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Leben der Väter und Märtyrer
ursprünglich in englischer Sprache verfaßt von Alban Butler

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Der selige Berthold, Abt zu Garst
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Der selige Berthold, Abt zu Garst -

  • Festtag, Gedenktag ist der 27. Juli
  • * in
  • am 27. Juli 1142

Im Jahre 1082 gründete der Markgraf Ottokar von Steiermark das Kloster Garst an der Ens. Anfangs waren in der neuen Stiftung Weltgeistliche unter einem Vorstande. Der erste dieser Vorstände hieß Eberhard. nach dessen Tod gingen einst die Geistlichen mit einander an den Fluß hin, um sich zu baden, und die meisten derselben ertranken in dem angeschwollenen Wasser. Dadurch war Ottokars Stiftung gänzlich vereitelt. Dies ging ihm sehr zu Herzen, denn er war ein gar frommer, friedensliebender Fürst, wünschte das Heil seiner Untergebenen aus allen Kräften zu fördern, und hielt fest an dem rechtmäßigen Oberhaupte der Kirche, Paschalis II. Als der fromme und heilige Erzbischof Konrad von Salzburg wegen seiner Treue gegen die Kirche sich flüchten mußte, nahm ihn Ottokar gar liebevoll auf, hielt ihn sehr in Ehren, und erklärte dadurch vor aller Welt, daß er das heillose Unternehmen Heinrichs V. höchlich mißbilligte, was damals keiner von den Großen zu erklären den Mut hatte.

In der Kirche zu Garst war die fromme Gattin des Markgrafen begraben. Ottokar ließ für ihre Seele alljährlich Seelengottesdienste halten, und lud eine Menge von Geistlichen dazu ein. Bei einem solchen Anlasse eröffnete der edle Markgraf einst den versammelten Geistlichen seinen Plan, an diesen heiligen Ort, den er dem Dienste Gottes und seiner heiligen Mutter gewidmet hatte, Ordenspriester zu berufen, die in Zukunft den Gottesdienst besorgen und dem Heile der Gläubigen dienen würden.

Darauf begab sich der Markgraf in das Kloster Göttweih. Dieses Kloster war im Jahre 1083 durch den Bischof Altmann von Passau unter dem Schutze des Markgrafen Leopold des Schönen von Oesterreich als ein Chorherrenstift gegründet worden. Leopold war aber der Vater von Ottokars Gemahlin Elisabeth. Bischof Ulrich von Passau hatte dieses Stift in ein Benediktinerkloster umgewandelt und Mönche aus dem berühmten Kloster St. Blasien dahin berufen. Dies Kloster stand eben in seiner schönsten Blüte. Ottokar erbat sich den Prior des Klosters Göttweih, den frommen Wirnto, als Abt aus, und führte denselben nebst mehreren Ordenspriester nach Garst. Der ehrwürdige Bischof Ulrich billigte diese Wahl, und weihte den Wirnto als ersten Abt des neugegründeten Klosters. Von den noch übrigen Geistlichen zu Garst begaben sich einige anderswohin, andere aber mußten bleiben und auf Befehl des Markgrafen den Ordenshabit anziehen. Einer derselben, Namens Eberhard, der sich gegen diese gewalttätige Zumutung am meisten gewehrt hatte, wurde in der Folge der eifrigste Mitarbeiter des Abtes bei Einführung der Klösterlichen Ordnung und bewahrte bis zu dessen Tode sein größtes Vertrauen.

Durch Unterlassung einer größeren Anzahl von Brüdern an den Markgrafen war das Kloster Göttweih zum Teil verödet worden. Man nahm wieder eine Zuflucht zu St. Blasien, und erbat sich nebst andern den vortrefflichen Berthold, der damals Bibliothekar und Leiter des Chorgesanges im Kloster war. Dieser wurde nun an der Stelle des nach Garst abgesendeten Wirnto Prior der Genossenschaft. Als bald darauf Wirnto nach dem Willen des Bischofs Ulrich die Abtwürde des Klosters Fornbach übernehmen mußte, kam Berthold wieder nach Garst und wurde an Wirnto's Stelle Abt zu Garst.

