerordentlicher Pracht und Größe. Er meint, er sitze unter diesem Ölbaum und lese. Zugleich sieht er einige Männer daher kommen, die er nicht kennt und die ihm melden, sie hätten vom König den Auftrag erhalten, diesen Ölbaum hier auzugraben und auf ein königliches Gut zu verpflanzen. Unverzüglich ergreifen sie auch Grabwerkzeuge und beeilen sich, den Baum auszuheben; aber je tiefer sie graben, desto fester und zäher finden sie die Wurzeln. Jetzt greifen sie zu den Beilen und hacken die tiefgreisenden Wurzeln ab, nehmen den Baum und tragen ihn mit sich fort. Aber augenblicklich treiben die zurückgebliebenen Wurzeln die herrlichsten Geschosse, die wunderbar ineinander verwachsen und zugleich kommen von allen Seiten Leute daher, die einzelne Geschosse ausgraben, um sie anderswo einzusetzen.

Sobald der Heilige von seinem Schlummer erwachte, begab er sich sogleich in die Kirche und empfahl sich der Erbarmung des Herrn für die, wie er glaubte, nahe Hinscheidung in die selige Heimat; denn er glaubte gewiß, durch dieses Traumgesicht sei ihm sein naher Tod angedeutet worden. Aber darin hatte er sich getäuscht.

Im Jahre 1022 war der ehrwürdige Bischof Bernward von Hildesheim gestorben. Kaiser Heinrich war eben in Grona. Der gottselige Abt von Altaich hatte sich in einer Angelegenheit an den Hof des Kaisers begeben müssen. Da traf er ihn sehr betrübt über den Tod des verdienstvollen Bischofs. Sobald der Kaiser den Abt erblickte, war er fest entschlossen, demselben das Bistum Hildesheim zu übergeben. In einer vertraulichen Unterredung teilte er ihm diesen Entschluß mit. Der Heilige widersetzte sich mit aller Entschiedenheit; es seien seine tage gezählt, sagte er und der habe alle anderen Lasten ja darum abgelegt um die wenigen Tage seines hinfälligen Lebens ganz dem Herrn zu leben und sich auf einen seligen Tod vorzubereiten. Auch den Bischöfen, die nach dem Willen des Kaisers ihn zur Übernahme des Bistums bereden sollten, erklärte er standhaft, er werde es nicht annehmen, denn er sei eines solchen Amtes unwürdig. Erst in Folge einer göttlichen Mahnung, durch die ihm die Bedeutung des früheren Taumgesichts erklärt wurde, willigte er endlich in den Willen des Kaisers und der Bischöfe ein. Am Fest des heiligen Andreas (1022) wurde er von dem versammelten Volk und von der Geistlichkeit in Hildesheim einmütig zum Bischof erwählt und am darauf folgenden Sonntag vom Erzbischof Aribo von Köln geweiht.

Seine bischöfliche Amtstreue bewies bald, daß er dem heiligen Manne voran gehende Ruf vollkommen war gewesen. Für sich selbst bewahrt der gottesfürchtige Bischof die selbe Einfachheit und Strenge, wie er sie als Mönch seit 30 Jahren gewohnt war. Sein Einkommen verwendete er auf die Herstellung der Kirchen und Klöster und auf die Unterstützung der Armen. Dem Fasten und Wachen in Gebet und Meditation oblag er unausgesetzt; denn als Hirte der Gläubigen wollte er den Weg der Selbstverleugnung und des Kranzes wandeln, den ihm der oberste Hirt und Heiland vorangegangen ist. So wurde er von den Großen des Reiches gefürchtet und geehrt; denn sie erkannten, daß er nichts von der Welt verlangte und brauchte. Von seinen Untergebenen wurde er wie ein Vater geliebt und hoch verehrt; denn in all ihren Anliegen fanden sie sein liebendes Herz offen und zur Hilfe und zum Schutze bereit. Seiner Geistlichkeit war er ein Vorbild des geistlichen Lebens und ein strenger Zurechtweiser aller Anordnungen und Treibens. Er hielt an mit Ermahnen, mit Belehren und Zurechtweisungen, wie es der Apostel von einem Bischof verlangt. Jünglinge von guter Gemütsart, an denen er besondere Talente für wissenschaftliche Bildung gewahrte, nahm er in seine Schule auf und ließ sie unterrichten. So wurden bald ausgezeichnete Männer für die Kirche in Hildesheim heran gebildet und die Schule des Bischofs erhielt einen Namen nahe und fern. Es wurde eine Büchersammlung angelegt und die Kirchen erhielten von den Zöglingen dieser Schule , die sich ebenso in der Kunst übten, wie sie in den Wissenschaften Fortschritte machten, Gemälde und Statuen. Das Vermögen seiner Kirche vermehrte er durch weise Sparsamkeit; und in Verschönerung der Gotteshäuser war er über die Massen großzügig. Der von Bischof Ottwin erbaute, nunmehr ganz baufällige Taufkirche stellte er mit großem Aufwand wieder her und stiftete zugleich eine Kongregation von Kanonikern, die in der selben das Lob Gottes singen und dem Herrn dienen sollten. Dann erbaute er Spitäler für Kranke und für Verarmte und begabte sie mit reichlichen Stiftungen. Jeder Arme hatte Zutritt bei ihm oder gar oft ging er in der Stadt umher, die Armen aufzusuchen und sie aus ihrem Elend zu retten. Er pflegte mit außerordentlicher Liebe die Gastfreundschaft. Nur die herum vagierenden Mönche, die wandernden Frömmlinge, die aus den Wallfahrten ein Gewerbe machten und zu keiner Arbeit sich bequemten, waren ihm zuwider und wurden von ihm abgewiesen. Sagte man ihm, daß es auch unter diesen modernen Peripathetikern, wie er sie nannte, wahrhaft fromme Leute gebe, so antwortete er in den Worten des heiligen Hieronymus: Die große Zahl der Lügner ist Ursache, daß man manchmal auch dem nicht glaubt, der die Wahrheit redet.