Dieser ehrwürdige Abt Berthold stammt höchst wahrscheinlich aus Oberschwaben, und zwar, wie aus seinem Wappen zu schließen, von einem hochadeligen Geschlechte. Die Leitung des Klosters Garst übernahm er im Jahre 1111 und führte sie einunddreißig Jahre lang, bis zum Jahre 1142. Berthold führte strenge Zucht und Ordnung ein, wie er es in St. Blasien war gewöhnt worden. Dessen ungeachtet vermehrte sich von Jahr zu Jahr die Zahl derjenigen, die um Aufnahme ins Kloster baten. Und so groß auch die Zahl der treuen Diener Gottes wurde, so hatten sie doch nie einen Mangel. Ausser den Verwaltern der Oekonomie sah man nie einen der Brüder ausser dem Kloster. Berthold war von Allen als gemeinsamer Vater kindlich geliebt; und wer die väterliche Liebe je mißbrauchte, der erfuhr bald den ernst und die Zurechtweisung des Vorstandes. Seinem Scharfblicke entging auch das Geringste nicht, das wider die Ordnung geschah, und immer ahndete er sogleich was strafbar war, damit es um so leichter abgestellt werden konnte.

Um die Ruhe des Klosters in keiner Weise stören zu lassen, erbaute er die Herberge für die Fremden und Gäste abgesondert vom Kloster. An Gästen aber fehlte es nie. Unzählige kamen, um bei dem erleuchteten Abte sich Rat und Trost zu erholen. Und Alle wurden nicht bloß liebreich aufgenommen, sondern auch gastfreundlich bewirtet. der Abt aß immer nur von einer Speise und Brot. Wurden ihm bessere Speisen vorgesetzt, so verteilte er sie unter die Brüder, oder er ließ sie den Aussätzigen und den Kranken zusenden. Nie gestatte er, daß man für ihn ein besonderes feines Brot backen durfte. Er wollte vor dem letzten Bruder keinen Vorzug haben. Alle sollten die notwendige Sättigung haben, das war sein Wille, und wo der Vorrat nicht auszureichen schien, da geschah öfters wunderbare Vermehrung, wie man es insbesondere an Fischen und am Weine öfters erfahren hat.

So saß er einst zu Pechlarn in Unterösterreich mit mehreren Gästen bei Tische. Es waren nur wenige Fische zubereitet, und Jedermann glaubte, sie reichten lange nicht für die Hälfte der Gäste hin. Der fromme Abt teilte an die Gäste aus. Jeder erhielt ein größeres Stück, und dennoch blieb immer derselbe Vorrat in der Schüssel. Alle sättigten sich und staunten über diese wunderbare Vermehrung der Fische. Der Abt selber aß nichts davon. Immer genoß er nur von der ganz gemeinen Kost, wie sie auch für die Diener und Knechte des Klosters zubereitet wurde.

Seine Sehnsucht nach der himmlischen Heimat war so groß, daß er sich selten eine Ruhe gönnte. Immer war er mit geistigen Betrachtungen und mit Lesung beschäftigt. Immer bereitete er sich durch Gebet auf die Heilung der vielen vom Satan geplagten Menschen vor, die täglich zu seinem Kloster gebracht wurden. Nie zog er sein Ordensgewand aus. Die kurze Zeit seiner nächtlichen Ruhe brachte er auf seinem Lager zu. Man konnte nicht sagen, daß er sitze, noch auch daß er liege. Wo nämlich der Schlaf ihn überwältigte, da gab er in derselben Stellung, in der er eben war, sich dem Schlafe hin. Außerdem brachte er viele Zeit im Beichtstuhle zu, um die reumütigen Sünder auf den Weg der Buße zu leiten.

Im Winter blieb er nie in einem geheizten Zimmer, und wenn er manchmal mit Andern an den Feuerherd sich setzte, so stellte er zwischen sich und das Feuer immer einen Schirm, so daß er von der Wärme des Feuers nichts empfand. Dies tat er aber nur aus Abtötung. Bei seinem strengen Fasten wurde er durch die Kälte oft so abgemagert, daß man nur mehr Haut und Bein an ihm sehen konnte. Hatte er bei Tisch ein wenig gegessen, so befiel ihn der Schlaf. Wenn dann der Prior mit den Füßen ein wenig Geräusch machte, fuhr er auf, nahm seinen Löffel zur Hand und tat, als wenn er unausgesetzt gegessen hätte.

Als der gottselige Berthold nach Garst kam, standen die finanziellen Verhältnisse des Klosters sehr schlecht. Aus Liebe zu dem ehrwürdigen Abte vermachten Große und Kleine dem armen Kloster so viel Güter, daß es in kurzer Zeit sehr wohlhabend wurde. Schon Anfangs hatte der Abt es als Klostergesetz ausgesprochen: "Jedem, der um etwas bittet, muß willfahren werden, wenn das Kloster es hat und geben kann." Diese Regel wurde nun heilig gehalten, und jede Verletzung derselben vom Abte mit aller Strenge bestraft.

Einst kam ein armer Mann zum Kloster und bat der Abt um drei Zehner. Der Abt trug nie Geld bei sich. Er hatte zwar einen Geldbeutel, aber in demselben waren nur einige Gedenkpfennige an einzelne Verstorbene. Er befahl als dem Schaffner, daß er dem armen Manne drei Zehner gebe. Dieser erklärte, es sei jetzt kein Geld vorrätig, er könne nichts geben. Der Abt befahl es ihm nochmal, und vernahm dieselbe Weigerung wieder. Dann sprach er: das will ich nicht hören, daß meine Kasse ohne Geld sei. Gebt mir die Schlüssel! Er befahl nun den Brüdern nachzusehen, ob es sich wirklich so verhalte. Diese fanden einen ehernen Topf voll Zehner, den der Schaffner verborgen hatte. Augenblicklich befahl der Abt, all dies Geld sammt dem Topfe in die Ens zu werfen, wo sie am tiefsten war. Die Brüder machten Gegenvorstellungen und meinten, man sollte doch so viel von dem Gelde behalten als notwendig wäre, um den täglich ankommenden Armen zu helfen. Allein der Abt blieb bei seinem Beschlusse und sprach: "Werft es in die Ens, denn es ist Lügengeld und könnte Niemanden einen Nutzen bringen." Dann setzte er den geizigen Schaffner ab und übergab sein Amt einem Andern.

Ein andermal kam ein Bettler und bat um Almosen. Der Abt befahl dem Bruder Bäcker, er solle dem Armen Brot geben. Dieser sagte, es sei keines vorhanden. Nun sendete der Abt den Mönch Erchanger in die Pfisterei, daß er nachsehe, ob es wirklich so sei. Dieser fand darin dreißig Brote. Jetzt rief der Abt sämtliche Brüder zusammen, bestrafte in ihrer Gegenwart den ungehorsamen und lügenhaften Bruder durch Stockschläge mit eigener Hand, und befahl, die verheimlichten Brote in den Fluß zu werfen.

Das Kloster hatte auch in der Entfernung einzelne Hospizien, in denen sich Laienbrüder unter der Leitung von je zwei Ordenspriestern aufhielten. Diesen Hospizien wendete der Abt die größte Aufmerksamkeit zu. Alle Geschenk und Gaben, die ihm fromme Büßer brachten und zu seinen Füßen oder auf dem Altar nieder legten, sendete er an diese Hospizien, ohne sie auch nur anzurühren. Solche Büßer kamen aber tagtäglich. Auch diejenigen, welche eine größere Wallfahrt unternahmen, begaben sich jedesmal zuerst in das Kloster, um sich dem frommen Gebete des Abtes zu empfehlen und seinen Segen auf ihre Wanderung mitzunehmen. Was er immer zu tun haben mochte, jedes Mal verließ er augenblicklich sein Geschäfte, wenn ihm gemeldet wurde, daß Beichtkinder seiner harreten. Oft verschob er um ihretwillen die heilige Messe weit über die gewöhnliche Zeit, denn er hatte Mitleid mit den armen Menschen, die nicht selten mehrere Stunden weit hergekommen waren, um Vergebung und Trost zu erlangen.

Die Beichtkinder forschte er nicht bloß über ihre Sünden aus, sondern er wollte sich auch überzeugen, ob sie in den Glaubenswahrheiten gehörig unterrichtet waren. Fehlte es in dieser Erziehung, so entließ er das Beichtkind nie, ehe er ihm die notwendigen Kenntnisse beigebracht hatte. Jedesmal ließ er solche Unwissende das Vater unser beten, und wenn sie dabei stockten, so gab er nicht nach, bis sie es vollständig beten und ihm auf seine Fragen richtig antworten konnten.

Auch wenn Arme zu ihm kamen um Almosen zu erhalten, unterrichtete er sie in den Glaubenswahrheiten, und nie entließ er einen Bettler, ehe derselbe das Vater unser ausdrücklich und verständlich beten konnte. So verband er geistliches Almosen mit dem leiblichen. Bei solchen Belehrungen offenbarte er eine bewunderungswürdige Milde und Sanftmut.

Der gütige Gott hatte seinem treuen Diener die Gabe verliehen, das Innere der Menschen zu durchschauen, so daß man ihn nicht leicht täuschen konnte. Dieses erfuhr der Prior des Klosters Kremsmünster, der verkleidet zu dem frommen Abte kam und ihm die Beicht ablegte. Als derselbe seine Beicht vollendet hatte und schon fortgehen wollte, ganz erfreut darüber, daß er nicht erkannt worden sei, rief ihm der Abt nach: "Herr Prior, laßt Euch die Zucht und Ordnung in Eurem Kloster recht sehr angelegen sein!" Der Prior war erstaunt darüber, daß ihn der Abt kannte, denn er hatte ihn früher nie gesehen, und auch diesmal sich in keiner Weise selbst verraten.