Obgleich er außerordentlich strenge war in Handhabung der kirchlichen und klösterlichen Ordnung, so hatte er doch auch innigstes Mitleid mit den Sündern und nahm jeden reumütigen Büßer mit väterlicher Liebe wieder auf. Voll zärtlicher Liebe bot er jedem die Hand, der ihn um seine Leitung auf dem Weg des Lebens an flehte.

Der Erzbischof von Mainz hatte seine untergebenen Bischöfe indem selben Jahr, in welchem Gotthard auf den bischöflichen Stuhl war erhoben worden, zu einer Synode zusammen berufen. Auf dem Wege dahin begegnete der Bischof Gotthard einem Weibe das vom bösen Geiste schrecklich geplagt wurde. Ihre Eltern und Verwandten führten sie von einer Kirche zur anderen um durch die Fürbitte der Heiligen für die Befreiung zu erflehen. Als sie in die Nähe des Bischofs kamen, gebärdete sich das Weib schauerlich und wollte durchaus nicht unter sein Angesicht treten. Die Führer brachten sie mit Gewalt vor ihn und baten um Hilfe. Der Bischof warf sich zur Erde nieder und bat den Herrn um die Offenbarung seiner wundervollen Macht. Dann legte er der Geplagten die Hände auf und erteilte ihr den Segen. Augenblicklich wurde sie von ihrer Plage befreit und dankte Gott für die wunderbare Hilfe. Die Begleiter aber verkündeten überall das von de heiligen Bischof gewirkte Wunder.

Noch in dem selben Jahr wurde (am 13. August 1022) die Synode in Seligenstadt gehalten. Gotthard war auch hiermit den übrigen Bischöfen unter dem Metropoliten Aribo versammelt. Außer den allgemeinen kirchlichen Angelegenheiten beschäftigte hier den Bischof von Hildesheim noch besonders die Sorge um das Kloster Gandersheim, das zu seinem Sprengel gehörte und schon längere Zeit unter die Gerichtsbarkeit des Erzbischofs Aribo gestellt worden war. Auch bei dem von Aribo berufenen Nationalkonzililum in Höchst am 14. Mai 1024 war der heilige Bischof von Hildesheim gegenwärtig und bemüht, das Ansehen des fälschlich angeschuldete Metropoliten zu retten und die von ihm zur Verbesserung der kirchlichen Verhältnisse erlassenen Anordnungen zu bekräftigen.