In gleicher Weise durchschaute er seinen Neffen, der auch Berthold hieß und in das Kloster eingetreten war. Derselbe war ein sehr unruhiger Kopf und tat sich auf seine Verwandtschaft mit dem Abte viel zu gut. Er hielt sich nicht strenge an die Regel und machte dem Abte viel Verdruß. Unzählige Male wies ihn der Abt bald mit Liebe, bald in heiligem Ernste zurecht; allein Alles schien vergeblich zu sein, denn der Mann konnte, wenigstens im Kloster seines Oheims, sich nicht bessern. Voll innigsten Mitleidens entließ ihn der fromme Oheim und sendete ihn nach Göttweih, wo dieselbe strenge Zucht herrschte wie in Garst, und wo er unter dem Vorwande der Verwandtschaft sich nichts herausnehmen konnte. Beim Abschiede sprach er noch zum Neffen: "Gehe nun, mein Bruder! Du hast mir viel Unruhe und Plage verursacht. Auch Du wirst Unruhe haben und nie ohne Widerwärtigkeiten sein." Die Voraussagung ging in Erfüllung. Dieser Berthold lebte noch lange und war immer im größten Elende. In Göttweih wurde er entlassen, dann irrte er armselig in der Welt umher, ohne je wieder in ein Kloster einzutreten und endlich starb er im Elende.

Eines Tages sagte der fromme Abt voraus, es werde nächstens ein Mensch kommen, den sie aufnehmen und dadurch von dem Tode retten müßten. als die Brüder ihm fragten, wer denn dieser Mensch wäre, antwortete er ihnen nur: es ist ein des Erbarmens würdiger Mensch in seiner äußeren Not, dessen man sich aus Liebe annehmen muß. Am anderen Tage kam ein Soldat auf seiner Flucht zum Kloster hergelaufen. Er hatte durch Raubanfälle und Grausamkeit aller Art sein Leben verwirkt, war von Häschern verfolgt, und das Todesurteil war schon über ihn ausgesprochen. Sein Name war Leo. In seiner Todesangst warf er sich den Brüdern zu Füßen und bat, daß man ihn aufnehmen und mit dem Ordenshabit bekleiden wolle, sonst sei er ein Kind des Todes. Man ging zum Abte und fragte, was zu tun sei. Dieser befahl, ihm sogleich das Haupt zu scheeren und ihn als Mönch zu kleiden, denn das Kloster sei ein geheiligtes Asyl für jeden reumütigen Sünder. Dies geschah. Leo bekehrte sich von ganzem Herzen zu Gott, dankte unabläßig für die ihm zu Teil gewordene Rettung und war Allen ein Beweis für die göttliche Wahrheit, "daß des Menschen Sohn gekommen, zu suchen und selig zu machen, was verloren war." Als die Häscher ins Kloster kamen und seine Auslieferung verlangten, beriefen sich die Brüder auf das Asylrecht, und verwahrten ihren lieben Mitbruder vor jeder Gefahr.

Ein Anderer, Namens Embicho, hatte früher Kriegsdienste geleistet, und dann zur Zeit des Friedens sich auf das Raubhandwerk verlegt. Einst wurde er bei einem Raubanfall, den er mit mehreren Spießgesellen auf vorüberziehende Kaufleute gemacht hatte, schwer verwundet und halbtot ins Kloster gebracht. Hier erlangte er unter der liebreichen Pflege der Brüder durch Gottes Barmherzigkeit die Gesundheit wieder. Mit der leiblichen Heilung begann auch die Heilung seiner Seele. Es erwachte in ihm ein Verlangen, nach dem Vorbilde dieser Brüder dem Herrn zu dienen. Den mächtigsten Eindruck machte auf ihn die väterliche Liebe des frommen Abtes, der ihn in seinem Elende immer besuchte und ihm zu Herzen redete. Sobald er wieder aufstehen konnte, eilte er zu dem heiligen Manne Gottes, warf sich ihm zu Füßen und bat ihn um Aufnahme unter seine lieben Kinder. Er wolle von ganzem Herzen seinem Gott dienen, so lange ihm das Leben noch geschenkt sei. Die Brüder hörten von diesem Bittgesuche des Räubers. Alle waren dagegen, denn sie fürchteten, es könnten noch Vergütungen vom Kloster gefordert werden, weil Embicho durch seine Raubanfälle viel Ungerechtigkeit verübt hatte. Allein der Abt ließ sich nicht irre machen. Sein Grundsatz war, keinen Abzuweisen, der redlichen Sinnes im Ernste um Aufnahme bat. Er beruhigte die widersprechenden Brüder durch freundliche Worte, so daß Alle in die Aufnahme des Unglücklichen einwilligten.

An diesem Räuber offenbarte sich die unendliche Erbarmung des Herrn, die nicht den Tod des Sünders, sondern seine Bekehrung und sein Leben will, in außerordentlicher Weise. Embicho erwies sich der gnadenvollen Berufung des Herrn getreu und machte ausgezeichnete Fortschritte in der Heiligung. Mit größter Freude hätte er die Mühe der Studien auf sich genommen und mit den Knaben die Anfangsgründe der Wissenschaften gelernt, um dann als Mönch an der Rettung der Seelen zu arbeiten, allein es fehlten ihm dazu die notwendigen Talente. Dafür aber hatte er den inneren Lehrmeister, den heiligen Geist, der ihn in seiner Demut leitete und ihn himmlische Weisheit lehrte. Der erleuchtete Abt vertraute ihm die Besorgung der Kranken an. Diese übernahm er mit innigster Freude, und mit einer Liebe und Aufopferung, der nichts zu schwer wird, verpflegte er die Kranken, als pflegte er Christum seinen Heiland. Wo er immer ihnen eine Erleichterung verschaffen konnte, tat er es mit einer Freundlichkeit, die Alle bewunderten. Er trug das Holz selbst auf seinen Schultern aus dem Walde, um das Krankenzimmer gehörig wärmen zu können. Während dieses Hin- und Hergehens betete er unabläßig. Hat er den Kranken die Speisen gebracht, so betete er, während er vor ihnen stand und die Speisen zerschnitt, das Vater unser. Nie verkostete er etwas von dem, was er den Kranken zu bringe hatte. Was übrig blieb, das brachte er den Schulknaben des Klosters, die daselbst in den Wissenschaften unterrichtet wurden. Da fragte er sie jedesmal, ob sie mit ihm nicht einen Psalm singen möchten. Waren sie dazu bereit, so sang er mit voller Stimme und von ganzem Herzen mit; dann zerlegte er ihnen die Speisen und betete während dessen das Vater unser.

Weil man in jener Gegend Mangel an Oel hatte, so war es dem ganzen Convente erlaubt, die Speisen mit Fleischfett zu würzen. Um nicht als Sonderling zu erscheinen, verkostete auch Embicho von solchen Speisen, allein er begnügte sich immer mit ganz einfacher, ungewürzter Kost.

So diente dieser fromme Bruder zwei Jahre lang in aller Demut und im Geiste der Buße dem Herrn in den Kranken. Der Herr aber wollte seine Barmherzigkeit an dem aufrichtigen Büßer noch ganz besonders verherrlichen und sendete ihm eine Krankheit. Während derselben ließ sich Embicho nicht bewegen, im Bette niederzuliegen. Aus Abtötung, um es sich nicht zu bequem zu machen, saß er fortwährend auf seiner Lagerstätte. Tag und Nacht unterredete er sich ohne Aufhören mit Gott, mit glühender Andacht fortwährend betend. Als die Krankheit bedenklicher wurde, bat er, daß man den ehrwürdigen Abt zu ihm rufe. der Abt kam mit mehreren Brüdern. Da richtete sich der Kranke auf und sprach mit innigster Rührung zu seinem geistlichen Vater: "Der Herr vergelte Euch, mein Herr und Vater, all das Gute, das Eure väterliche Liebe bis auf diese Stunde mir erwiesen hat. Jetzt trägt das gute Werk, das ihr an mit begonnen habt, seine Früchte. Jetzt muß ich noch die letzte Wegzehrung empfangen, um die ich demütig bitte, dann werde ich dahin wandern, wohin ´ich nach dem Willen des Herrn gehen soll." Der gütige Abt tröstete ihn gar liebreich und ermunterte ihn, von der Erbarmung des Herrn noch eine längere Lebensdauer zu hoffen. Übrigens werde er immer ihm beistehen, wann die letzte Stunde kommen sollte. "Jetzt ists die Zeit, entgegnete Embicho, in der das Notwendigste geschehen muß, denn ich weiß gewiß, daß ich bald von hinnen scheiden werde." Darauf nannte er noch einige Mönche, die ihm bald auf demselben Wege folgen würden, und sprach zum Abte: "Ermahnet sie doch, ich bitte, daß sie sich vorbereiten mögen, denn sie werden mir bald nachfolgen." Als ihm der Abt dies ausreden wollte, erklärte er mit heiligem Ernste: "Ich weiß recht gut, was ich rede. Sieben Mönche werden ohne Verzug sterben. Vier werden Eurem Tode vorangehen und drei werden Euch folgen." Und so geschah es wirklich. Alles starben bald nach Embicho, und zwar genau in der Reihenfolge, wie er sie angegeben hatte. dem Abte aber sagte er noch: "Für Euch ist ein herrlicher, prachtvoll gezierter Thron bereitet." Nachdem er dieses gesprochen hatte, empfing er noch die heilige Wegzehrung und die letzte Oelung. Dann verschied er selig im Herrn aus diesem Orte der Verbannung.