Einst kam der Heilige auf einer Visitationsreise nach Engelhausen, wo er übernachtete. Eine Menge armer Leute drängten sich zu ihm und erhielten von ihm reichliches Almosen. Unter ihnen war auch eine arme Witwe, die ihr armseliges Kind daher trug und dem Bischof zu Füssen legte. Es war mit Aussatz behaftet und von der Gicht so übel zugerichtet, daß all seine Glieder verenkt und eingekrümt waren. Euterbeulen und Geschwüre bedeckten den ganzen Leib. Der Diener Gottes hatte herzliches Mitleiden mit de armen Knaben und befahl seinen Dienern, denselben mitzunehmen. "Gott ist mächtig genug, so sprach er, auch dieses arme Kind wieder gesund zu machen. Er, der vom Anfang an und zu allen Zeiten mit väterlicher Liebe den Elenden und Sündern Hilfe und Heil erwiesen hat, wird auch uns durch die Heilung dieses Kindes erfreuen." Der Knabe erhielt die notwendige Pflege. Bach vier bis fünf Monaten fing er schon an, seine Glieder zu rühren, von seinem Lager aufzustehen und kriechend von einem Ort zum andern sich zu bewegen. Der Bischof bemerkte, daß mit innigster Freude; er flehte zum Herrn, daß er, der Allmächtige, das angefangene Werk der Heilung vollenden wolle. Sein Gebet wurde erhört. Der Knabe wurde vollkommen gesund und als Diener an der Domkirche angestellt. Nur einige Knoten blieben ihm an den Händen, die er nach zwanzig Jahren noch als die Wahrzeichen seines früheren Elendes und seiner wunderbaren Heilung vorzeigte.

In Goslar lebte eine fromme Frau mit dem Namen Hatzeka, deren Sohn der Bischof selbst aus der Taufe gehoben hatte. Diese wurde einst von einem höchst schmerzlichen Augenleiden befallen. Sie konnte nichts mehr essen und nicht mehr schlafen wegen der heftigen Schmerzen. In ihrem Leiden sendete sie ihr Söhnchen zum Bischof, daß er für sie beten und dadurch Hilfe von Gott erstehen möchte. Der Bischof brach einige Blühten von dem Spindelbaum ab, machte darüber das Kreuzzeichen und gab sie dem Knaben mit den Worten: Bringe diese Blüten deiner Mutter. Sie soll die selben zur Erinnerung an mich bei sich tragen und Gott um Heilung anrufen. Sobald die Frau diese Blühten über die Augen legte, war das Leiden weg. Sogleich wurden die seit mehreren Tagen geschlossenen Fenster geöffnet; sie konnte das helle Tageslicht ertragen und begab sich zum Bischof, ihm ihren Dank auszusprechen. Dieser aber forderte sie zum Vertrauen auf den Herrn auf und befahl einem Geistlichen, die geheilten Augen mit geweihtem Öle zu salben. Diese Salbung und das Gebet des Bischofs verwahrte sie bis an ihr Ende vor ähnlichen Leiden.

Unter seinen Geistlichen war ein Mann von ausgezeichneter Weltklugheit und List, mit Namen Hildwin. Der selbe hatte sich schon unter dem Bischof Bernward hoch empor geschwungen und großes Vermögen gesammelt. Kaiser Heinrich war auf mehrere schwere Vergehen dieses Menschen gekommen und hatte ihn sehr gedemütigt. Aber er wußte sich wieder einzuschmeicheln und selbst das Vertrauen des heiligen Bischofs Gotthard zu gewinnen. Alsbald erlaubte er sich wieder Ungerechtigkeiten und Verleumdungen gegen andere, um sie dem Bischofe zu entfremden und ganz allein sein Vertrauen zu behaupten. Der Heilige mußte viele Klagen über den Man vernehmen; aber er kam schwer daran, denselben Glauben zu schenken. Die Verstellungskunst Hildwins wußte immer wieder den Sieg davon zu tragen. Einst befand sich der Heilige in Engelhausen. Sein Propst und Dekan, sein Neffe Rothmund, der Abt des Klosters Altaich und mehrere andere waren gegenwärtig. Als sie alle versammelt waren, ließ er auch den Priester Hildwin in die Versammlung eintreten. Dies geschah und Jedermann sah ein, wie gut begründet diese Klagen waren. Aber der gewandte und listige Weltmann wußte all diese Anschuldigen so zu entkräften, daß man glauben sollte, er wäre ein unschuldiges Kind und ein Opfer der Verleumdungen. Dem Bischof war ganz klar, auf welcher Seite die Wahrheit sei. Er wendete sich zu Hildwin und Sprach: "Siehe, vor dem Angesicht als Lügner hingestellt. Nun schau mich an und antworte mir. Ich beschwöre dich bei Christus, dessen Worte ich in meinem Mund nehme, rede die Wahrheit. Hildwin, liebst du mich?" Der gewandte Lügner antwortete augenblicklich und mit aller Dreistigkeit: Wahrhaftig, ich liebe dich. Der Bischof fragte nochmal und Hildwin antwortete mit der selben Frechheit. Als aber der Bischof zum dritten Male die Frage stellte, wurde er ganz verwirrt und antwortete zitternd und mit kläglicher Stimme: Gott weiß alles, er weiß auch, daß ich dich liebe. Darauf sprach der heilige Bischof mit bewegtem Herzen: "Hast du wahr geredet, so bin ich befriedigt. Hast du gelogen, so hast du eine furchtbare Schuld auf dich geladen. Liebst du mich wirklich, so liebe auch meine Brüder und Freunde, meine Gäste und meine Armen. Liebe deine Mitknechte und Hausgenossen. Bei Gott fordere ich dich auf: wandle, wenn du wahr geschworen, fortan in der Wahrheit. Hast du falsch geschworen, so tue Buße. Mit diesen Worten entlasse ich dich nach Hause. Gott wird Richter sein. Du sollst in deinem Amte bleiben, wenn Gott es will." Hildwin verließ die Versammlung, wie Judas den Abendmahlsaal. Alle Anwesenden waren entsetzt über seine Frechheit. Der Bischof aber befahl ihnen, sie sollten gegen ihn freundlich und liebreich sich benehmen und mit ihm den Frieden halten. Hildwin meinte nun, als Sieger über seine Anhänger nur noch frecher sich benehmen zu dürfen. Er kehrte zurück in sein Haus, schmauste und trank und schallt über seine Feinde. Am anderen tage, als er eben sein Obergewand anziehen wollte, wurde er augenblicklich vom Tod ergriffen. Jedermann sah darin die Strafe Gottes über den Frevler. Der Bischof aber nahm sein ganzes Vermögen samt seinem kostbaren Hausrat und verteilte alles unter die Armen. Diesen trug er auf, für den Armseligen zu beten; und er selbst übernahm Bußwerke und verrichtete Gebete für dessen arme Seele.

Dem ehrwürdigen Todilo, der schon unter dem Bischof Bernward sich um die Diözese sehr verdient gemacht hatte, sagte er öfters voraus, daß sie zur gleicher Zeit die Reise in die Ewigkeit antreten würden. Todilo war ein höchst liebreicher Mann und eifriger Diener des Herrn. Deshalb hatte ihn Gotthard zu seinem Coadjutor erwählt und consecriert. Nun befiel den selben plötzlich eine Krankheit. Kein Mensch dachte an eine Gefahr. Aber Gotthard erkannte durch höhere Erleuchtung, daß die Zeit des Scheidens für Todilo gekommen sei und für ihn selber nahe stehe. Er sendete darum seinen Neffen, den Abt von Altaich, der eben bei ihm war, zu dem Kranken und ließ ihn erinnern, er sollte durch den Empfang der letzten Ölung sich auf die nahe Scheidung vorbereiten. Zugleich erteilte er dem Abte die Vollmacht, ihn Beicht zu hören und von allen Sünden loszusprechen. Dies geschah. Zwei Tage darauf entschlief Todilo selig im Herrn betrauert von der ganzen Diözese, denn nicht leicht war ein Mann allgemein so beliebt, wie dieser ehrwürdige, treue Diener Gottes.

Jetzt waren auch für den Bischof Gotthard die letzten Tage heran gerückt. Sein ganzes Herz war voll Verlangen, den Herrn der Heerscharen zu scheuen im heiligen Zelt seiner ewigen Herrlichkeit. Er zog sich zurück von allen anderen Geschäften, um einzig und allein dem Gebete, den Werken der Barmherzigkeit und dem Fasten zu obliegen. Mußte er der Zudringlichkeit seiner geistlichen Brüder nachgeben und etwas köstlichere Speisen zu sich nehmen, so war dies ihm die größte Pein. Es nahte die letzte Fastenzeit heran. Die Zeit der fasten war ihm immer die liebste, er nannte sie heilsamste. Schon war seine Gestalt ganz eingefallen, daß man nur mehr Haut und Bein an ihm sah. Er feierte noch am Palmsonntage, am grünen Donnerstag und am heiligen Osterfest die kirchlichen Zeremonien und das heiligste Opfer. Während der Osterfeiertage besuchte er noch wie gewöhnlich die verschiedensten Kirchen, gleichsam von ihnen Abschied nehmend und sie der Obsorge des höchsten Hirten empfehlend. Dabei erklärte er seinen geliebten Schäflein, es sei dies das letzte Mal, daß er vor ihnen erscheine; denn auf den Tag der Himmelfahrt werde er dahin gehen, wohin ihn der Herr einlade. Die Leute meinten, er rede von einer Reise in sein Heimatland, nach Bayern, wohin er zurück zu kehren früher fest entschlossen war.