Einen Andern, Namens Siboto, hatte der fromme Abt von Kindheit auf im Kloster erzogen. Derselbe war wohlgesittet und von ganzen Herzen fromm. Als er schon die Jahre männlicher Reise erreicht hatte, war er unschlüßig, ob er nicht das Schwert ergreifen und sich dem Kriegsdienste widmen sollte. Der fromme Abt riet ihm davon ab. Auf dessen Mahnung hin verließ Siboto die Welt, trat als Mönch ins Kloster ein und fühlte sich darin ganz glückselig. Allein bald begann er zu kränkeln. Er fühlte gewaltige Beängstigungen und das Herannahen seines Endes. Nun ließ er seinen geliebten Abt zu sich kommen, besprach sich mit ihm über die Angelegenheiten seiner Seele und bat ihn um die letzte Wegzehrung. Der Abt erfüllte alle Wünsche seines geliebten Sohnes und bereitete ihn zum Sterben vor. Da sprach dann der Kranke, von der Teilnahme und Liebe seines Vaters in Christo innigst gerührt, zum Abte: O wie glücklich sind diejenigen, die Dir, ehrwürdiger Vater, gehorchen, die auf den Wegen wandeln, Deinen Willen lieben und Deine Gebote nicht vernachläßigen! Glücklich sind sie, denn sie werden ganz gewiß die Freuden der ewigen Glückseligkeit genießen. O wie herrlich ist Dein Thron, welch eine Pracht und Glorie umgibt ihn und erwartet Dich dort!" Der demütige Abt unterbrach ihn scheltend und sagte: "Schweige doch, Bruder, Du weißt ja nicht was Du redest." Siboto antwortete darauf: "Ich will schweigen, aber ich weiß doch, was ich rede und ich sage die Wahrheit: Über Alles schön ist Dein Thron." Nach diesen Worten gab der Frühvollendete, dem der Herr noch in diesem Leben einen Blick in die ewige Herrlichkeit gegönnt hatte, seinen Geist auf.

Wo die Kraft der heiligen Liebe und väterlichen Fürsorge auf dem gewöhnlichen Wege nicht ausreichte, da wirkte der Herr durch seinen treuen Diener auf wundersame Weise, was zum Heil und Frieden des Klosters und der Gläubigen diente.

So trieb er den Fluß, der durch Überschwemmung das Kloster zu verderben und die ganze Umgegend zu verwüsten drohte, durch sein Gebet in sein Ufer zurück. So vermehrte er den Vorrat von Fischen, wo die Menge der ankommenden Gäste gesättigt werden sollte. Unzählige Kranke und vom bösen Geiste Gepeinigte heilte er durch sein Gebet, oder einfach durch das Zeichen des heiligen Kreuzes, womit er sie bezeichnete. Oft wurden durch seine bloße Gegenwart Wunder gewirkt, über die er dann selber staunte. Da ward er denn tief innerlich ergriffen, und rief unter Tränen auf zum Herrn: "Was tust Du doch, o mein Heiland! Ich bin ja nur ein Sünder und bin es nicht wert, daß Du um meinetwillen Wunder wirkest." Immer befahl er, daß man über solche Wunder schweige. Viele derselben wurden erst nach seinem Tode bekannt und der gleichzeitige Beschreiber seines Lebens sagt: "Es leben noch Viele, welche die Wunder des Heiligen bezeugen können."

Nicht lange vor seinem Tode war der Abt Gottfried von Admont gefährlich erkrankt. Er ließ nun den Abt von Garst bitten, daß er für seine Seele nach ihrem baldigen Hinscheiden die Gottesdienste halten und sie dem Herrn empfehlen wolle. Berthold tröstete die weinenden Boten von Admont und sprach zu ihnen: "Kehret zurück im Frieden. Mit euerm Herrn geht es schon besser und er wird bald vollkommen genesen. Ich lasse ihn bitten, daß er zu mir kommen und mir denselben Liebesdienst erweisen möge, wann meine Seele, was bald geschehen wird, dahin geschieden ist." Der Abt von Admont erholte sich darauf vollkommen und konnte die Bitte des gottseligen Berthold wirklich erfüllen.

Vor seinem Hinscheiden ließ der ehrwürdige Abt alle seine Brüder vor sich versammeln. Da hörte er noch die Beicht eines jeden einzelnen und gab ihnen die entsprechende Buße. Dann bat er alle insgesammt, sie möchten ihm doch um der Liebe Christi willen verzeihen, wenn er je einen irgendwie beleidigt habe. Alle weinten und schluchzten, denn der nahe Verlust eines so lieben Vaters ging ihnen tief zu Herzen. Dieser aber tröstet sie liebreich und sprach: "Die Zeit, von hinnen zu scheiden, ist gekommen, sie läßt sich nicht mehr aufschieben. Schon lange habe ich mich nach dieser Stunde gesehnt, mit Verlangen ihrer geharrt. Das soll euch nicht betrüben. Bedenket wohl, daß ich euch nie verlassen, daß ich ewiglich in Treue und Liebe um diesen Ort mich annehmen werde. Dem Leibe nach müssen wir uns trennen; im Geiste werd' ich immer bei euch sein. Ich sage euch noch: Dieser Ort wird nie von Widerwärtigkeiten verschont bleiben. Es wird dem Anschein nach abwärts gehen, und die Zahl der Brüder wird geringer werden; aber durch die Erbarmung des Herrn wird das Kloster wieder sich erheben und neue Würde erlangen.."

Darauf baten ihn die Brüder, er möchte ihnen noch einen Rat geben, welchen aus ihnen sie zu seinem Nachfolger erwählen sollten. Zugleich versprachen sie, seinem Rate zu folgen. Der ehrwürdige Abt bezeichnete ihnen den frommen und treuen Eberhard als denjenigen, den sie wählen möchten, und sprach: Folget ihr in eurer Wahl meinem Rate, so werdet ihr sehen, daß sie wohlgetan, und ihr werdet euch freuen. Folget ihr nicht, so wird bald offenbar werden, daß ihr übel getan. Wählt ihr diesen Eberhard, so wird die Ehre des Herrn an diesem Orte bleiben, und eure Stellung wird, so lange er am Leben bleibt, nicht wanken. Er hat zwar einen geringen Fehler, indem er nicht wohlberedt ist, allein die göttliche Vorsehung wird in ihrer Freigebigkeit dies reichlich ersetzen, und da er sonst vor Gott bewährt erfunden worden ist, so wird der Mangel an Beredsamkeit wenig schaden."

Während der Abt so redete, kniete Eberhard zu den Füßen desselben. Unbekümmert um Alles, was in Betreff des Nachfolgers gesprochen wurde, hielt er die kalten Füße des geliebten Vaters in seinen Händen und an seiner Brust, um sie zu erwärmen. Nachdem die Übrigen sich entfernt hatten, sprach Eberhard zum Abte: "Was habt ihr doch getan, ehrwürdiger Vater, indem ihr mich ihnen angeraten? Wie konntet ihr dies tun? Ist dies der Dank für die vielen Mühseligkeiten und treuen Dienste, deren ich mich gegen euch beflissen? Habe ich das verdient? Ihr begebet euch zur Ruhe, und mich wollt Ihr in ein ganzes Meer von Mühseligkeiten versenken. Ihr geht hin zu Christus und mir wollt Ihr eine Last auflegen, unter der selbst diejenigen gebeugt werden, die im Stande sind, den ganzen Erdkreis zu tragen. Ich hoffe für meine treue Liebe und gänzliche Hingabe einen besseren Lohn." Unter solchen Reden und Vorwürfen hat der demütige Eberhard den geliebten Vater, er möchte doch erwirken, daß er von diesem bittern Kelche verschont würde.

Indessen blieb der treue Sohn fortwährend bei seinem geliebten Vater in Christo und pflegte ihn mit kindlicher Liebe. Der Kranke hatte mehrere Tage fast nichts mehr genossen. Eberhard goß ihm einst einen erfrischenden Saft in den Mund, um ihm eine Erleichterung zu verschaffen. Darauf sprach der todkranke Abt: "Ach, daß du dies getan! Noch bis zur Kettenfeier des heiligen Petrus hätte mein Büßerleben dahier gedauert. Jetzt kann ich diese Zeit nicht mehr ausfüllen, sondern werde auf die Liebeserquickung hin bald aufgelöst werden." Und wirklich erschien die Stunde der Auflösung sehr bald. In der Nacht vor dem Feste des heiligen Pantaleon, kurz vor dem nächtlichen Chorgesang, wurde die Genossenschaft zusammengerufen. der ehrwürdige Abt stimmte in der Versammlung seiner lieben Brüder die Litanei an, und sang mit bis zu seinem seligen Hinscheiden. Er wollte noch seine Hand erheben, vermochte es aber nicht mehr. Im Frieden ward sein Geist entrückt in die Hände seines Herrn, den 27. Juli 1142.