Selbst in seinen letzten Tagen lag ihm die Vollendung des Baues der Kirche in Adenstod (Eistod) noch recht sehr am Herzen. Ungeachtet seiner Schwäche begab er sich nachdem weißen Sonntag dahin. Aber kaum war er dort angekommen, so verfiel er in eine solche Schwäche, daß man sein Ende ganz nahe glaubte. Als die Kunde hiervon nach Hildesheim kam, eilten sogleich der Dekan und der Abt Rathmund von Altaich zu ihm hinaus, um ihm beizustehen. Sie trafen ihn ganz heiter und getrost. Er werde nicht hier, sondern auf dem Moritzberge sterben und zwar nicht vor dem Fest der Himmelfahrt des Herrn, versicherte er sie. Zugleich sagte er ihnen voraus, wie es mit seiner Begräbnis und Totenfeier werde gehalten werden. Mit einer ernstlichen Mahnung zum Festhalten im Glauben und im Gehorsame und zum ernstlichen Gebete für ihn entließ er diese Freunde und ließ sich nach Engelhausen bringen. Hier sagte er einem jungen Maler, Namens Buno, den er früher zu seinem Reisegefährten in seine bayerische Heimat erwählt hatte, ganz klar voraus, daß er mit ihm die große Reise in die himmlische Heimat antreten werde. Als er dort immer schwächer wurde, ließ er sich vom Abte des Klosters die letzte Ölung erteilen. Am Vorabend vor der Himmelfahrt aber ließ er sich in das Kloster auf den Moritzberg bringen, um dort , wie er es schon voraus gesagt hatte, seine Sterbestunde zu erwarten. Die darauf folgende Nacht brachte er in Betrachtung und im Gebete zu, seine Seele und seine Gemeinde dem Herrn empfehlend. Am frühesten Morgen fragte er den Krankenwärter zuerst nach dem Befinden seines lieben Malers Buno. Als dieser ihm sagte, daß seine Auflösung nahe sei, ließ er ihm durch einen Boten die Worte sagen: "Sei getrost, mein Sohn und sei stark im Herrn, denn bald wirst du mit mir in die ewig selige Heimat gelangen." Als der Jüngling diese Worte vernahm, war er hoch erfreut, empfing noch die heilige Wegzehrung und erwartete nun voll Zuversicht die vom Bischof verheissene, baldige Auflösung.

Nach dem feierlichen Hochamte, um die zehnte Stunde Vormittags kamen die Mönche wieder zum heiligen Bischof. Er konnte nicht mehr reden; aber sein Herz sang unaufhörlich das Lob des Herrn. Vier Schüler standen zunächst um sein Bett und sangen gar lieblich die Psalmen. Als sie am Schlusse des Benediktus die Worte gesungen hatten: "Um diejenigen zu erleuchten, die in der Finsternis und im Todesschatten sitzen"; antwortete er noch mit vernehmlicher Stimme: "Um unsere Füße zu leiten auf dem Wege des Friedens". Und als nach dem gloria patri von der Geistlichkeit die Antiphon angestimmt wurde: "Ich steige auf zu meinem Vater und zu eurem Vater", wurde seine heilige Seele von dem sterblichen Leibe gelöst; und in derselben Stunde starb auch der Jüngling Buno in dem Hause seiner Mutter, nächst an der Kirche des heiligen Michael, nachdem er zuvor noch den Tod des heiligen erfahren hatte. Dies geschah am 4. Mai 1038.

Die Begräbnisfeier hielt der Bischof Bruno von Minden. Die Trauer um den innigst verehrten Oberhirten war allgemein. Bei seinem Grabe geschahen viele Wunder, auf deren Grund seine Nachfolger Berthold und Bernard dessen Heiligsprechung betrieben, die auch im Jahre 1129 vom Papst Innozenz II. erfolgte. Sein Fest wird am 5. Mai gefeiert.

(Ex Bolland. et Mabill.)

    Quelle:
  • BAVARIA SANCTA - Leben der Heiligen und Seligen des Bayerlandes
    zur Belehrung und Erbauung für das christliche Volk - Bearbeitet von Dr. Modestus Jocham, Professor der Theologie und erzbischöflicher geistlicher Rat - Mit Gutheißung des hochwürdigsten Erzbischöflichen Ordinariats München - Freising, (1861)
  • Johannes Molitor für das korrekte Datum der Heiligsprechung

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Leben der Väter und Märtyrer
ursprünglich in englischer Sprache verfaßt von Alban Butler

für Deutschland bearbeitet von Dr. Räß und Dr Weis

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