Nach dem Tode des treuen Dieners Gottes sendete man nach Admont, und bat den Abt Gottfried, daß er nach dem Willen des Seligen die Begräbnis und den Seelengottesdienst desselben feiern wolle. Der Abt erschien. Als man den Leichnam des Seligen zum Grabe trug, schwebte der Sarg über der Tragbare in der Höhe, so daß die Träger nur die Last der Tragbahre fühlten. Während man mit der Leiche zum Grabe ging, kam ein Mann daher, der vom heftigsten Zahnweh geplagt war. Er rieb sich mit dem Bahrtuche das Kinn und ward augenblicklich von seinen Schmerzen befreit. Das Klagens und des Weinens bei seinem Grabe war fast kein Ende, denn Alle bejammerten den Verlust eines Heiligen. Dieser aber blieb, seinem Versprechen getreu, ein mächtiger Beschützer seiner geliebten Kinder und Brüder. Als solchen erwies er sich ganz besonders gegen seinen vertrautesten Mitbruder Eberhard. Die Brüder hatten denselben nicht zum Abte gewählt. Dies war dem Eberhard ein großer Trost. Er hatte nur mehr das eine Verlangen, seinem Vater und Lehrer bald nachfolgen zu dürfen. Um dieß Eine flehte er unabläßig am Grabe des Seligen. Eines Tages erschien ihm der Selige und befahl ihm, sich bereit zu halten, denn seine Erlösung sei nahe. Nach dieser Vision fing Eberhard zu kränkeln an. Er legte sich auf das Lager des seligen Abtes und erwartete sein Ende. Eines Tages sah er im Geiste den Heiligen in der Klosterkirche am Altare des heiligen Petrus das heilige Meßopfer darbringen. Augenblicklich erhob er sich von seinem Lager und eilte zur Kirche. Bei der Klosterpforte von den Umstehenden gefragt, wo er hineile, sagte er: Wißt ihr denn nicht, daß der heilige Abt eben jetzt das heilige Meßopfer darbringt? Ich eile hin, um ihm bei der Messe zu dienen. Darauf wurde er wieder in seine Zelle gebracht, und in kurzer Zeit ward er vereinigt mit seinem lieben Vater und Freund in der Anschauung Gottes durch einen seligen Tod.

Am Grabe des seligen Berthold geschahen vom ersten Tage an eine Menge Wunder an Kranken und vom bösen Geiste Geplagten. Ein Augenzeuge und Zeitgenosse des Seligen hat dieselben getreulich aufgeschrieben. Die Verehrung des treuen Dieners Gottes ward bald eine allgemeine im ganzen Bayernlande, zu dem man damals noch das Kloster Garst rechnete. Diese Verehrung werden wir am besten dadurch an den Tag legen, daß wir dem frommen Beispiele dieses unseres edlen Landsmannes nachzufolgen uns Mühe geben.

(Butler. Rader.)

Quelle:

  • BAVARIA SANCTA - Leben der Heiligen und Seligen des Bayerlandes
    zur Belehrung und Erbauung für das christliche Volk - Bearbeitet von Dr. Modestus Jocham, Professor der Theologie und erzbischöflicher geistlicher Rat - Mit Gutheißung des hochwürdigsten Erzbischöflichen Ordinariats München - Freising, (1861)

BAVARIA SANCTA
Leben der Heiligen und Seligen des Bayerlandes
Bayern unter Amtsherzogen des deutschen Reiches (911-1180)
Band II. - Vierter Abschnitt
(Vorbermerkung, Geschichte)

  1. Benno
  2. Edigna
  3. Diemudis
  4. Egino
  5. Ulrich
  6. Gualfard
  7. Bruno
  8. Otto
  9. Herluka
  10. Berthold
  11. Rupert
  12. Konrad
  13. Wilhelm
  14. Otto
  15. Bertha
  16. Makarius
  17. Berthold
  18. Walto
  19. Stilla
  20. Otto der Große
  21. Mechtildis
  22. Eberhard
  23. Hartmann
  24. Arnold
  25. Gerhoh
  26. Marold
  27. Grimmo
  28. Adalbert



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